BUCHBESPRECHUNGEN
Alfred Murks. Oberösterreich in altert An-
sichten. Siedlung und Landschatt in 340 Bil-
dern vom späten Mittelalter bis zur Mitte des
19. Jahrhunderts. Photographische Mitarbeit:
Max Eierxebner. Herausgegeben vom
Oberösterreichischen Landesmuseum
im Oberästerreichischen Landesver-
tag. 200 Seiten. 40 Textabbildungen.
XXVIII Farbtafeln. 272 Abbildungen
in eigenem Tafelteil. Albumforrnat.
Leinen
Alfred Marks. Kustos am Oberösterreichischen
Landesmuseum, hat im Verlauf der letzten
Jahrzehnte die graphischen Bestände dieser
bedeutenden Sammlung gesichtet und ge-
ordnet und legt nun eine Auswahl aus den
rund SOOO Blättern vor. die sich mit der
Topographie des Landes Oberösterreich be-
fassen. Ergänzt wird seine Selektion durch
reichliche Herbeiziehung von Material aus
in- und ausländischen Sammlungen sowie aus
Privatbesitz.
Der Aufbau des Bildteils des nunmehr vor-
liegenden. bestens ausgestatteten Bandes ist
chronologisch, der einleitende Text handelt
auf 64 Seiten die Geschichte der Entwicklung
von Orts- und Landschaftsansichten aus
Oberösterreich ab. wobei die Lokat- und
Regionalentwicklung stets eingebettet bleibt
in die Geschichte des allgemeinen Ablaufs
dieser speziellen Sparte des Kunstschaffens.
Das lnteräse am Landschafts- und Städtebild
geht im wesentlichen ins 15. Jahrhundert zu-
rück. in die Zeit also. die nach Jacob Burck-
hardt "die Entdeckung der Welt und des
Menschen" brachte. Die älteste topographi-
sche Ansicht. die Marks uns vorstellt. ist aller-
dings bereits ein Produkt ds 14. Jahr-
hunderts. sie lst dem Urbar des Stiftes Baum-
gartenberg aus der Zeit um 1335 entnom-
men und zeigt eine stark stilisierte. noch
durchaus "idealistische" Ansicht der Kirche
jenes Stiftes. gehalten vom Stifterehepaar
Otto und Jeuto von Machtand.
Die erste große Zeit der Landschaftsdarstel-
lung isl für Oberösterreich im besonderen
mit dem Aufblühen der Donauschule gekom-
men; Wolf Huber und Albrecht Altdorfer
haben in Altartafeln. aber auch in Hand-
zeichnungen die ersten wirklich spontanen.
von romantisch-pantheistischem Geist durch-
wehten Ansichten des Landes ab der Enns ge-
staltet. Etwa gleichzeitig mit diesen Künstlern
treten die iapagraphen im engeren Sinne
des Wortes auf den Plan. also die Leute. die
aus der Freude an der "Entdeckung der
Welt" ihren Mitmenschen kundmachen wol-
len. wie es anderswo aussieht. Die 1493 iri
Nürnberg erschienene. Van Wolgemut und
Plevdenwurff illustrierte Weltchronik des
Hartmann Schedel steht hier am Anfang.
gefolgt 1544 von der in Basel erstmals er-
schienen Kasmographie Van Sebastian Mün-
s er.
