AUS DEM KUNSTLEBEN
ALBERT PARIS GÜTERSLOH
anlüßlich der Eröffnung seiner Ausstel-
lung in der Galerie Würthle am 1. Fe-
bruar 1967
Was endlich meine bescheidenen Male-
reien anlangt. die ich nach Art. nur
leider nicht mit dem Können der alten
Mönche auf kleinen Blättern ausführe
- durchaus in der ironischen Absicht,
Wichtiges en bagatelle zu behandeln -,
so haben sie sich im Laufe der Jahre
so viele stille und ausdauernde Freunde
erworben, daß ich diesem nicht ohne
weiteres begreiflichen Ph" omen. der
diskreten Begeisterung nämlich, womit
so manche Sammler mir recht unange-
nehmer Bildwerke diese Pinselhand-
schriften eines Schriftstellers in eine
besondere Mappe legen. ein erklären-
des Wort schulde.
Ich danke dem Schöpfer, daß er mir
neben und nach den: Amte ein schmük-
kendes Handwerk gegeben hat. dessen
Hervorbringungen nicht bedeuten, nur
erfreuen sollen.
Meine Kameraden. die mit größerem
Pinsel und mit einer Weltanschauung,
welche den Kosmos um ihre Palette
kreisen läßt, für die Museen von morgen
arbeiten und sich mit ihren Bildern nur
vorübergehend in Privatbesitz aufhal-
ten, gleichsam inkognito, können bei der
dürftigen Absicht, unmittelbar zu er-
freuen, ein Lächeln über die sorgen-
vollen Lippen der Zeit zu zwingen,
natürlich nicht sich beruhigen. Sie
müssen sehr weit zurück und sehr kühn
nach vorwärtsgreifen. und notwendiger-
weise bei diesem Griffe, der zwei
Zeiten umspannt, gerade die Gegen-
wart ohne Berührung lassen.
Ich sehe unsere Raffaels malen wie
Leute von gestern oder wie Menschen
von " ermorgen. kurz: ich sehe sie
dem Künstler eine Spanne von Unzeit-
NEUES UND INTERESSANTES AUS
DER INTERNATIONALEN KUNST-
WELT
Beim Umbau des Hohen Chores im Braun-
schweiger Dom ist ein Kirchenschutz aus der
Zeit Heinrichs des Löwen gefunden worden.
Im Kopf der mittleren Sdiile des Ddrndiidrs
wurde eine Bleiurne entdeckt. in deren
Deckel eine Stiftungsurkunde eingeritzt ist.
Sie besagt. ddß der Alidr als Stiftung der
Herzogin Mathilde, Gemdniin i-teinriens des
Löwen. im Jahre 1188 der Jungfrau Maria
geweiht wurde.
BBI der diesjahrigen Biennalß VDI! Tdkid wird
Österreich mit Werken von Oswald Ober-
huber, Peter Pangratz und Arnulf Rainer
vertreten sein. Die Auswahl wurde im Auf-
trag des Bundesministeriums fur Unterricht
von Dr. Werner l-ldimdnn getroffen.
ungdrisshe ArCHaOlOgEn ndben bei Aus.
grabungen die Geburtsstatte des dls "Dietrich
Yün Bern" in die Sagenwell eingdddndenen
oslgdtenkdnids Ttiedderieh des Großen
in der Nahe des Pidttensees in Wcsturtgarn
freigelegt. Die treiddiedte Festung ist urige.
fahr 400 Meter iin Quadrat grdß.
Zum zwditenn-idi innerhdlb kürzester Zeit
wurde vom SOWtEttScheh Kultusministerium
eine Ausstellung von Werken Marc Chagalls
ln Moskau verboten.
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gemäßheit gewaltsam zulegen. die aus
seinem angeborenen Format kommen
sollte, nicht aber aus dem Eifer, womit
er die Lehren der Geschichte auf der
Ebene der Attitüden befolgt.
