BUCHBESPRECHUNGEN
Heinrich susunerin. zccs HOMO. Ein
Zyklus. zs Zeichnungen mit einsin sisdv von
Walter Koschatzky. Verlag für lugend
und Valk. Wien. 1967
In der Reihe künstlerisch ausgestatteter Bücher
des Verlages erschien 1967 dieser in Roh-
lemen gebundene Band. Die Maße 315X
245 mm lassen eine deutliche Wiedergabe
zu. überschreiten aber doch nicht das für
einen Bücherschrank übliche Ausmaß. Walter
Koschatzkys einführender Text beschäftigt
sich neben einer Betrachtung des Autors wohl
sehr zu Recht mil grundsätzlich menschlichen
Fragen, dd gerade unsere Zeit wieder er-
schreckende Zeichen von Gewalttätigkeit und
Bestialität zeigt. Die darauffolgenden Wieder-
gaben der Federzeichnungen Sussmanns sind
inspiriert durch eigenes tragisches Erleben in
deutschen KZs. Ausgelöst wurde die Reihe
aber durch die Lektüre Mdlopdrles "Kaputt".
Die reichen Strlchgefüge lassen durchaus
erkennen, daß der Künstler eine sichere
Stiftfuhrung hdt. ddß es ihm gelingt, niit
vielen krausen. locker hingestreuten Linien
Figuren und Situationen festzuhalten. Es ist
auch klar ersichtlich, daß durch das immer
wieder gezeichnete Gebälk dds Elngespannt-
sein des Menschen in sein schicksol ausge-
drückt werden soll, Religiöses wird mit
allgemein Humanem verbunden. Dazu sind
auch die den einzelnen Blättern zugeordneten
Zitate aus der Heiligen Schrift. die den
Graphiken folgen. gedocht. Daß dieses Thema
aufgegriffen wird. scheint dem Rezensenten
besonders anerkennenswert, gibt es doch
heute schon wieder zu viele. die sagen: ..Wl'r
wissen es schon! Immer diese alten Geschich-
ten! Laßt uns endlich in Ruhe damit!" Suss-
rnonn hat dush dn der Ausstellung iiNlemals
vergessen" leitend mitgearbeitet: es ist sicher.
daß er dort eine größere Breitenwirkung als
rriit diesen Graphiken erzielen konnte.
Auf den letzten drei Seiten finden wir eine
Biographie des Künstlers mit Aufzählungen
aller Ausstellungen. Preise und Literatur.
Die Größenordnung der Schrift auf dem
Buchdeckel 7 das ECCE HOMO ist halb so
groß wie der Name Heinrich Sussmann c
scheint eine Verwechslung zu sein.
Alois Vogel
Rolf Kulfzen. Francesco Guardi in der Alten
Pinakothek München. Verlag Karl Thie-
mig KG. München 1967.
Neben einem kurzen Vorwort von Halldor
Soehner. in dem Guardis Stellung in der
Schätzung seiner Zeitgenossen und vor
allem das Zustandekommen des Guardi-
Kablnetts in der Alten Pinakothek kurz
angedeutet wird. finden wir in diesem schönen
Bildband einen ausführlichen EsSaY nzur
Kunst Francesco Guardis" von Rolf Kultzen.
Hier wird eingehender über die Familie
Guardi berichtet. über das verhältnismäßig
späte Entstehen der Vedute in Venedig und
über die künstlerischen Zusammenhänge des
Stils Francesco Guardis, Im Zuge dieses wird
der Leser milder Arbeitsweise der Vorgänger
und Zeitgenossen des Künstlers bekannt
gemacht. slo daß sich ihm ein Bild der Situa-
tion der venezianischen Malerei jener Zeit
rundet.
ln Farbwiedergaben wird jeweils eine Ge-
samtansicht der Bilder ..Canal Grande bei
S. Geremia". ..Blick auf den Rialto und den
Palazzo dei Camerlenghi". ,.Blick auf
S. Maria delta Salute und die Dogana",
nVenezianlsches Galakonzert" und ..Tor-
durchblick" gebracht. Auf jedes dieser Bilder
geht ein erlduternder Text mit Literatur-
hinweisen. arbßondngobon und Angaben
der Vorbesitzer ein. Den Gesamtwiedergaben
folgen jeweils fünf bis neun rdrbige und
schwdrzweiile Tafeln von Ausschnitten. auf
denen die so sehr vom Lichte geprägte Mal-
weise Guardis besonders deutlich sichtbar
und seine Pinselführung erkennbar wird.