Eine erste Hochblüle der Kasmagraphle ist
mit dem sechsbündigen Werk ..Civitates
orbis terrarum" (157271617) erreicht. das
Van Braun und Hogenberg herausgegeben
wurde. Wichtigster Mitarbeiter war Georg
Hoefnagel. dessen Ansicht von Linz nach
dem bekannten Gemälde des Lucas van
Valckenbarch heute nach unter den Stadt-
bildern älterer Zeit einen Rang hoher Be-
liebthe innimmt. Matthäus Merian gab seit
1642 in insgesamt 31 Bänden eine 2142 Kup-
ferstiche umfassende allgemeine Topographie
heraus. die im Gegensatz zu den oft noch
reichlich phantastisch-unkritischen Ansichten
des 1a. Jahrhunderts Vam Streben nach größ-
ter Akribie getragen ist. Zahlreiche - oder
soll man sagen: zahllose? s Nachsliche aus
der Folgezeit bezeugen die Beliebtheit dieser
Monumentalpublikation. belegen aber gleich-
zeitig den immer noch reichlich unkritisch-
gutglaubigen Geist der Zeitgenossen. die
längst Veraltetzs immer noch für bare Münze
nahmen. Auf eine Einzelherrschaft in Ober-
österreich ist die 1656 bei Caspar Merian
erschienene ..Tppagraphle Windhagiana"
bezogen, die 1673 in erweiterter Auflage
herauskam. Von besonderer Bedeutung für
Oberösterreich ist das Werk des Kartogra-
phen Georg Matthäus Vlscher. dessen ..Archi-
ducalus Austriae Superioris geographica
descrlptio facto anno 1667" erst 1674 er-
scheinen konnte. Das Werk erlebte unter
Verwendung der originalen Kupferplatten
1923 eine Varlaung letzte Neuauflage. Für
Oberösterreich von großer Bedeutung ist die
1711 erschienene bayrische Topographie des
Michael Wenig. die zahlreiche Ansichten
jener Ortschaften enthält. die 1779 an Öster-
reich fielen (lnnvieriet). Marks machte sich
die Mühe. diese Stichfolge hinsichtlich der
modernen Schreibweise der Orlsnameri
ebenso aufzuschlüsseln wie das Werk Vischers.
Einzelleistungen des 17. und 1B. Jahrhunderts
ergänzen die topographischen Publikationen.
Ortsansichlen gibt es auf Altar- und Votiv-
bildern. in "Roteln" (Totenbucher der Kloster
und Stifte). als Beilage zu Planen. Kauf-
verträgen. Rechlsurkunden aller Art. aber
auch auf Festesdarstellungen und Porträts.
Eine entscheidende, radikale Wendung bringt
das frühe 19. Jahrhundert: 1767 wird an der
Wiener Akademie eine schule für Land-
schaftsmaterei begründet. die diesem in
Österreich bisher kaum beheimateten Genre
zum Durchbruch Verhilit. Die von Senetelder
erfundene Lithographie und der um 1920
entstandene Stahlstich bieten Vpm rein Tech-
ntschen her alle Möglichkeiten eines Massen-
medlarns. das ein ideales Werkzeug in den
Händen romantischen Ndlurempnndens unter
dem Vorzeichen des Willens zu möglichst
ariginalgeireuem Nachschaffen wird. Nun-
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mehr erfolgt die Entdeckung des Salzkamme -
gutes als des lnbegriffs ..pittoresker" Schö -
heit. Jakob Schmutzer war Vater des neuen
Genres. das den bis tief ins 18Jahrhundert
lebendig gebliebenen Geist der Naivität. der
Verwischung Van Faktischem und imaginä-
rem. aus der Kunst der Topographie ver-
drängte. Waldmüller. Franz und Wilhelm
Steinfeld. Jakob. Franz und Rudolf V. All
waren neben zahllosen kleineren Namen
Hauptmeister der Landschaftsdarstellung in
Oberösterreich. Thomas Ender schuf ein
reizvolles ..lschel"(sicl)-Album. aber auch
ausländische Künstler. wie etwa Carl Fried-
rich Schinkel. begeisterten sich an den Schö -
heiten des Salzkammergules. Die lithagra-
phischen Offlzinen in Oberösterreich allen
voran die Hafner'sche. trugen dazu bei. die
Kenntnis des Landes in aller Welt zu ver-
breiten. Sogar die Napoleonischen Kriege
leisteten in dieser Hinsicht positive Beitrage:
Alexandre Louis Camte de Labarde (1774
bis 1342) brachte im Verein mit mehreren
österreichischen Künstlern (Gauermann.
