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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIII (1968 / Heft 99)

BUCHBESPRECHUNGEN 
Heinrich susunerin. zccs HOMO. Ein 
Zyklus. zs Zeichnungen mit einsin sisdv von 
Walter Koschatzky. Verlag für lugend 
und Valk. Wien. 1967 
In der Reihe künstlerisch ausgestatteter Bücher 
des Verlages erschien 1967 dieser in Roh- 
lemen gebundene Band. Die Maße 315X 
245 mm lassen eine deutliche Wiedergabe 
zu. überschreiten aber doch nicht das für 
einen Bücherschrank übliche Ausmaß. Walter 
Koschatzkys einführender Text beschäftigt 
sich neben einer Betrachtung des Autors wohl 
sehr zu Recht mil grundsätzlich menschlichen 
Fragen, dd gerade unsere Zeit wieder er- 
schreckende Zeichen von Gewalttätigkeit und 
Bestialität zeigt. Die darauffolgenden Wieder- 
gaben der Federzeichnungen Sussmanns sind 
inspiriert durch eigenes tragisches Erleben in 
deutschen KZs. Ausgelöst wurde die Reihe 
aber durch die Lektüre Mdlopdrles "Kaputt". 
Die reichen Strlchgefüge lassen durchaus 
erkennen, daß der Künstler eine sichere 
Stiftfuhrung hdt. ddß es ihm gelingt, niit 
vielen krausen. locker hingestreuten Linien 
Figuren und Situationen festzuhalten. Es ist 
auch klar ersichtlich, daß durch das immer 
wieder gezeichnete Gebälk dds Elngespannt- 
sein des Menschen in sein schicksol ausge- 
drückt werden soll, Religiöses wird mit 
allgemein Humanem verbunden. Dazu sind 
auch die den einzelnen Blättern zugeordneten 
Zitate aus der Heiligen Schrift. die den 
Graphiken folgen. gedocht. Daß dieses Thema 
aufgegriffen wird. scheint dem Rezensenten 
besonders anerkennenswert, gibt es doch 
heute schon wieder zu viele. die sagen: ..Wl'r 
wissen es schon! Immer diese alten Geschich- 
ten! Laßt uns endlich in Ruhe damit!" Suss- 
rnonn hat dush dn der Ausstellung iiNlemals 
vergessen" leitend mitgearbeitet: es ist sicher. 
daß er dort eine größere Breitenwirkung als 
rriit diesen Graphiken erzielen konnte. 
Auf den letzten drei Seiten finden wir eine 
Biographie des Künstlers mit Aufzählungen 
aller Ausstellungen. Preise und Literatur. 
Die Größenordnung der Schrift auf dem 
Buchdeckel 7 das ECCE HOMO ist halb so 
groß wie der Name Heinrich Sussmann c 
scheint eine Verwechslung zu sein. 
Alois Vogel 
Rolf Kulfzen. Francesco Guardi in der Alten 
Pinakothek München. Verlag Karl Thie- 
mig KG. München 1967. 
Neben einem kurzen Vorwort von Halldor 
Soehner. in dem Guardis Stellung in der 
Schätzung seiner Zeitgenossen und vor 
allem das Zustandekommen des Guardi- 
Kablnetts in der Alten Pinakothek kurz 
angedeutet wird. finden wir in diesem schönen 
Bildband einen ausführlichen EsSaY nzur 
Kunst Francesco Guardis" von Rolf Kultzen. 
Hier wird eingehender über die Familie 
Guardi berichtet. über das verhältnismäßig 
späte Entstehen der Vedute in Venedig und 
über die künstlerischen Zusammenhänge des 
Stils Francesco Guardis, Im Zuge dieses wird 
der Leser milder Arbeitsweise der Vorgänger 
und Zeitgenossen des Künstlers bekannt 
gemacht. slo daß sich ihm ein Bild der Situa- 
tion der venezianischen Malerei jener Zeit 
rundet. 
ln Farbwiedergaben wird jeweils eine Ge- 
samtansicht der Bilder ..Canal Grande bei 
S. Geremia". ..Blick auf den Rialto und den 
Palazzo dei Camerlenghi". ,.Blick auf 
S. Maria delta Salute und die Dogana", 
nVenezianlsches Galakonzert" und ..Tor- 
durchblick" gebracht. Auf jedes dieser Bilder 
geht ein erlduternder Text mit Literatur- 
hinweisen. arbßondngobon und Angaben 
der Vorbesitzer ein. Den Gesamtwiedergaben 
folgen jeweils fünf bis neun rdrbige und 
schwdrzweiile Tafeln von Ausschnitten. auf 
denen die so sehr vom Lichte geprägte Mal- 
weise Guardis besonders deutlich sichtbar 
und seine Pinselführung erkennbar wird. 