Alois Vogel
woiigdng Bdlzsr. Der junge Ddiirnier und
seine Kdinptgeliilirleii. Politische Karikatur
in Frankreich 1m bis lass. 1965 VEB
Verlag der Kunst. Dresden. zse Seir
ten. 1 Titelbild, 124 ganzseitige
Tafeln, 7 Textillustrationen. Ln.
Dies ist rein vom Druckgraphlschen her
gesehen eines der schönsten Bücher. das der
Rezensent je besprechen durfte; die Wieder-
gabe der Lithos ist von unüberbietbarer
Vollkommenheit. wozu sicher die Tatsache
beitrug. daß die Größen der Originale fast
stets annähernd beibehalten werden konn-
ten.
Thema dm Buches ist die Geschichte der
politischen Karikatur in Frankreich im ersten
Jahrfünft der dreißiger Jahre des 19. Jahr-
hunderts; der rote Faden ist die von Charles
Philipon begründete und von diesem viel-
seitigen Tolenl redigierte Zeitschrift „l.o
Caricature". deren erste Nummer am 4. No-
vember 1830 erschien. während die letzte
Nummer als Datum den Z7. August 1335
trdgt. Philipon. u. a. selbst ein begnadeter
Zeichner und Satiriker, verstand es. eine
kleine Schar von jungen Schriftstellern und
Graphikern um sich zu versammeln. deren
Hauptfahigkeit darin bestand. die Quint-
essenz einer politischen Situation oder der
momentanen Handlungsweise einer ex-
ponierten Persönlichkeit blitzartig zu erfas-
sen. aufzuzeigen und niederzuzeichnen,
Bellonge. Bonjdrriin, BOUqUet, occonips,
Desperret. Forest. Grandville. lulien, Raffet
und Traviäs sind die wichtigsten Zeichner.
56
.La Caricature" und wenig später
auch 'r den viel tanglebigeren ..Charivari"
(: ..Kalzenmusik") arbeiteten und infolge
ihrer Zivilcourage und ihres geißelnden
Spottes immer wieder ins Gefängnis mußten
und hohe Geldstrafen zu zahlen hatten. Bald
stieß Honore Daumier zu diesem Häuflein
Unverzagter und arbeitete sich in kürzester
Zeit zu jener künstlerischen Kraft empor.
über die Baudelaire bereits 1857 sagen
konnte: "Daumier hat seine Kunst zu
einer ernsthaften Kunst erhoben i ein
Karikaturisl. der Größe hat,"
Das Zeitalter Louis-Philipps. dessen Wesen
von Philipon durch das von ihm erfundene
Birnen-Symbol dargestellt wurde, zeichnete
sich durch extreme innere Spannungen auf
sozialer. wirtschaftlicher und politischer
Ebene aus: schwer genug mußte sich die
junge Demokratie gegen Traditionalisrnus.
Korruption und Trägheit durchsetzen. Blutig
niedergeschlagene Arbeiteraufstände in Lvon.
mehr als zweifelhafte Schauprozesse und eine
in außenpolitischer Hinsicht geradezu lüppi-
sche Politik des Aopeosenients lieferten den
Leuten der "Caricature" Stoff genug für ihre
bitterbösen und dennoch vom Geiste tiefer
Humanität getragenen Angriffe.
Der Verfasser. der seit den zwanziger Jahren
um das Zustandekommen der nunmehr
endlich vorliegenden Publikation bemüht
war. verstand es nicht nur. die zeitgßchicht-
lichcn und biographischen Voraussetzungen
treffsicher Zu charakterisieren. er lieferte
auch wesentliche Deutungen des Werkes des
jungen Daumier. das er vor uns in seiner
immerwährenden Aktualität auferstehen läßt.