Ich muß einem verehrten Publikum
gleich meinen größten Fehler gestehn:
ich habe Humor. Er nämlich ist es. der
mich hindert, das hoch über den Höu-
sern gelegene Atelier in ein unter-
irdisches Laboratorium zu verwandeln
und dortselbst die Natur -- als gäbe es
sie noch nicht - künstlich herzustellen:
beim Fackelschein bloß des innern Augs.
bei Funkengesprüh aus der Esse des
Unbewußten, und bei Rußschwärze gut
der l-lülfte des Verstandes. Ich begreife,
daß die Malerei es der Literatur gleich
tun will; daß auch die Maler als Maler
- und nicht nur als Menschen - ihre
Probleme haben wollen: daß, was den
Schriftstellern von heute das Dissozi-
ieren des Gegebenen bis zur vorläufig
letzten nicht mehr zu teilenden Einheit.
den Malern von heute das Lösen der
wenigen konstanten Urformen aus den
vielen und wechselnden Erscheinungs-
formen ist. Weil aber der Schriftsteller,
der ich bin. den ganzen wissenschaft-
lich Ernst aufbraucht, bleibt dem Maler.
der ich auch bin. nur übrig. den voll-
kommenen Mangel an jenem, halb
ironisch, halb schuldbewußt, doch mög-
lichst kunstvoll. zu belächeln. Dies wie
das hoffe ich getan zu haben. Und ein
mit mir wahlverwandter Betrachter
wird sowohl den Widerspruch bemer-
ken, der zwischen Gegenstand und Dar-
stellung herrscht. wie die Absicht. den
Widerspruch nicht merken zu lassen.
Was nun die kleinen Formate anlangt,
derer ich mich zum nebensächlichen
Aussprechenvon hauptsächlichen Sachen
bediene - eine nur dem lroniker eigene
Art. Berufsphilosophen zu beschämeri e.
so entsprechen sie genau den geistigen
Räumen. die. schnellsten Falles. ein
Aphorismus, langsamsten, eine Kurz-
geschichte durcheilen. Ich habe natür-
lich auch große Kompositionen gemalt:
Geschehensablüufe. die unter der Zeit-
lupe des Künstlers viel mehr Zeit
brauchen, abzulaufen. als in der Lebens-
wirkltchkeit ihnen zur Verfügung ge-
standen ist oder zur Verfügung stehen
würde. Siehe zum Beispiel das Still-
leben, diese Verkehrsinsel voll höherer
Unordnung inmitten ordentlich zirku-
lierender oder verharrender Dinge!
,.l(iinst GUS der Bundesrepublik Deutschland"
lduidtd der Titel einer repräsentativen Aus-
stellung, die ll'l Prac], ßriinn und Prdnhurg
gezeigt wurde und einen Uberbllck LlbCr die
bildende Kunst unseres Nachbarstaates seil
1947 vermittelte.
lm April zeiqte die cdldi-ie Heide Hildebrand
in Klagenfurt eine Ausstellung iunqer eng-
lischer Künstler. die irn Herbst dieses Jahres
vdn der odierie irn Griechenbeisl HOCH Wien
ubernarnmen werden wird. Man sdn u.d.
Bilder und orddtiiken VOR David Hacknev.
Marc VGuX, Tess Jnray, John Walkßr und
lsridn Fielding.
Eine Elnzelausstellung des Wieners tdset Mikl
fand im Museum Gladbeck. Schloß Witt-
ringen, in Deutschland, statt. Die kdliekliii-
srhdu umfaßte durchwegs kleinere Olbilder.
die rrlit zu den stärksten Arbeiten des Kunst-
lers zählen.
Die Ausstellung eines „Fetlraulnes" meldete
die auf kinetische Kunst und andere Avant-
aarde-Strbmungen spezialisierte Galerie Dah-
lem m Darmstadt, Den Dahetmgeblicbenen
empfahl man zum Zeitpunkt der Vernissage
eine Tasse Solmiakgelst in der eigenen Woh-
nung aufzustellen, um solcherart bei dem
sdekidkel ,.dabeizusein".
In der Galerie Schwarz in Mailand fand eine
Ausstellung des aus tsland stammenden Malers
Ferro statt.
Brennt nicht die Hausfrau darauf, es
abzuräumen? Hat sies nicht längst schon
abgeräumt? Oder: siehe den Fisch!
Wird er nicht bald ins heiße Öl gewor-
fen, fängt er zu stinken an. Aber im
Bilde hält er sich durch Jahrhunderte
frisch! Und das geht irgendwie gegen
irgendeine Wahrheit, Mich wundert
nur. daß dieser Vorwurf den Realisten
und Naturalisten noch nicht gemacht
worden ist. (Ich überlasse ihn groß-
mütig den theologisierenden Avant-
gardisten. sofern es solche geben
sollte!) Keinesfalls aber kann man ihn
gegen meine Miniaturen erheben, die
ich mit der Geduld eines Mönchs e
leider nicht in Besitz der übrigen Tugen-
den eines Zölibatärs e hervorbringe.