Alois Vogel 
woiigdng Bdlzsr. Der junge Ddiirnier und 
seine Kdinptgeliilirleii. Politische Karikatur 
in Frankreich 1m bis lass. 1965 VEB 
Verlag der Kunst. Dresden. zse Seir 
ten. 1 Titelbild, 124 ganzseitige 
Tafeln, 7 Textillustrationen. Ln. 
Dies ist rein vom Druckgraphlschen her 
gesehen eines der schönsten Bücher. das der 
Rezensent je besprechen durfte; die Wieder- 
gabe der Lithos ist von unüberbietbarer 
Vollkommenheit. wozu sicher die Tatsache 
beitrug. daß die Größen der Originale fast 
stets annähernd beibehalten werden konn- 
ten. 
Thema dm Buches ist die Geschichte der 
politischen Karikatur in Frankreich im ersten 
Jahrfünft der dreißiger Jahre des 19. Jahr- 
hunderts; der rote Faden ist die von Charles 
Philipon begründete und von diesem viel- 
seitigen Tolenl redigierte Zeitschrift „l.o 
Caricature". deren erste Nummer am 4. No- 
vember 1830 erschien. während die letzte 
Nummer als Datum den Z7. August 1335 
trdgt. Philipon. u. a. selbst ein begnadeter 
Zeichner und Satiriker, verstand es. eine 
kleine Schar von jungen Schriftstellern und 
Graphikern um sich zu versammeln. deren 
Hauptfahigkeit darin bestand. die Quint- 
essenz einer politischen Situation oder der 
momentanen Handlungsweise einer ex- 
ponierten Persönlichkeit blitzartig zu erfas- 
sen. aufzuzeigen und niederzuzeichnen, 
Bellonge. Bonjdrriin, BOUqUet, occonips, 
Desperret. Forest. Grandville. lulien, Raffet 
und Traviäs sind die wichtigsten Zeichner. 
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.La Caricature" und wenig später 
auch 'r den viel tanglebigeren ..Charivari" 
(: ..Kalzenmusik") arbeiteten und infolge 
ihrer Zivilcourage und ihres geißelnden 
Spottes immer wieder ins Gefängnis mußten 
und hohe Geldstrafen zu zahlen hatten. Bald 
stieß Honore Daumier zu diesem Häuflein 
Unverzagter und arbeitete sich in kürzester 
Zeit zu jener künstlerischen Kraft empor. 
über die Baudelaire bereits 1857 sagen 
konnte: "Daumier hat seine Kunst  zu 
einer ernsthaften Kunst erhoben i ein 
Karikaturisl. der Größe hat," 
Das Zeitalter Louis-Philipps. dessen Wesen 
von Philipon durch das von ihm erfundene 
Birnen-Symbol dargestellt wurde, zeichnete 
sich durch extreme innere Spannungen auf 
sozialer. wirtschaftlicher und politischer 
Ebene aus: schwer genug mußte sich die 
junge Demokratie gegen Traditionalisrnus. 
Korruption und Trägheit durchsetzen. Blutig 
niedergeschlagene Arbeiteraufstände in Lvon. 
mehr als zweifelhafte Schauprozesse und eine 
in außenpolitischer Hinsicht geradezu lüppi- 
sche Politik des Aopeosenients lieferten den 
Leuten der "Caricature" Stoff genug für ihre 
bitterbösen und dennoch vom Geiste tiefer 
Humanität getragenen Angriffe. 
Der Verfasser. der seit den zwanziger Jahren 
um das Zustandekommen der nunmehr 
endlich vorliegenden Publikation bemüht 
war. verstand es nicht nur. die zeitgßchicht- 
lichcn und biographischen Voraussetzungen 
treffsicher Zu charakterisieren. er lieferte 
auch wesentliche Deutungen des Werkes des 
jungen Daumier. das er vor uns in seiner 
immerwährenden Aktualität auferstehen läßt. 