Ernst Köller
Walter Koschatzky. l-ions rronius, Zeich-
nungen und Gemälde. Verlag Galerie
Welz. Salzburg (1967). es Seiten,
st Schwarzweiß-Abbildungen. XII
Farbtafeln.
wohl schon unzählige Male ist dusgesprochisn
worden, daß Fronius. der heuer sein 65. Le-
bensjohr vollendet, Erbe und legaler Nach-
folger Alfred Kubins ist. Und in der Tat ist
es fast nur die Technik. sind es die Medien.
durch die sich die beiden Meister unter-
scheiden. Auch ist Fronius urbaner. welt-
offener. indnchrnbl sogar (im guten Wortsinn)
nmondäner" als Kubin - sicherlich eine
Generationsfrage.
Grundsätzlich unterscheidet sich Fronius von
Kubin dadurch. daß er in relativ vorge-
schrittenern Lebensalter sich das Gebiet der
Ölmalerei eroberte. ohne jedoch auch nur
im geringsten aufzuhören. die graphischen
Schaffenskomponenten zu vernachlässigen.
Fronius indlt ersl seit etwa einem Jahrfünft.
aber die Entwicklung. die er in diesem Zelt-
rduni genommen hat ist überraschend; sie
führt von - relati i zügernden Anfängen
zu jener Souveränltat. mit der Fronius auch
die graphischen Medien beherrscht.
Adäauater Text von Walter Koschatzky.
Ernst Köller
EI Lissttzky e Mdlsr, Arsht kt. Typdgrdl.
rologrnl - Erinnerungen. Briets. schritten.
übergeben von sopliie Lissitzkv-Kiippsrs.
VEB Verlag der Kunst. Dresden 1967.
407 Seiten.
Dieses mit 147 zum größten Tell farbigen
Tafeln sowie mit sehr vielen Photographien,
die den Künstler und seine Zeitgenossen in
den verschiedensten Lebensabschnitten zeigen.
ausgestattete Buch ist in vieler Hinsicht eine
wesentliche Dokumentation. So sind schon
die Erinnerungen der Frau des 1941 ver-
storbenen Künstlers. die heute in Nowo-
sibirsk lebt und die kurz nach dem ersten
Weltkrieg Lissitzkv das erstemal begegnete,
sehr aufschluflreich. Die Witwe nach dem
ersten künstlerischen Leiter der Kestner-
Gesellschaft. Dr. Paul Erich Küppers. eine
sicher sehr gebildete und, nach allem, wovon
sie berichtet. ciuch sehr weltgewandte Dame.
schildert hier in einem oft peinlich rührenden.
etwas hausbctckenen Stil einige Stationen aus
dem Leben ihres zweiten Mannes. Wir er-
fahren in diesem Zusammenhang etwa. daß
das Berlin von 1920 von Russen wimmeltel
Daß "die sonst so nüchterne. häfiliche Stadt
durch sie farbiger geworden (war)." wir
horch von Lissitzkvs Begegnungen mit fast
allen Größen der bildenden Kunst jener so
sehr bewegten Zeit. Wir werden Über seine
ersten Anstellungen und über das Entstehen
der ,.Proun-Mappe" informiert und lesen
erstaunt. daß diese "Umsteigstationen aus der
Malerei zur Architektur wie sie der Künst-
ler nannte. manches Helm. so auch das der
Autorin. "schmückten". Einige Seiten vorher
wird von den Entwürfen und Schriften
Lissitzkvs geschrieben und daß er voller
Ahnungen von den ungeheuren Erfindungen
war. ie in den fast 25 Jahren nach seinem
Tode ie Erde klein werden ließen und das
Weltall zum Spazierengehen (l) geöffnet
haben". Wir sind überhaupt. und besonders
im Zusammenhang mit Lissitzky. über die
Terminologie in diesem Text befremdet.
Trotzdem. es ist sehr interessant, die einzelnen
Lebensstationen des Künstlers zu verfolgen.
