BUCHBESPRECHUNGEN
Gottfried Semper, Wissenschaft. Industrie
und Kunst und andere Schriften über Archi-
tektur. Kunsthandwerk und Kunxtunterricttt.
mit einem Aufsatz von Wilhelm Mralek. aus-
gewählt und re rt von Hans M. Wingler.
Neue Bauhaus . Neue Folge der von
Walter Gropiu: und Lanlo MolioIy-Nagy
begründeten "Bauhausbiicher". herausge-
geben von Hans M. Wingler bei
Florian Kupferberg. Mainz-Berlin.
1966. 128 Selten und 51 Abbildungen.
Kleine Schriften von Gottfried Semper in
einer anziehenden. modernen Ausgabe mit
einer höchst reizvollen Bildausstattung her-
auszubringen. ist nicht nur dankenswert und
verdienstvoll. sondern entspricht bereits
einem wirklichen Bedürfnis. Je mehr der
Horror vor der Architektur der Z. Hälfte des
19. Jahrhunderts einem interessierten Stu-
dium diser Epoche weicht. um so deutlicher
steigt die imporlierende Figur des Künstlers
und Theoretikers Semper empor. Die unab-
weislictte Qualität seiner künstlerischen
Leistung und das entwicklungsgeschichtliche
Gewicht seiner Gedanken sichern Semper
"Aktualität" auch für jene Perioden. die sich
von ihm abwendeten. Dali die vorliegende
Publikation der Reihe der Neuen Bauhaus-
bücher angehört. zeigt. welcher Wandel in
der Einstellung zu einer nüberwundenen"
Periode erfolgt ist. Mdn erkennt nun. daß
Sempers Forderungen nach den inneren
Zusammenhängen VOtt Form und Mdteridl.
die er seinen Kritiken an der Kunst- und
Industrieproduktion seiner Zeit zugrunde
legte. die Intentionen des Bauhauses voraus-
ahnen lassen. Deutlich kommt bei seinen Ideen
immer wiederdie Verankerungin der Roman-
tik zum Vorschein. die bereits die nWahr-
haftigkeit"__ in der Architektur forderte.
Sempers Aullerungen zu Problemen der
Form. des Materials und Gebrauchszwecks
sind dem wesensverwandt 7 ebenso wie
dem von Christian Ludwig Förster geforderten
"Materialbau". aber auch der iiMaterial-
gerechtigkeit" des ZO. Jahrhunderts gleiches
Gedankengut zugrunde liegt. Matt muß sich
bewullt nidchen, ddß sernpers erste t-ldupl-
werke noch zu Lebzeiten Schinkels ent-
standen und dall sein Spätwerk in Wien zur
Ausführung kam. als Otto Wagner sich am
Anfang seiner Laufbahn befand. Steht dem-
nach der Historist und Positivist Semper in
einem künstlerischen Ablauf. der scheinbar
vom radikalen Klassizismus direkt zur
Moderne führen wollte als Reaktionär. so
verblüfft es um so mehr. wenn viele seiner
Ideen als modern und zukunftweisend er-
kannt werden müssen. senipers romantische
Basis wird deutlich in der wiederholt auf-
klingenden Forderung nach der inneren
Einheit der Dinge. die im "Gsamtkunstwerk"
manifest wurde. Um in der Architektur nicht
nur die von ihm in archäologischen For-
schungen wieder erkannte Farbigkeit neu zu
erwecken. Sondern auch die Plastik. die
textilen Künste. Keramik. Metall- und Möbel-
technik. mit einem Wort alles. was zur Er-
reichung eines künstlerischen Ensembles nötig
ist. einzubeziehen. bemüht sich Semper um
eine Neugestaltung des Kunslunterrichtes
einerseits und um die Gestaltung da Museums
als wissenschaftliche Institution anderseits.