Ernst Köller 
Walter Koschatzky. l-ions rronius, Zeich- 
nungen und Gemälde. Verlag Galerie 
Welz. Salzburg (1967). es Seiten, 
st Schwarzweiß-Abbildungen. XII 
Farbtafeln. 
wohl schon unzählige Male ist dusgesprochisn 
worden, daß Fronius. der heuer sein 65. Le- 
bensjohr vollendet, Erbe und legaler Nach- 
folger Alfred Kubins ist. Und in der Tat ist 
es fast nur die Technik. sind es die Medien. 
durch die sich die beiden Meister unter- 
scheiden. Auch ist Fronius urbaner. welt- 
offener. indnchrnbl sogar (im guten Wortsinn) 
nmondäner" als Kubin - sicherlich eine 
Generationsfrage. 
Grundsätzlich unterscheidet sich Fronius von 
Kubin dadurch. daß er in relativ vorge- 
schrittenern Lebensalter sich das Gebiet der 
Ölmalerei eroberte. ohne jedoch auch nur 
im geringsten aufzuhören. die graphischen 
Schaffenskomponenten zu vernachlässigen. 
Fronius indlt ersl seit etwa einem Jahrfünft. 
aber die Entwicklung. die er in diesem Zelt- 
rduni genommen hat ist überraschend; sie 
führt von - relati i zügernden Anfängen 
zu jener Souveränltat. mit der Fronius auch 
die graphischen Medien beherrscht. 
Adäauater Text von Walter Koschatzky. 
Ernst Köller 
 
EI Lissttzky e Mdlsr, Arsht kt. Typdgrdl. 
rologrnl - Erinnerungen. Briets. schritten. 
übergeben von sopliie Lissitzkv-Kiippsrs. 
VEB Verlag der Kunst. Dresden 1967. 
407 Seiten. 
Dieses mit 147 zum größten Tell farbigen 
Tafeln sowie mit sehr vielen Photographien, 
die den Künstler und seine Zeitgenossen in 
den verschiedensten Lebensabschnitten zeigen. 
ausgestattete Buch ist in vieler Hinsicht eine 
wesentliche Dokumentation. So sind schon 
die Erinnerungen der Frau des 1941 ver- 
storbenen Künstlers. die heute in Nowo- 
sibirsk lebt und die kurz nach dem ersten 
Weltkrieg Lissitzkv das erstemal begegnete, 
sehr aufschluflreich. Die Witwe nach dem 
ersten künstlerischen Leiter der Kestner- 
Gesellschaft. Dr. Paul Erich Küppers. eine 
sicher sehr gebildete und, nach allem, wovon 
sie berichtet. ciuch sehr weltgewandte Dame. 
schildert hier in einem oft peinlich rührenden. 
etwas hausbctckenen Stil einige Stationen aus 
dem Leben ihres zweiten Mannes. Wir er- 
fahren in diesem Zusammenhang etwa. daß 
das Berlin von 1920 von Russen wimmeltel 
Daß "die sonst so nüchterne. häfiliche Stadt 
durch sie farbiger geworden (war)." wir 
horch von Lissitzkvs Begegnungen mit fast 
allen Größen der bildenden Kunst jener so 
sehr bewegten Zeit. Wir werden Über seine 
ersten Anstellungen und über das Entstehen 
der ,.Proun-Mappe" informiert und lesen 
erstaunt. daß diese "Umsteigstationen aus der 
Malerei zur Architektur wie sie der Künst- 
ler nannte. manches Helm. so auch das der 
Autorin. "schmückten". Einige Seiten vorher 
wird von den Entwürfen und Schriften 
Lissitzkvs geschrieben und daß er voller 
Ahnungen von den ungeheuren Erfindungen 
war. ie in den fast 25 Jahren nach seinem 
Tode ie Erde klein werden ließen und das 
Weltall zum Spazierengehen (l) geöffnet 
haben". Wir sind überhaupt. und besonders 
im Zusammenhang mit Lissitzky. über die 
Terminologie in diesem Text befremdet. 
Trotzdem. es ist sehr interessant, die einzelnen 
Lebensstationen des Künstlers zu verfolgen. 
Besonders die immer wieder, manchmal über 
lange Strecken. eingefügten Briefe lassen uns 
die ganze Tragödie dieses Lebens offenbar 
werden. Denn daß es sich um eine Tragödie 
hondelt. zeigen uns auch die Wiedergaben 
seiner Werke auf gutem Kunstdruckpapier: 
Beispiele aus allen Schaffensperioden und 
  
 
-bereichen dieses vielseitigen Menschen. Frühe. 
vom Jugendstil beeinflußte Illustrationen zu 
Märchenbüchern. von Chagall inspirierte 
Graphiken leiten ein, Der Hauptteil ist zu 
Recht den "Prounen" gewidmet. Besonders 
wird uns dabei die Räumlichkeit seiner kon- 
struktiven Formen bewußt. und er selbst 
weist im Text auf den Unterschied zu Male- 
witschs flachigeren Arbeitsweise hin. 