Besonders die immer wieder, manchmal über
lange Strecken. eingefügten Briefe lassen uns
die ganze Tragödie dieses Lebens offenbar
werden. Denn daß es sich um eine Tragödie
hondelt. zeigen uns auch die Wiedergaben
seiner Werke auf gutem Kunstdruckpapier:
Beispiele aus allen Schaffensperioden und
-bereichen dieses vielseitigen Menschen. Frühe.
vom Jugendstil beeinflußte Illustrationen zu
Märchenbüchern. von Chagall inspirierte
Graphiken leiten ein, Der Hauptteil ist zu
Recht den "Prounen" gewidmet. Besonders
wird uns dabei die Räumlichkeit seiner kon-
struktiven Formen bewußt. und er selbst
weist im Text auf den Unterschied zu Male-
witschs flachigeren Arbeitsweise hin.
Aus rein ideologischen Gründen wandte sich
EI Lissitzkv. der gelernte Architekt. aber der
proktischen Seite der Gestaltung zu. Es ent-
stehen Plakate. Bucheinbände. Ausstellungs-
rndntdgen. und hier sehen wir eine erschüt-
ternde Wandlung. Wie fortschrittlich. wie
sehr seiner Zeit voraus waren die grdphischen
Gestaltungen des Kiinstlers in den zwanzlger
Jahren. und wie ging es schritt riir Scllrltt
zurück. um mit den letzten von ihm geschaf-
fenen Plakat, .,Schafft mehr Tanks". aus dem
Jahre 1941. das Niveau konterrevolutionärer
Propagandaanschlcige zu erreichen. Ahnllch
verhält es sich niit den Ausstellungsgestaltun-
gen, Großartig: der Demonstrationsraum
auf der Internationalen Kunstausstellung in
Dresden 1926. Von ebensolcher Gute der
192a in Hannover. Auch die ..Pressa"-
Ausstellung der USSR1928 in Koln zeigt uns
noch in vielen Details den großen Gestalter.
ebenso vieles der internationalen Hygiene-
Ausstellung 1930 in Dresden; doch was. rrdgt
rndn, hdt der Lissitzky der . emonstrations-
räume" mit Beispielen wie Die Presse und
die Sowjetfrau" oder "Arbeiter- und Bauern-
korrespondent" zu tun? Daß er aber zur
selben Zeit noch lebte. zeigen uns die Photos
von dem Modell für das Theater Meverhold
1929. Kühn und schwungvoll laufen die
Rampen und Treppen; die Bühne ist in die
Mitte des Zuschauerraums verlegt. Doch das
Stück, für das es gedacht war. wurde nicht
aufgeführt. das Modell des Theaters zerstört.
Und damit kommen wir zu einigen Wendun-
gen im Text der Sophie Lissitzky-Küppers
zurück. die sich immer wiederholen: Konnte
nicht aufgeführt werden verhinderten.
