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Volltext: Alte und Moderne Kunst VII (1962 / Heft 64 und 65)

aufgesetzt. Die meisten Darstellungen sind auf den 
Münzen im Profil (meist rechts) gegeben, En-face- 
Darstellung ist selten. Man muß sich daher zur 
Kenntnis der ganzen Krone jeweils etwa die zweite 
Hälfte dazudenken. Da in der Profildarstellung nicht 
selten die Schwierigkeit entsteht, ein frontal gut 
sichtbares Emblem, wie etwa Mondsichel oder ein 
Flügelpaar, dem seitlichen Beschauer erkenntlich zu 
machen, werden solche Embleme nicht selten im 
Widerspruch zur dreidimensionalen Form einfach 
um 90 Grad gedreht (vgl. dazu Abb. 8712), was 
gelegentlich zu Streitfragen führte, im allgemeinen 
aber jetzt durch die Erkenntnis dieses Darstellungs- 
prinzips als bewiesen angesehen werden kann. 
Der Großkönig trägt eine komplizierte Frisur, näm- 
lich einen Teil des Haares in einem dem Beschauer 
rund erscheinenden Lockenballen im Nacken (sel- 
tener lang frisierte Bahnen, Abb. 1-3, S) und einen 
globusartig frisierten Haarballen auf dem Vorder- 
haupte. Dieser obere Haupthaarballen war noch 
bei einer frühen Krone des ersten Sasaniden, Arde- 
schir 1. (mit Mauerkrone, Abb. 1) unverhüllt, in 
der letzten Kronenform dieses Herrschers und ab 
da bleibend mit einem dünnen, wohl seidenen Flor 
verhüllt, was am Stolfzug noch gut an deutlichen 
Darstellungen kenntlich ist (Abb. 2-10). Dieser 
Flor ist oHenbar mit Perlen bestickt. Das kommt 
nicht nur in der Konturgestaltung zum Ausdruck, 
sondern auch durch eine oft sichtbare und mehr- 
mals angebrachte Gruppe von je drei Perlen (Abb. 3, 
5, 6, 7, 9, 10). Die Umständlichkeit der Prozedur 
bei der Herstellung dieser Kronenfrisur dürfte sehr 
rasch dazu geführt haben, daß der obere Haarballen 
durch eine Art Perücke gebildet, dadurch aber auch 
zu einem unmittelbaren Kronenbestandteil wurde. 
Die Embleme sind, wie eingangs bereits gesagt, den 
Götterkronen entnommen. Die Zinnenkrone ist jene 
des Gottes Ahura Mazdah, aber auch der Göttin 
Anahit, mit der speziell die ersten Sasaniden eng 
verbunden waren. Wir sehen sie in einer frühen 
Krone Ardeschirs 1., aber auch in den beiden hier 
dargestellten Kronenvarianten Schapurs 1. und 
Schapurs 11. (Abb. 1, 3, 4, 7). Dem Sonnengott 
Mithra ist die Strahlenkrone eigen, die Bahram I. 
trägt (Abb. 5), dem Gott Verthragna (: Bahram, 
der iranische Herakles) das Flügelpaar, wie es 
Bahram 11. (Abb. 6, mit Königin und Prinz) trägt 
und Peroz in seiner letzten Krone (Abb. 9). Sobald 
die Formen dieser Haupt-Götterkronen erschöpft 
sind, setzt Kombination aus Elementen verschie- 
dener Götterkronen ein, zum ersten Mal unter 
Bahram lV., der in der Kronenfrnnt die Zinne und 
an den Seiten die Flügel des Siegesgottes trägt (hier 
nicht dargestellt). Die Mondsichel erscheint zuerst 
in der Krone Yezdegerds l. und ist ab hier in fast 
allen folgenden Kronen zu finden, später sogar 
mehrfach (Abb. 8 i Bahram V., Abb. 9 - Peroz, 
zweimal, Abb. 10 - Zamasp, zweimal, usw.). Die 
unter dem oberen Haarballen liegende Scheitel- 
kappe, einst farbig, gewinnt, als mit zunehmenden 
Variierungsschwierigkeiten die Notwendigkeit ein- 
tritt, als bestimmendes Kronenelement an Bedeutung 
und wird zeitweilig sehr hoch gebaut (Hormizd lV., 
hier nicht dargestellt) oder aber modisch abgeflacht 
(Chusro ll., Abb. 11, 12 und Ardeschir 111., Abb. 13). 
Der obere Haarballen hingegen schrumpft größen- 