Aus rein ideologischen Gründen wandte sich 
EI Lissitzkv. der gelernte Architekt. aber der 
proktischen Seite der Gestaltung zu. Es ent- 
stehen Plakate. Bucheinbände. Ausstellungs- 
rndntdgen. und hier sehen wir eine erschüt- 
ternde Wandlung. Wie fortschrittlich. wie 
sehr seiner Zeit voraus waren die grdphischen 
Gestaltungen des Kiinstlers in den zwanzlger 
Jahren. und wie ging es schritt riir Scllrltt 
zurück. um mit den letzten von ihm geschaf- 
fenen Plakat, .,Schafft mehr Tanks". aus dem 
Jahre 1941. das Niveau konterrevolutionärer 
Propagandaanschlcige zu erreichen. Ahnllch 
verhält es sich niit den Ausstellungsgestaltun- 
gen, Großartig: der Demonstrationsraum 
auf der Internationalen Kunstausstellung in 
Dresden 1926. Von ebensolcher Gute der 
192a in Hannover. Auch die ..Pressa"- 
Ausstellung der USSR1928 in Koln zeigt uns 
noch in vielen Details den großen Gestalter. 
ebenso vieles der internationalen Hygiene- 
Ausstellung 1930 in Dresden; doch was. rrdgt 
rndn, hdt der Lissitzky der . emonstrations- 
räume" mit Beispielen wie Die Presse und 
die Sowjetfrau" oder "Arbeiter- und Bauern- 
korrespondent" zu tun? Daß er aber zur 
selben Zeit noch lebte. zeigen uns die Photos 
von dem Modell für das Theater Meverhold 
1929. Kühn und schwungvoll laufen die 
Rampen und Treppen; die Bühne ist in die 
Mitte des Zuschauerraums verlegt. Doch das 
Stück, für das es gedacht war. wurde nicht 
aufgeführt. das Modell des Theaters zerstört. 
Und damit kommen wir zu einigen Wendun- 
gen im Text der Sophie Lissitzky-Küppers 
zurück. die sich immer wiederholen: Konnte 
nicht aufgeführt werden  verhinderten. 
das interessante Kinderbuch zu Ende zu 
führen . ., der Entwurf ging verloren  
das Ori inal ist verschollen . die Aus- 
führung wurde nicht nach d m Entwurf 
durchgeführt. So oder ähnlich lauten viele 
Berichte über gute Entwürfe. bsonders auf 
architektonischem Gebiet. Denn auch hie 
welch Weg von dem .,Wolkenbügelprojekt" 
1924125 zum "Entwurf für den Sowjetpavillon 
auf der Ausstellung in Belgrad" 1940i 
Der Band wird wieder mit Texten geschlos- 
sen. Zuerst kommt Lissitzky selbst zu Wort: 
..Persänliches". „Der Suprematismus des 
Weltaufbous". .,Prounen" und andere theo- 
retische Schriften. Besonders letztere sind uns 
wertvoll. etwa ..K. und Pangeometrie"! Doch 
gerade in einigen dieser Artikel und Vorträge 
wird uns auch schon die Zwiespaltlgkeit. die 
zu allem Spateren führte. bewufit. Einerseits: 
..Ein Zeichen wird gestaltet. viel später be- 
kommt es seinen Namen. und sein Sinn wird 
noch später klar. So Verstehen wir nicht alle 
Zeichen. die Gestaltungen. die der Künstler 
schafft ..." Anderseits: ..Alle Errungen- 
schaffen und Erfahrungen der oben geschil- 
derten Gruppen haben ihre Auswirkungen 
in der Gestaltung der Städte für die großen 
Feste gefunden  Was hier bleibt. ist 
Dekoration, Und das spricht schließlich auf 
der vorletzten Seite ihrer Ausführungen die 
Herausgeberin bei der Erwähnung der Bel- 
grader Ausstellung 1940 auch wörtlich aus: 
..Die Exponate waren in einem neuen. deko- 
rativen Stil gehalten." Das schwarze Quadrat 
Matewitschs, zu dem sich Lissilzky bekannte, 
wurde von einer Epoche des Plüschs in der 
UdSSR abgelost. über die man in Dresden 
und vielleicht auch noch wo anders nicht 
gerne spricht und die jetzt. dank solcher und 
ähnlicher Veröffentlichungen wie das vor- 
liegende Werk. hoffentlich endgültig über- 
wunden wird, Die "Verbrauchskunsl". die 
Kunst der Plakatwände und des Konsums, 
von der Lissitzkv schon trüumte. wurde freilich 
nicht in der neuen Gesellschaft des Ostens. 
sondern in einer neuen Gesellschaft des 
Westens im POP und dergleichen weiter- 
entwickelt. 