Jaschke, Firinger) die ..Voyage pittoresque
en Autriche" heraus (erschienen 1821 in
Paris). der sich 1822 eine Darstellung des
Krieges Van 1809 hinzugesellte. -
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts erliegt
die künstlerische Darstellung von Landschaf-
ten und Stüdteonsichten der mechanischen
Wiedergabe durch die Photographie: ein
blühendes Genre hatte ein ziemlich unvorher-
gesehens. plötzliches Ende gefunden. -
Dos Marks'sche Werk ist mit aller nur er-
denklichen Gründlichkeit und Sachlichkeit
gearbeitet. Weit entfernt davon. eine der seit
wenigen Jahren so beliebten romantisieren-
den Sammelsurien und Pseudoanthologien
alter Landschafts- und Ortsclnsichten zu sein.
stellt der Autor mit Bedacht und unter völliger
Hintanstellung persönlichen Ehrgeizes dievon
ihm getroffene Auswahl vor. So wird das
Buch zum Musterbeispiel für den heute
immer seltener werdenden Dienst an einer
Sache um ihrer selbst willen.
Ernst Köller
Kunst unserer Zeit: Malerei und Plastik.
Herausgegeben Van Will Grohmann.
Verlag M. DuMontvSchaubcrg. Köln.
Einen summarischen Uberblick über Stile.
Tendenzen und Möglichkeiten der bildenden
Kunst von heute zu geben. ist ein legitimes
Anliegen. das trotz der zahlreichen Kunst-
bücher und Kunslbilderbüctier. die heute am
Markt sind. in Abständen von einigen Jahren
durch die gerade auf diesem Sektor kultu-
rellen Geschehens so besonders rasche Ent-
wicklung gefordert und gerechtfertigt wird.
Mit dem von dem bekannten Kunstexperten
und Publizisten Will Grohmann redigierten
Werk ..Kunst unserer Zeit" legt der ange-
sehene Kölner Verlag einen hinsichtlich In-
halt und Ausstattung respektablen Band vor.
der die in ein derartiges Bemühen gesetzten
Erwartungen .m großen und ganzen eriüllt.
Trotz niedrigen Verkaufspreises enthält das
332 Seiten starke. als informatives Standard-
werk mit Einschränkungen zu bezeichnende
Buch nicht weniger als 132 durchwegs ge-
lungene Farb- und 334 Schwarzweiüabbil-
durlgen von meist neueren Werken der für
die einzelnen Länder repräsentativen Maler
und Bildhauer. Sieht man von Ausstellungs-
katalogen und Zeitschriften ab. so dürfte es
im deutschen Sprachraum derzeit kein
zweites Werk geben. das im Hinblick auf
Bild und Text in ähnlicher Weise dem neue-
sten Stand entspricht. (EingenauesAbbildungS-
Verzeichnis. Besitzerangaben und der nicht
weniger notwendige Namensinclex unter-
stützen seine praktische Handhabung.)
Für den weitgesteckten. die moderne Kunst
der gesamten Welt umfassenden Situations-
bericht. gelang es Grohmann. prominente
Mitautoren zu gewinnen. Sie alle hier zu
nennen und ihre wichtigsten Erkenntnisse
auch nur stichwortartig wiederzugeben.
würde freilich den Umfang einer
derartigen Buchbesprechung bei weitem
überschreiten. Trotzdem seien Hinweise auf
Namen wie Sam Hunter ("Amerika"). Nello
Ponente ("Italien"), Yoshiaki Tono (. apa-
nische Kunst heute"). Alain Jouffroy
internationale Avantgarde von Pari
zaran Krzisnik. der einen Abrirt der jüngsten
Entwicklung der bildenden Kunst Jugo-
slawiens gibt. gestattet.
Der bereits weiter oben gemachte Einwand
unddie damitnotwendige Kritik beziehen sich
aufdas von Grohmann selbst verfaßte Kapitel
mit dem Titel "Deutschland. Osterreich.
Schweiz". Ohne stichhaltigen Grund faßt
der Autor die Kunst der drei Länddr zusam-
men. was nicht nur aus nationalen Prestige-
gründen (die dem Rezensenten allerdings
fernliegen) zu bemangeln wäre, sondern Var
allem deshalb. weil sich Grohmann durch
diese Zusammenlegung und Vermengung
auf engstem Raum von Varrteherein der
Möglichkeit einer entwicklungsgeschichtlich
fundierten und die Schwerpunkte richtig
setzenden Analyse weitestgehend beraubt.
Die dem Autor eher oberflächlich und frag-
mentarisch bekannte bildende Kunst Oster-
reichs wird in seiner Abhandlung somit zu
einem Ableger der deutschen. was sachlich
nicht stimmt. (So scheinen z. B. bei den
Schwarzweißabbitdungen Stenvert. Hofleh-
ner. VVotrubct. Rainer. Fuchs und Brauer in
der Rubrik ..Deutschland" auf.)