mäßig immer mehr zusammen (vgl. etwa die Größen- 
verhältnisse auf den Abb. 147 mit jenen von 
Abb. 8710) und wird unter Chusro I1. durch einen 
Stern ersetzt, der natürlich nicht etwa um der 
Übereinstimmung mit den Symbolkombinationen 
MondsichelfStern am Münzrand wegen in die Krone 
kommt, sondern ein reales Emblem wie die Mond- 
sichel seit Yezdegerd 1. war (vgl. Abb. 11, 12 - 
Chusro 11.), wie die Rückbildung zum kleinen 
Globus unter Ardeschir 111. (Abb. 13) nachweist. 
Damit ist Aufbau und Entwicklung der sasanidischen 
Krone grob skizziert. Ein eingehendes Studium aller 
Kronenformen und ihrer durch das Lokalkolorit 
der Prägestätte und die oft recht verschiedene Qualität 
der Stempelschneider bedingten Varianten ergibt ein 
weit differenziertes Bild, aber im Prinzip läßt sich 
sagen, daß die Kronengestalt aus den Münzen mit er- 
staunlicher Sicherheit ablesbar ist, wenn aus allen 
erhaltenen Zeugnissen die beste Qualität ausgewählt 
und deren wesentliche Züge ermittelt sind. lnferiorer 
Stempelschnitt ist nicht eben selten, aber wirklich 
verdorbene Darstellungen ungeeigneter (iraveure, 
wie sie z. B. Abb. 14 zeigt (Schaput 111. 7 bei klar 
lesbarer Münzinschrift! - die Normalformen, die 
hier nicht dargestellt sind, zeigen eine Folge von 
meist drei Arkaden, mit Zweigen darinnen, aus der 
Anahitkrone) sind Einzelerscheinungen, die leicht 
ausgeklammert werden können und keinerlei Zeug- 
niswert besitzen. 
Mit einem derart gesicherten Datierungsmittel hat 
kaum eine andere Kunst aufzuwarten. Wenn Schwie- 
rigkeiten in der Anwendung des Vergleiches mit 
den Kronenformen der Münzen bestehen, so handelt 
es sich zumeist entweder um inferiore provinzielle 
oder aber - in den meisten Fällen 7 um spätere 
Erzeugnisse aus Zeiten nach dem Sturz des über 
vierhundertjährigen Sasaniclenreiches, dessen Kunst 
nicht nur eine enorme räumliche Breitenwirkung, 
sondern auch eine lange zeitliche Fetnwirkung ent- 
wickelte. Eine Fülle postsasanidischer Erzeugnisse 
der Toreutik, vor allem Schalen, und mittelasiatischer 
Wandmalereien w um nur zwei bedeutende Bei- 
spiele zu nennen - legen dawron beredtes Zeugnis 
ab. Die verschiedenen Formen sasanidischer Kronen 
werden dabei willkürlich, aber oft nicht ungeschickt 
und interessant kombiniert und abgewandelt 4 
Paraphrasen eines in der Kunstgeschichte des alten 
Iran einzigartigen Themas. 
ERGÄNZUNGEN ZUM THEMA: 
l. Die Schreibweise der Namen wurde aus drucktcchnischen Gründen vereinfacht, wo es zuläsiig schien. 
An hauptsächlich" Linerzlur seien erwähnt: 
Erdmann, K.. Die Entwicklung der sasanidischen Krone. Ar: lslzmica 1951. S. 87K. 
Göbl. R" Aufbau der Münzprlgung des Sasanidenslaales, in: Allheim und R. Stich], Ein asiatischer Staat 1., Wiesbaden 1954, S. 51m, Göbl. IL, 
Die Münzen der Szsaniden im königlichen Münzkabixiett, Haag, s Gmvmhage 1962. 
3. Die lkegierungszeiten der in diesem Aufsilz erwähnten sasanidischcn Herrscher sind: 
5-3 
 
Ardeschir I. E47 241 Schzpur III. 383 7388 Pcroz 457159 7 434 
Schapur I. 241 7 272 lhhram IV. 388 7399 Hormizd lV. 579 7 591 
Bahnrn I. H37 276 Yczdegerd I. 3997420 Chusro II. 591 7 628 
Bahrain II. 276 7 293 Uzhnm V. ÄZI- 438 Ardcschir III. 62H 7 630. 
Schapur II. 3107 379 
4. Die abgebildeten Münzen entstammen folgenden Sammlungen: 179, 11. 13 Slg. d. VcrlZ; 10 Münzhandel 1959160; 12 Kunsrhisrurisclm Museum. 
Orientalische Abteilung, Wien; I4 Slg. Azizbeglou, Teheran.
	        
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