wobei schon Gedanken aufklingen. welche
die Vorstellung eines Musee imagirtaire vor-
wegnehmen. Wilhelm Mrazek hat im An-
schlult an SempeN "Plan eines idealen
Museums" von 1852 Wichtiges zu Sempers
Bedeutung für die museal-wissenschaftliche
Reformbewegung des 19. Jahrhunderts dus-
gesagt. Das Österreichische Museum für an-
gewandte Kunst. eine Gründung von Rudolf
Ritter von Eilelberger. ist zusammen mit der
angeschlossenen Kunstgewerbeschule ein In-
stitut. das sich eng dn das von Semper in-
spirierte Vorbild. nämlich das Victoria- und
Albert-Museum in London und das dortige
Departrnent af Praclical Art anschließt. Die
hier gegebene Verbindung von Museum und
Schule entspricht der von Semper verlangten
inneren Einheit. die durch wissenschaftliche
Analyse getrennt worden war. Diese innere
Einheit will Sempcr auch im Lehrbetrieb
wieder hergestellt sehen. bei dem er die in
den Akademien üblich gewordene Schul-
ausbildung durch den alten Werkstattbetrieb
zu ersetzen vorschlägt. Als Semper in London
1851 dieses Programm aufslellte. war in Wien
irn zuge der Reorganisation der Akademie
der bildenden Künste bereits 1850 die Ein-
richtung von "Meisterschulen" im Sinne des
Werkslaltbetriebes beschlossen und im Jiinner
1352 verwirklicht worden.
Sempers Text eröffnet eine Fülle von Proble-
men, die besonders unsere Zeit. die sich
bemüht. ihren eigenen Standpunkt mit dem
derVergangenheit zu konfrontieren. angehen.
Um seiner Aktualität. aber noch mehr um
seiner eigenen Werte willen sollten die
Schriften Sempers nun wirklich gelesen
werden.
Renate Wagner-Rieger
Hans-Christoph Hoffmann. Die Tlteaterbauten
von Fellner und Helmer. Studien zur Kunst
des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. ll. Far-
tchungsunt nehmen der Fritz-Thysen-Stif-
tung. Arhe kreis Kunsigeschichte. Prestel-
Verlag. München 1966. 14a Seiten.
181 Abbildungen auf Tafeln
Unter den Bauaufgaben. denen das 19. Jahr-
hundert eine neue Bedeutung verliehen hat.
gehört das Theater zu jenen. bei denen die
ewältigung funktioneller Probleme einer-
seits und das Bemühen der gewandelten
56
soziologischen Situation gerecht zu werden.
anderseits leicht die architektonischen Pro-
bleme überschichten. Bei den Theaterbauten
von Ferdinand Fellner und Hermann Gottlieb
Helmer. die von ihrem gemeinsamen Atelier
aus zwischen 1873 und 1916 den Bedarf an
Thedterbauten in der Österreichisch-unga-
rischen Monarchie und darüber hinaus noch
in Städten Deutschlands. der Schweiz. Ruß-
lands. Bulgariens und Rumäniens deckten und
dabei mit 47 ausgeführten Theatern die gleiche
Zahl erreichten. wie die verschiedenen
theaterbauenden deutschen Baubürots zu-
sammengenommen. scheint dies besonders
der Fall zu sein. Zumindest spielen die künst-
Ierisch-archilektonischcn Probleme in den
Aussagen. die zu ihren Werken vortie en.
eine recht geringe Rolle. während es ihr iel
war. den Bedürfnissen der Zeit und den
Ansprüchen der zuin überwiegenden Teil
bürgerlichen Auftraggeber gerecht zu wer-
den. Für die Organisation des Zuschauer-
raumes gingen sie von Grundsätzen aus. die
Heinrich Laube vom Standpunkt des Schau-
spielers und des Thealerstückes her formuliert
hat. für die Gesinnung des Kommunikations-
systems. das der stollweisen Füllung und Ent-
leerung der Räume gewachsen sein mußte.
trachteten sie größtmoglichste Beauemlich-.
keit, Sicherheit und Billigkeit zu erreichen. Der
allso in den Vordergrund gerückte Funktio-
nalismus des Theaters brachte dem Atelier
die zahlreichen Aufträge ein. um die sie sich
nur selten im Rahmen von Wettbewerben
bemühen mußtert. Bei solchen Grundsätzen
und darüber hinaus bei einem gut eingespiel-
ten Atelierbetrieb mit reichem Formenfundus
ist es nicht verwunderlich. wenn den über
Mittel- und Osteuropa verstreuten Bauten
eine gemeinsame Note anhaftet. Diese liegt
aber keineswegs nur im funktionellen Be-
reiche. sondern primär in der architektoni-
schen Erscheinung. welche die Fellner- und
Helmer-Theater als Repräsentanten eines in
Wien seit den siebziger Jahren des 19. Jahr-
hunderts ausgebildeten ..Späthistorismus" zu
erkennen gibt. Jo. es läül sich sogar innerhalb
dieser Arbeitsgemeinschaft zwischen den
beiden führenden Architekten ein Stilunter-
schied aufzeigen: der dus der wiener Trci-
dition erwachsene Ferdinand Fellner verband
eine dekorative Begabung. der die Leistungen
eines Van der Nüll viel gesagt haben müssen.