Der letzte Abschnitt des Buches bringt aus- 
gezeichnete fachliche Betrachtungen über 
issitzky und sein Werk aus der Zeit von 1922 
bis1966. Der Anhang fußt eine Bibliographie. 
ein Abbildungsverzeichnis. den Bildernach- 
weis und ein Personenregister. 
  
 
Aloisvogel 
Giuseppe Marchio . Miitisse. w. Kohl- 
hammer Verla. stuttgort. Berlin. 
Köln. Mainz. 1 67. 135 Seiten. 
Der Schwerpunkt dieses Werkes ist eindeutig 
auf das Bildmaterial konzentriert. 119 Ab- 
bildungen zeigen zum Teil den Meister in ver- 
schiedenen Lebensabschnitten. ebenso einige 
seiner Zeitgenossen. zum größten Teil aber 
natürlich die Werke dä Künstlers. diese oft 
ouch in Farbwiedergaben, zu Beginn des 
Bandes sind einige kunstgeschichtlich schr 
interessante Photos gebracht. die durch ihre 
Verwandtschaft mit den Kunstwerken jener 
Epochen besonders reizvoll sind und von der 
Leistung der frühen Photographie Zeuqnis 
ablegen. Auch im Text ist viel von jener Zeit 
eingefangen. hier tragen bstonders viel die 
Aussprüche bekannter Dichter, Marcel Praust. 
Mallarmä. Baudelaire und Apoltinaire. die 
oft zitiert werden. dazu bei. Die Beeinflussung 
durch den Jugendstil und damit die Neigung 
des Künstlers zum Dekorativen wird ange- 
deutet. Hauptsächlich bleibt jedoch der Text 
in anekdotlschen Bereichen. Sehroberflüchlich 
werden Vergleiche zu Picasso. Delaunay und 
anderen Zeitgenossen gezogen. Über die 
Linie. die in Motisses Schaffen so wichtig ist. 
wird fast nichts gesogt. Auch apodiktische 
Formulierungen wie jene, ddß sich in den 
Dekompositionen Picassos und Braaues. in 
den aufgeregten Bildern der Futuristen, in 
Strowinskys Musik und in den Feuerrädern 
Delaunays nichts von den großen Umwälzun- 
gen im weltpolitischen Geschehen onkundigt, 
kann man auf keinen Fall bejahen. Wetters 
ist die Bezeichnung Skulpturen für die Plastik 
des Künstlers unrichtig. Es hdndelt sich dobei 
doch durchwegs uin Güsse. Mitten in diesem 
Text rinden wir aber wieder so wesentliche 
Sätze zitiert wie jene: ,.Durch stdrkere ver- 
absolutierung und Abstraktion erhalte ich 
eine ClufS Wesentliche reduzierte Form: ich 
habe von dem Gegenstand, den ich früher 
im Zusammenhang rnlt seiner Umgebung 
dargestellt habe, des Zeichen bewahrt. das 
ausreicht und notwendig ist  Doch_es 
geht gleich wieder weiter:  .. Der Kricg 
ist ganz in seine Nähe gekommen . .  Dieses 
Verfließen von künstlerisch Wesentlichem 
und Story. wobei letztere bei der Beschrei- 
bung der Arbeit an der Kapelle von Vence 
fast schon zum Kldtsch ausartet. nimmt dem 
Buch jeden ernsthdtten Aspekt und macht es 
zu einem der vielen Kunstbilderbücher für 
den bürgerlichen Hausgebrauch. Dafurspricht 
duch. daß von keinem abgebildeten werk 
die Maße angegeben sind. dafür spricht. daß 
kein Register ein Nachschlagen ermoglicht, 
und schließlich auch die unvollständige Biblio- 
graphie. Alols Vogel 
schritten des Museums des zu. Jahrhunderts, 
Wien: z. Herbert Boeckl. Zeichnungen und 
Aquarelle. Ausgewählt und eingeleitet von 
VtfernerHafmanmVerlag Brüder Rosen- 
baum. Wien (1969). 71. Seiten. 57 
z. T. farbige Bildtafeln. Ln. 