Neben den Genannten berücksichtigt Groh-
mann außerdem Hundertwasser. Hausner
und Prachenskv im Text und mit Farbtafeln
(letzteren sogar am Umschlag!) sowie Mikt.
Hallegha, Lehmden. Hutter und - als
Lehrer - Hanak und Gütersloh.
Das Bild. das dem Leser somit von der iün-
geren Kunstentwicklung in Österreich ge-
geben wird (falls man die diesbezüglichen
kurzen Ausführungen Oberhaupt so bezeich-
nen will). ist nicht nur unvollständig und ver-
wirrend. sondern auch viel zuwenig auf ent-
wickllmgsgeschichtltche Umstände und lokale
Zusammenhänge bedacht. Bei einer Neu-
auflage des an sich wertvollen Buches wird
man daher -- wenn es möglich war. Israel
oder der Tschechoslowakei eigene Kapitel
zu widmen - nicht umhin kännen. die beiden
Beiträge über Österreich und die Schweiz
von anderen und kampetenteren Autoren
neu schreiben zu lassen (wie wäre es im
Hinblick auf unser Land mit Werner Hof-
mann. Kristian Sotriffer. Alfred Schmeller
oder Otto Breichal) und auch im Abbildungs-
teil die entsprechenden Korrekturen vorzu-
nehmen. Peter Baum
Faul Vogt. Erich Heckel. Verlag Aurel
Bongers. Recklinghausen 1965. 315
Selten. 75 Tafeln. davon 24 farbig.
eo Abbildungen nach Druckgraphi-
ken. Werkkatalag mit 756 Abbildun-
gen
Die kunsthlstorische Aufarbeitung und Samm-
lung des Expressionismus schreitet fort. nicht
ganz ohne bedenkliche Erscheinungen. Erich
Heckel. dem bedeutenden Maler der
..Brücke". hat Vogt eine sorgfältig ausge-
stattete Monographie gewidmet. Der Ver-
fasser unternimmt es. wie mir scheint. ohne
Uberzeugungskraft. nachzuweisen. doß Hek-
kel. der ja noch lebt. bis zum heutigen Tag
"schöpferisch" tätig ist. Der Kunsthistoriker
will also nachweisen. daß die Entwicklung
des Malers bruchtos zum Spütwerk geführt
hat. welches Vogt in mancher Hinsicht hoher
stellt als die Werke der "genlalischen"
Jugend. Es scheint ihm eine höhere Stufe der
"Vergeistigung" erreicht zu haben. Da sich
das Buch vornehmlich an die Kreise wendet.
für die der Expressionismus schlechthin mit
der Moderne identisch ist. werden wohl nur
wenige Leser bemerken. wie harmonisierend
die tragische Geschichte dieser deutschen
Jugendbewegung geglättet wird. Das Zwic-
spältige an solcher Hagiographie ist die
distanzlose und so gulgemeinte Verehrung.
die den inneren Bruch und die tragische
Diskontinuität (die ja nicht erst durch den
braunen Mardstaat verursacht wurde) hin-
wegdisputiert. Vogt beschreibt mit Genauig-
keit die Veränderung im Werk des Malers.
gibt aber dem Leser keine Rechenschaft dar-
über. wie sich der Prozel] im Inneren ab-
spielt - so als ab alles seiner "Vollendung"
erttgegenginge. Die Institutionalisierung der
Revolte ist dem Expressionismus nicht gelun-
gen. das Werk Heckels zeigt deutlich die
melancholische Unverbindllchkeit und Gleich-
schaltung. der sich viele Künstler verschrie-
ben. um sich selbst vor der Verantwortung
Var ihrer eigenen Jugend zu entziehen. Was
damals ein wütendes Umwerfen war. wird
heute begütigend als Basis des Spätwerkes
mißdeutel. Eine verständige Geschichte dieser
Maler müßte zeigen. wie sie sich mit dem
magischen Kreis. in dem sie sich befanden.
auseinandersetzten. Es ist ja deutlich zu sehen.