mit einem stark plastischen Gefühl. welches
er den von ihm gestalteten Bauten mitzu-
teilen wußte. Die Fähigkeit. vor allem spät-
barocken Formenreichtum leicht und spiele-
risch dnzuwenden. gibt seinen Bauten eine
..wienerische" Note. Dem gegenüber bleibt
der aus dem Hannoveranischen stammende
Helmer in seinem persönlichen Stil der kühle-
ren. klassizistischen Tradition seiner Heimat
auch in der Folgezeit verpflichtet. Seine Bauten
wirken kubischcr und groflformiger. zeigen
ein gewisses Pdthds und fügen sich duch leicht
den strengen Losungen einer klassizistischen
Richtung des lugendstiles.
Neben solch kunsthislarischen Aspekten er-
schließt die schöne Arbeit Hoffmanns noch
die bedeutungsmäßlge Seite des Theaterbaues.
die besonders in den ..Hoheitsformen". wie
Loggien oder Giebelfronten. greifbar werden.
Den hier angebahnten We weiter zu ver-
folgen. wird der wissenscha tlichen Erhellung
der gesamten Epoche zugute kommen.
Die vielfältigen interessanten Ausführungen
Hoffmanns geben Auskunft über die Archi-
tekten Fellner und Helmer und über ihrWerk:
über die verschiedenen Gesichtspunkte der
inneren Anlage ihrer Theater; über die Zu-
schauerräume, deren verschiedene Typen
einen Ausgleich zwischen den einem gesell-
schaftlichen Leben dienenden Logen und den
einem auf die Bühne hin aus erichteten
Publikum entsprechenden Bai dnrdngen
suchen 7 all diese und noch eine Menge
anderer Probleme werden vor dem Leser in
klarer und konzentrierter Form ausgebreitet
und verraten die souveräne Beherrschung
des Stoffes vom Technischen und Architek-
turgeschichtlichen her. Die zuverlässige Basis
für die Ausführungen bietet der Katalog der
ausgeülhrten Theater mit einem umfang-
reichen. viele Baupläne und Photos umfassen-
den Bildteil, eine Dokumentation. die jede
weitere Arbeit über den Theaterbau berück-
sichtigen wlrd müssen. Eine Fülle von Material
wurde hier verarbeitet m und doch zeigen
sich schdn trotz des relativ geringen zeitlichen
Abstandes bereits manche Lücken in den
Quellen. Sie bringen zum Bewußtselrt. daü
es bereits höchste Zeit ist. auch die Architektur
des späten 19. Jahrhunderts aufzuarbeiten.
sollen nicht wertvollste Unterlagen ungenützt
verloren gehen. All diesen Untersuchungen
aber möchte man das Niveau der vorliegen-
den Arbeit wünschen.
Renate Wagner-Rieger
Neue Doxenliterutur
Das gesteigerte Interesse am Sammeln
schöner Dosen hat uns in letzter Zeit 3 Bücher
über dieses Thema beschert:
B0 Bremsen, Nordiske Snusdaser pa euro-
paeiik baggrurrd. Kopenhagen. Politi-
kens Forlag 1965. 335 Seiten. 351 Ab-
bildungen. 145 Kronen
Der Autor. selbst Sammler. gibt zunächst eine
Kulturgeschichte des Tabakschnupfens mit
zirka15O Abbildungen. Das eigentliche Thema
gliedert er nach Ländern und innerhalb
dieser nach Material. so daß man Silber oder
Porzellan dreimal getrennt verrindet. Wären
die nordischen Dosen nicht durch Punzen
identifiziert. könnte man sie mit Ausnahme
derfinnischen und isländischen Schnupfhörner
für deulschoderfran sch halten. Das reiche
Bildmaterial aus nordischem Besitz gibt einen
guten Uberblick und gute Vergleichsmöglich-
keit. doch sind ein Teil der Bilder durch
schräge Aufnahme undeutlich oder durch
Kehraufnahme bei Deckelöffnung kopf-
gestellt. Trotzdem eine dankenswerte Arbeit.
leider in Dänisch!
clcire le Corbeiller. European Gnd american
snuff-boxes. London. ßdlsldrd 196a.