Weder ihre Landschaften sind so ge-
wesen, wie sie sind, noch leben, haben
gelebt und werden je leben die Men-
schen, die in ihnen agieren. Ahneln sie
auch der Wirklichkeit, so doch nur für
das Auge des Laien. Das akademisch
geschärfte wird zahlreiche Nichtüber-
einstimmungen -Verzeichnungen,Miß-
färbungen - der Konterfeis mit den
Konterfeiten entdecken und durch
Tadel bestätigen, was ich lobenswert
finde: daß nie ein leibhafter Jemand
mir Modell gestanden ist. Woraus so-
fort erhellt, daß ich einen. der außer-
halb meiner nicht existiert. weder gut
noch schlecht habe beobachten können.
Kurz: es verhält sich mit diesen Male-
reien wie mit meiner. wie mit jedes.
Handschrift: sie ist einmalig, unver-
stellbar (wenn auch noch so gut ver-
stellt), und daher unnachahmbar. Das
allein macht sie zwar nicht wertvoll,
aber zu einer Tatsache, mit der sowohl
der Scheckfälscher wie der Bankkassier
rechnen müssen. Diese Tatsache ge-
nügt, gleichgültig wer sie setzt, ein
Schurke oder ein Edelmann. und wohin
sie gesetzt wird, auf Papier oder Lein-
wand. Zweilbedingung natürlich ist,
daß beide Herren ein Guthaben be-
sitzen. Ein solches nun besitze ich in der
Phantasie des Dichters, von deren Zin-
sen der Maler ziemlich auskömmltch
lebt. Was soviel heißt wie: daß er nie-
mals das Kapital angegriffen. also
gemalt hat. was nur geschrieben wer-
den darf. Ein entscheidender Umstand!
Er trennt mich abgründlich von denen,
die strenge Meister in der einen Kunst
sind, und liebenswürdige Dilettanten in
der andern (Abb. 1).
Arbeiten des Wieners Andre Verlcln zeigte
die Galerie Penelope in Rom.
Im Forum Stadtaark ln Graz wurde eine
Geddchtnisdusstdliiing von Llchtblldern Her-
bert ROSQHbEFQS. des inlerridlinndi erfdid-
reichsten Phdldurdpiisn der sleiiirrndrk. ge-
zeigt. In einer weiteren Schau begegnete rndn
Aquarellen und Grdphiken des liGlIBFIPFS
Giavdiiiii Cidngdltiiii.
Bilder Sigrnar Polkes waren in der Galerie
Heiner Friedrich in München zu schert.
Mil junger endliseher und GVWCFiKCIHiSCttEF
Graphik konfrontlerte eine Grupaenausstel-
lung der Galerie Otto Stangl. München.
Ebenfalls in München zeigte die Galerie
Tlidnids eine erfolgreiche Ausstellung VOH
Lithographien und Radierungen des bekann-
len deutschen Griipnikers Horst Janssen. der
in Kürze auch im Internationalen Künstler-
club in Wien koJektiv zu sehen sein soll.
o7 Druckgraphtken von Max Beckmann
zeigte die Gdierie Gunther Franko iri Mün-
chen, die uber die drdrsie sdrnniiund dn
Werken ßeekindnris verfügt.
Eirtzelausstellurlgcn von Jddnnis Avramidis
und Ben NtClIOlIOrI tdnridn in der vGtt vvidldnd
Schmied geleiteten Kestner-Gescllschaft in
Hdnndver statt.
Peter Baum
a Eine beachtenswerte
c im Sozialhaf des
Die Wiener und ihre Museen
Das Bundesministerium fur Unter
bekannt. daß in den ihm unter
Staatlichen Kunstsammlungen uni
in den Monaten Februar 1967 5
März 1967 75.931 ÜESJChEV gezahl
KLEINER BILDSPIEGEL
Ausstelli
Bildern des Jdpdneis Akira K
in der Galerie Junge Generat
wo lJlelll diirn der Wiener
Wdsenegger (Abb zDrrtitskulpt
Graphiken zu sehen wdr
h t-ierddr: Wasenegqer. _,tidniinii
kdlksdndstein. 91 cm
SEmperlt-z
Wien lv. vviddner Hdupislrdßi
diese Bronzeskulptur des Tii-d
ndudrs Ruddii vvdcn dufgestdii
neuerlich ein Beweis achten M:
turris vdn diesem Unternehmen
wurde