daB dieser Kunst 1914 1919 das Rückgrat
gebrochen wurde. Vogt weiß sehr wohl. und
sagt es auch verklausuliert. daß der feurige
Eros der Frühzeit einer schnellen Vergreisung
wich. Die ..Spätphase des Expressionismus"
ist seine Musealisierung! Den Autor hindert
sein Enlschlul). aus einer außerordentlich
schöpferischen Phase ein ebensolches Werk
zu machen. die traurigen Resultate der letzten
Vierzig Jahre zur Kenntnis zu nehmen. Aber
gerade aus den Brüchen und dem Zwang.
sich selbst zu wiederholen. wäre doch sehr
viel zu lernen. Autor und Verleger befinden
sich da in einer doppelten Zwangslage. Der
Künstler. der noch am Leben ist. will in seiner
begreiflichen Angst zur Gänze ernstgenom-
men werden. Auf der anderen Seite ist der
Expressionismus im Publikumsgeschmack ein-
gesorgt. Das Publikum erwartet sich vDrl den
Verlegern. daß sie drucken lassen. was seine
Entscheidungen sanktioniert. Denn die Tat-
sache. dail der Expressionismus noch immer
so ..aktuell" ist. was ihm una der wissen-
schaftllchen Erkenntnis nicht gut bekommt.
erklärt sich daraus. daß die Hoffnungen der
Blütezeit dieser Bewegung. knapp vor dem
ersten Teil des Weltkriegs. keineswegs ln
Erfüllung gegangen sind. Die Revolution ist
gescheitert. die Befreiung ausgeblieben. in
diesem tragischen Faktum begegnen sich die
Biographie der Maler. die in der sich selbst
kopierenden Fixierung endeten. und die Vor-
liebe des Publikums. das von der Kunst ver-
langt. was es selbst nicht zu leisten gewillt isl.
Aus diesem Grund bleibt leider die Geschic s-
schreibung hinter den Erwartungen zuru k.
die man in sie setzen müllle. Diesem allge-
meinen Zustand verdankt auch das vor-
liegende. schone und verdienstvolle Buch
(das Werkverzeichnis ist die Grundlage iedcr
ernsthaften Beschäftigung mit Erich Heckel)
die merkwürdige Unentschiedenheit zwischen
Verdeckung und Darstellung.
Otto Graf
Helga von Haintzl. Da: Bildnis der Sappho.
4B Seiten und 16 Schwarzwelßtafeln.
Bei Florian Kupferberg. Mainz und
Berlin. 1966. Leinen DM 32.-
Hinler dem so bestimmt klingenden Titel
verbirgt sich ein viel tiefer reichendes Pro-
blem. ln dem nicht sehr umfangreichen. aber
nobel ausgestatteten Band geht Helga VC
Heintze aufnichts weniger ein alsdie Möglicl
keit. das Porträt einer historischen Persöl
llchkeit aus literarischen Quellen und pos
humen ldealbildntssen zu gewinnen.
Wie die griechische Dichterin wirklich au
gesehen hat. isl in der Geschichte. die zu ihri
Lebenszeit das nBildnis" nicht kannte. Ve
schlossen. wie sie ausgesehen haben wird. i
Thema des Buches. Zwei Funde aus iüngeri
Zeit sind Ausgangspunkte der untersuchun.
Eine msüpbho" bezeichnete Büste unb.
stlmmter Herkunft und eine aus dem griech
schert Meer bei Plräus gewonnene Stalu
die die Verfasserin durch exakte Motiv- ur
Stilvergleiche ebenfalls als Darstellung d.
Dichterin iaantinziaren kann. Es ist erstaul
iich. wieviel für das Ergebnis allein aus d.
genauen archäologischen Beschreibung g.
wonnen werden kann. Mit weiteren St.
vergleichen und der Berücksichtigung Schrit
licher Uberlieferungen ldrtt sich auch d.
Künstler nennen. der für die Statue - odi
zumindest für das unmittelbare Vorbild
als Autor in Frage kommt: Stlanion.