7 Gn
dasselbe deutsch:
Alte Tabaksdosen aus Europa und Anierikd.
Keysersche Verlagsbuchhandlung.
München 1966. 400 Seilen. 703 Ab-
bildungen. 4a DM
Die Autbrin. die einige Jahre im Metrdpdlitdn
Museum. N.Y.. arbeitete. teilt die Kapitel
übersichtlich nach dem Material der Ddscn.
der Text ist mit viel Sachkenntnis geschrieben
und nach Daten gefüllt. bringt jedoch viel-
leicht zu viele. den Laien verwirrende Namen.
Auf 12a Seiten Text folgen 113 unpaginierte
Seiten mit den Abbildungen.
Die Aufnahmen Stammen zu 94x, dus
Museumsbesitz und sind dadurch bereits
teilweise bekannt. Durch ihre Verkleinerung
gegenüber der englischen Ausgabe haben
die Abbildungen dn Deutlichkeit eingebüßt.
Ein Drittel des Textes und die Hälfte (sss)
aller Abbildungen ist den Golcldosen gewid-
rnel. über die cs schon mehrere Spezialwerke
und Fachbücher gibt (Noqu et Dreyfus 1930.
lt. u. M. Narton 193a und H. u. s. Berry-
Hill 1955). Ein wesentlicher Mangel der
deutschen Ausgabe ist das Fehlen eines
Kapitels über deutsche Silberdosen und
Wiener Porzellandosen sowie deren Abbil-
dungen. während 8 russische. Z spanische
und 5 Kelsterbacher Porzellandosen repro-
duziert und erwähnt sind. Dem entsprechend
fehlen auch in der nach Sachgebieten ge-
ordneten Bibliographie Rosenberg. Der Gold-
schmiede Merkzeichen. und Folnesics-Braun.
Geschichte der Wiener Porzellanmanufaktur.
Es fehlen auch Dosen aus lscrlohn. Tournay
und Herrengrund. aus Steinbockhorn und
Cdquitld-Nuß. Der s. so genannte ..unbe-
kannte Wiener Dosenmacher IWS" ist wohl
Josef Wolfgang Schmidt (Reitzner 833) und
der S. 96 ..sonst nirgends verzeichnete (!)
Wenceslaus Chudy ist uns nicht so unbe-
kannt. siehe Thieme-Becker. Die Abb.601.
als ..amüsante Anleihe deutscher künstleri-
scher Geschmacksrichtung" bezeichnet. ist
durch nichts als englisch bewiesen. sondern
ndlürlich deutsch. Unklarheiten ergeben sich
aus Ubersetzungsfehlern. wenn 5.68 vom
Unterschied zwischen Schnupftabak- und
Tclbakdosen gesprochen wird. da mit tobacco-
box Rauchtabakdosen gemeint sind. Auch
gibt E im Deutschen keine Dosen dus Pewter
(S. B7 und Abb. 440-444). sondern aus Zinn.
während die Dosen Abb. 6804651 nicht aus
Zinn (tin). sondern dus Blech sind.
A. Kenneth Snowmun. Eighteenth Cenlury
Gold Boxes of Europe. London. Fober
und Faber was. Gr. a. 191 Seiten.
375 Abbildungen. hievon 135 in
Farben, 15 Gn.
A. Kenneth Snowman. der Autor von ltThe
art af Carl Fabergä". Goldschmied und
Juwelier, ist wie kein anderer berufen. dieses
Thema zu behandeln. Dies ist ihm auch in
erschöpfender Art gelungen. In der Ein-
leitung bringt er etwa 100 Abbildungen von
Entwürfen für Dosen. Handzeichnungen und
Stiche. Der Text beleuchtet das Thema vorn
historischen. technischen und anekdotischen
Gesichtspunkt. Mangels einer Punzierung.
die für die Höfe nicht vorgeschrieben war.
sind viele Dosen bloß stilistisch einzuordnen.