Der kurze Einleltungstext von Werner Hof- 
mann glbt eine kndppe, prdgnonte und tief- 
schürfende Analyse der Zeichen- und Aqua- 
rellkunst Boeckls. Hofmann geht von der 
Feststellung aus, daß selt der Goethezeit die 
offene. spontane. skizzenhafte. scheinbar 
ungesteuerle Forni als höchste Bewertungs- 
kategorie von Zeichnungen und Aquarellen 
diente. wobei man wenig Unterschied zwi- 
schen Gezieltem und ..Passiertem" machte. 
Bei Boeckl geht nun nichts in vdge, seine 
Zeichnungen sind keine ungesteuerten Kritze- 
leien. sondern ihnen liegen klare Form- 
vorstellungen zugrunde. die jederzeit nach- 
weisbar sind. Der junge Boeckl. der fünf- 
undzwanzigjährig ous dem 1 Weltkrieg 
heimkehrt. setzt nicht etwa beim "Cloisonnis- 
mus" Klirnts oder Schietes an, sondern geht 
von ltdurnvorstellungen und Raumkernen GUS: 
jedem Blatt liegt ein bestimmtes. in alle 
Dimensionen sich verströmendes Kraftfeld 
zugrunde. ln der mittleren Schaffensperiode 
Boeckls setzt sich architektonisch-kristallini- 
sches Denken durch: daneben beweisen aber 
die ,.Anatomie"-Sludlen. wie sehr sich Boeckl 
auch doindls init der Aufklüftung der ge- 
schlossenen Form beschäftigte. Das zeich- 
nerische und aquarellistische Spatwerk stellt 
den gelungenen versuch einer Synthese sanit- 
licher angeschlagener Möglichkeiten ddr. 
Ernst Köller 
Rudolf Litt. Kunst und Künstler in der siet 
indrk. ein Nachschlagwerk. Zweite Lie- 
terung. oo. Landesverlag iiied im 
Innkreis. 196a. 
Der Autor hat aus den nicht zuletzt von uns 
geübten kritischen Anmerkungen zur ersten 
Lieferung seines Nachschlagebuchs die Kon- 
seguenzen gezogen und in den bereits fertigen 
Satz nach so manches einkorrigiert. was 
ursprünglich nicht vorgesehen wdr. Die 
Literaturangaben wurden wesentlic inten- 
siviert. und auch die Nachweise über die 
Sammlungen. in denen sich die Kunstwerke 
befinden. sind kompletter geworden. Von 
besonderer Bedeutung ist diesmal der Tafel- 
teil. der u.a. eine Bildbeilage ..Die Kunst 
der Carlone" umfaßt. 
Lists Werk umfafll i und das sei hier aus- 
drücklich wiederholt - nicht nur Künstler, 
die irn engeren Sinne des Wortes Sleirer s" d 
oder waren, sondern auch zahlreiche sch 
ferische oder forschend tätige Geister. die in 
irgendeiner Beziehung zur Steiermark stan- 
den und stehen. wie etwa Oto Bihalij-Merin. 
Giovanni da Bologna oder Politiker und 
Beamte. die in der Steiermark auf dem 
kulturellen Sektor tätig sind. Die Grenzen 
regionaler Beschränkung sind gesprengt. 
und der Beweis wurde geliefert. wie sehr 
das Land Steiermark mit der allgemeinen 
Weltentwicklung der Kunst verzahnt ist und 
war. Ernst Köller 
 
 
EINGELANGTE BÜCHER 
Ursula Pflstermeister. Verborgene Kostbar- 
ketten. Bd. 7. Rund Um Augsburg. 104 Seiten. 
48 Abb„ Hbl.. 196a. Verlag Hans Carl. 
Nürnberg. DM aso 
Hans Weigert, Kleine Kunstgeschichte Euro- 
pos. 335 Seiten. zahlreiche Abb.. Leinen. tiase. 
Verlag w. Kohlhammer Ges.m.b.H., stutt- 
gcirt 
AdolfSchahl, Felix Hollenberg - Dasgraphi- 
sche Werk. 114 Seiten mit werkvsrzeichnis. 
3a Abb.. Leinen, 196a. Verlag Karl Thiernig 
KG. München. DM 12.90 

	        
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