Helga Van Heintze gebraucht dle archa.
logische Methode ohne iemals den krii
schert Abstand zu Verlieren. der bei Schlul
folgerungen auf so wenig gesichertem Gebi
geboten tst. Sie gibt damit ein vorbildlich
Beispiel. dem Leser keine Pseudosicherhe
vorzugaukeln und dem Fachmann mit eine
umfangreichen Anmerkungsteil das et.
schlägige Material vorzulegen. (Allerdtn.
nur diesem. denn Sie verwendet die fac.
üblichen Abkürzungen. ohne einen er
sprechenden Schlüssel beizustellen - ur
welcher auch noch so interessierte Laie we
schon. daß mit LlN ein Fundbericht d.
London lllustrated News zitiert wird z)
Im zweiten Teil des Buches. dem Umfar
nach kleiner, dem Gehalt nach jedoch ur
fassender. geht die Verfasserin auf die Fr.
blematik des posthumen "Blldnisses" ei
saapha lebte um soo V.Cl'tt'.. zweihunde
Jahre später entstanden ihre ldeatbildniss
Wie solche Vorstetlungsbilder aus älter:
Schriftquellen und der Interpretation Ct
dichterischen Werkes entstehen. und well
hohen Grad Van zumindest typologisch.
Wahrscheinlichkeit sie erreichen könne
führt Frau VOn Heintze exemplarisch Va
Und damit wird das Buch wett über d.
engeren Fachkreis für alle historisch. liter-
risch. philologlsch und künstlerisch lnte
essierten wichtig. Heribert l-lutt.
Museum der bildenden Künste in Budape:
Spanische Meiner. Von Marianne t-larm
Takdcs. Corvina Verlag. Budapest
Im Zuge der breitangelegten kulturelli
Werbearbelt. die Van sdmtlichen oststaat.
seit Jahren geleistet wird. legt nunmehr d
Museum der bildenden Künste in Budaps
einen aulierst interessanten Bildband VC
der sich auf die in Europa fast einzig d
stehende Sammlung Van Gemälden spanisch.
Meister des 15. bis 19. Jahrhunderts beziet
Wenn man bedenkt. dart Budapest nic
weniger als sieben Grecas und eine sta
llche Reihe Van Goyas besitzt. wird eine
allein schon aus diesem Hinweis Bedeutur
und Rang dieser Sammlung klar. Dali nebi
zurbaran. Velazquez und Murlllo au.
weniger bekannte. aber nicht wenig.
wichtige Meister Vertreten sind. ist beinal
selbstverstandllch.
Der nunmehr vorliegende. mit 4a größte
tells gut gelungenen Farbtafeln geschmück
Bildband wird Van einer Einleitung b
gleitet. in der zunächst kurz die Entstehul
der spanischen Abteilung der Budapest
Kollektion geschildert wird. während i
Anschiult eine knappe. durchaus nicht n.
auf dem Budaoester Material aufgebau
Schilderung der Entwicklung und Stellul
der spanischen Malerei folgt: die ausfuh
lichen Bildkommentare greifen bereits w.
über das Niveau populärwissenschaftlichl
Einführungen hinaus und nähern sich
der Diskussion der Zuschreibungs- und B
stimmungsfragen bereits sehr dem stdnddr.
niveau eines voll ausgebauten catalag.
raisanne an.
Jedenfalls regt der Bildband entschieden
einem Besuch des Budaoester Museums a
Grecos ..Chrlstus am Ölberg". das wa
lrrealsle Bild des c "echen aus Toledo. d
..Bauern beim Mahl' Van Velazquez. Zu
barans ..Hl. Andreas" und Goyos berührr
"Wosserlrägerln" alleine rechtfertigen et.
derartige Fahrt.
Ernst Köll
EINGELANGTE BÜCHER
Aus dem Verlag Bohlau's Nachfolger, Wi.
Ernst Guldan. Eva und Maria - Eine An
these als Blldmaliv. 376 Selten. 196 Ab.
1 Farbtafel. Leinen. 1966. S880.-
Raberl Fleischer. Antike Bronzstatuetten a
Carnunturn. S8 Seiten. 94 Abb. auf 32 Tafe!
brosch.. 1967. S 9B.-
Heribert Hutter. Zwischen den Zeilen. B0 S.
ten mit 32 Bildtafeln. davon 16 Farbtafe
5 Text-Illustrationen. Pappband. 1967, B!
der Rosenbaum. Wien. S 96.-