Der Hauptakzent liegt natürlich bei den
französischen Dosen. von welchen er für
fcßt jedes Jahr Beispiele in chronologischer
Reihenfolge bringt (304). gefolgtvan 74 eng-
lischen. 108 Dresdener und Berliner. 5B rus-
sischen. die meisten aus dem Goldrauln der
Eremitage. und 91 österreichischen. schwedi-
schen und schweizerischen Dosen. Die Ab-
bildungen sind unübertrefflich. Ein wohl
teures. aber auch wertvolles Buch.
Richard Steiskal-Paur
lesel Ringler. Tiroler Krippen unserer Ze
Tyrolia-Verlag. tnnsbruck-Wien-
München. 1966. 144 Seiten, 112
Kunstdruckbilder. Leinen
ln einer 15 Seiten langen Abhandlung bemüht
sich Dr. Josef Ringler. die Entwicklung der
Tiroler Krippen in der Zeit ndch den historisch
gewordenen Stilen aufzuzeigen. Das folgende
Bildmaterial zeigt uns an Hand vdn figuralen
Detailaufnahmen, aber auch an ganzen
Krippenaufbauten diesen Werdegang. Wenn
Josef Ringler auch von einem noch vor-
handenen, ja "lebendigen Krippengeist"(l)
spricht. so müssen wir jedoch bei Betrachtung
der Bilder feststellen. daß nach der barocken
Krippengestaltung nicht viel Nennenswerta
oder Bleibendes aufzuweisen ist. Josef Bach-
lechner d. A.. der eine Zeitlang in gewissen
katholischen Kreisen sehr farcier1 wurde. hat
im Grunde genommen nur zu einer Ver-
üußerlichung. zu einem falschen Pathos und
einer Verniedtichung der Ddrstellung im
allgemeinen und natürlich auch des Weih-
nachtsgeschehens geführt. Seine humorig-
kauzigen Gestalten. die eher auf gotische
Vorbilder zurückgreifen wollen. es aber nicht
Schaffen und in einer Pose erstarren. haben
einer ins Kommerzielle. Geschmücklerische
obgleitenden Richtung den Weg geebnet. VOh
viel wesentlicherem Gehalt scheint dem
Autor. sehr zu Recht. das Schaffen des 1876
geborenen und 1918 gestorbenen Ludwig
Ponz. der. von seinen Mitmenschen selbst un-
verstanden. eine neue Richtung in der Entwick-
lung der Krippe wies. Seine von innerer
Bewegung geformten Figuren beweisen sein
Können. Bewegung und Gestik ist frei vdn
unnötiger Palhelik. Auch seinem Schüler. den
in Schwaz ansässigen Sepp Baumgartner.
gelingen saubere. korrekte Lösungen. Wäh-
rend er früher auch manchmal zu lieblich-
süßen Formen kam. werden spdter die Um-
risse eckiger und herber. Nach ihm scheinen
nach eine stattliche Anzahl von Krippen in
dem vorliegenden Werk auf. dünken uns
aber durchaus nicht weiter nennenswert.
duch wenn sie sich manchmal peinlich genau
an gotische. andere wieder an barocke Vor-
bilder anlehnen. Auch modernistische Be-
strebungen, wie jene von Heinrich Bacher
oder Martin Gundolf, sind nur ein Zeichen.
wie wenig Gutes auf diesem Gebiet geleistet
wird. Eine rühmliche Ausnahme scheinen uns
die Reliefs von David Moroder. einem Süd-
tiroler (nicht mit den anderen Moroders zu
verwechselnl). zu sein. Hier ist echte Gestal-
tung zu sp ren. und wenn der Künstler auch
auf frühchristliche Elemente zurückgreift. so
wollen uns besonders die zwei ersten der
abgebildeten Arbeiten wesentlich erscheinen.
Erst Karl Weis und Franz Baumann zeigen
wieder gestalterlsche Kraft. besonders in den
einzelnen Figuren. Der Krippenaufbau. der
einer theatralischen Bühne gleicht (bei Bau-
mann). ist dann wieder problematisch.
Die Abbildungen sind von sehr unterschied-
licher Qualität. Oft sind die Photographien
unscharf. so doli die Konturierung. die
technische Bearbeitung. die gerade bei plasti-
schen Gebilden sehr wesentlich ist. verwischt
und zu undetinierbarem Vokabular ver-
schmolzen wird. Es ist zu überlegen. ob in
diesem Buch nicht weniger mehr gewesen
wäre.
Alois Vogel
Österreichische Akademie der Wissenschaf-
ten: Wilhelm Hein. Frühe islamische Keramik
im Österre schon Museum für ange-
wandte Kunst in Wien. Wien 1963. Her-
mann Böhlaus Nachf.. Wien-Köln-
Graz. Kommisslonsverlag. 4B Seiten
Text. XX Bildtafeln. brosch.
Mit dieser Veröffentlichung werden in
zusammenfassender Weise die Bestände des
Stubenringmuseums an islamischer Keramik
der Frühzeit aus den Ländern des Vorderen
Orientes der Öffentlichkeit zugänglich ge-
macht. Der Autor geht dabei mlt größter
Behulsamkeit vor; eingangs verweist er auf
die zum Teil unüberwindlichen Schwierig-
keiten hinsichllich der Lokalisierung und
Dotierung der einzelnen Produkte und zeigt
die Grenzen der stilkrilischen Methode ebenso
auf wie die einer materialtechnologtschen
Betrachtungsweise. Die technischen Aspekte.
Möglichkeiten und Varianten werden genau
behandelt. wobei immer wieder auf Quellen-
schriften erster Hand zurückgegriffen wird.
Die Materie als solche wird nach einem
lypdldgisch-svsterndtischen Schema behandelt.
Zuerst kommt die unglasierte Ware an dle
Reihe. dann die glasierten Objekte bis zum
14. Jahrhundert. Ein eigenes Kapitel ist der
Flächenfüllung gewidmet. wobei neben
Technischem und Stilistischem vor allem das
entscheidende Problem: Dekoration in rein
ästhetischem Sinn oder bewußte. gewollte
Symbolik. eingehend diskutiert wird. Auch
hier stößt man auf Mehrschichtigkeit: neben
rein Dekoratlvem steht tradiertes Gut. dessen
Bedeutungsgehalt zur Entstehungszeit bereits
vergessen und verwischt war. und symbolisch-
bedeutungshclft Gemeintes. das seinerseits
wiederum aus den verschiedensten. räumlich
und zeitlich weit getrennten Quellen schöpft.
Im besonderen sei auf den Syrnbolgehalt der
Glasurfarben. der Reiler- und der Fisch-
darstellung. auf Pythagoräisches. Manichä-
isches und Kabbalislisches verwiesen. Mit
einem Exkurs über Herkunft und Bedeutung
des Kräuselarnaments schließt das Werk.
Der Verfasser vefrügt über eine profunde
Kenntnis des Gesamtbestandes an früher
islamischer Keramik in allen bedeutenden
Sammlungen der Welt. Er theoretisiert nicht.
er geht vielmehr so vor. dafl er das von ihm
erfaßte. in Wien befindliche Material mit dem
anderer Institute sorgfältig vergleicht und
sich besondersin Fragen der Dotierung immer
wieder auf das Urteil von Fachgenossen
beruft. Die hier geübte Zurückhaltung ist
ein deutlich faßbarer Trend der Kunst-
wissenschaft von heute. von Abstraktions-
schemata abzugehen und das Objekt alssolches
in streng positivistischer Weise in den Mittel-
punkt der Diskussion zu stellen.
Ernst Küller
EINGELANGTE BÜCHER
Karoline Padavonoutous. DieWandmalereien
des Xl. Jahrhunderts in den Kirchen A
Panagio torl Chalkeon in Thessaloniki.
120 Seiten. 39 Abb. auf 10 Tafeln. brosch"
Hermann Bühlaus Nachfg. Wien.
Floridus Röhrigi Alle Stifte in Österreich.
Band ll. Leinen. 1967. Verlag Anton Schrull 81.
Co.. Wien-München. S 145m
Ursula Pflstermeister. Verborgene Kostbar-
kelien - Rund urn München lll (Südwest).
..Allgäu und Pfaffenwinkel", 104 Seiten.
48 Abb" Halbleinen. 1967. Verlag Hans Carl,
Nürnberg. DM 9.80