das interessante Kinderbuch zu Ende zu
führen . ., der Entwurf ging verloren
das Ori inal ist verschollen . die Aus-
führung wurde nicht nach d m Entwurf
durchgeführt. So oder ähnlich lauten viele
Berichte über gute Entwürfe. bsonders auf
architektonischem Gebiet. Denn auch hie
welch Weg von dem .,Wolkenbügelprojekt"
1924125 zum "Entwurf für den Sowjetpavillon
auf der Ausstellung in Belgrad" 1940i
Der Band wird wieder mit Texten geschlos-
sen. Zuerst kommt Lissitzky selbst zu Wort:
..Persänliches". „Der Suprematismus des
Weltaufbous". .,Prounen" und andere theo-
retische Schriften. Besonders letztere sind uns
wertvoll. etwa ..K. und Pangeometrie"! Doch
gerade in einigen dieser Artikel und Vorträge
wird uns auch schon die Zwiespaltlgkeit. die
zu allem Spateren führte. bewufit. Einerseits:
..Ein Zeichen wird gestaltet. viel später be-
kommt es seinen Namen. und sein Sinn wird
noch später klar. So Verstehen wir nicht alle
Zeichen. die Gestaltungen. die der Künstler
schafft ..." Anderseits: ..Alle Errungen-
schaffen und Erfahrungen der oben geschil-
derten Gruppen haben ihre Auswirkungen
in der Gestaltung der Städte für die großen
Feste gefunden Was hier bleibt. ist
Dekoration, Und das spricht schließlich auf
der vorletzten Seite ihrer Ausführungen die
Herausgeberin bei der Erwähnung der Bel-
grader Ausstellung 1940 auch wörtlich aus:
..Die Exponate waren in einem neuen. deko-
rativen Stil gehalten." Das schwarze Quadrat
Matewitschs, zu dem sich Lissilzky bekannte,
wurde von einer Epoche des Plüschs in der
UdSSR abgelost. über die man in Dresden
und vielleicht auch noch wo anders nicht
gerne spricht und die jetzt. dank solcher und
ähnlicher Veröffentlichungen wie das vor-
liegende Werk. hoffentlich endgültig über-
wunden wird, Die "Verbrauchskunsl". die
Kunst der Plakatwände und des Konsums,
von der Lissitzkv schon trüumte. wurde freilich
nicht in der neuen Gesellschaft des Ostens.
sondern in einer neuen Gesellschaft des
Westens im POP und dergleichen weiter-
entwickelt.
Der letzte Abschnitt des Buches bringt aus-
gezeichnete fachliche Betrachtungen über
issitzky und sein Werk aus der Zeit von 1922
bis1966. Der Anhang fußt eine Bibliographie.
ein Abbildungsverzeichnis. den Bildernach-
weis und ein Personenregister.
Aloisvogel
Giuseppe Marchio . Miitisse. w. Kohl-
hammer Verla. stuttgort. Berlin.
Köln. Mainz. 1 67. 135 Seiten.
Der Schwerpunkt dieses Werkes ist eindeutig
auf das Bildmaterial konzentriert. 119 Ab-
bildungen zeigen zum Teil den Meister in ver-
schiedenen Lebensabschnitten. ebenso einige
seiner Zeitgenossen. zum größten Teil aber
natürlich die Werke dä Künstlers. diese oft
ouch in Farbwiedergaben, zu Beginn des
Bandes sind einige kunstgeschichtlich schr
interessante Photos gebracht. die durch ihre
Verwandtschaft mit den Kunstwerken jener
Epochen besonders reizvoll sind und von der
Leistung der frühen Photographie Zeuqnis
ablegen. Auch im Text ist viel von jener Zeit
eingefangen. hier tragen bstonders viel die
Aussprüche bekannter Dichter, Marcel Praust.
Mallarmä. Baudelaire und Apoltinaire. die
oft zitiert werden. dazu bei. Die Beeinflussung
durch den Jugendstil und damit die Neigung
des Künstlers zum Dekorativen wird ange-
deutet. Hauptsächlich bleibt jedoch der Text
in anekdotlschen Bereichen. Sehroberflüchlich
werden Vergleiche zu Picasso. Delaunay und
anderen Zeitgenossen gezogen. Über die
Linie. die in Motisses Schaffen so wichtig ist.
wird fast nichts gesogt. Auch apodiktische
Formulierungen wie jene, ddß sich in den
Dekompositionen Picassos und Braaues. in
den aufgeregten Bildern der Futuristen, in
Strowinskys Musik und in den Feuerrädern
Delaunays nichts von den großen Umwälzun-
gen im weltpolitischen Geschehen onkundigt,
kann man auf keinen Fall bejahen. Wetters
ist die Bezeichnung Skulpturen für die Plastik
des Künstlers unrichtig. Es hdndelt sich dobei
doch durchwegs uin Güsse. Mitten in diesem
Text rinden wir aber wieder so wesentliche
Sätze zitiert wie jene: ,.Durch stdrkere ver-
absolutierung und Abstraktion erhalte ich
eine ClufS Wesentliche reduzierte Form: ich
habe von dem Gegenstand, den ich früher
im Zusammenhang rnlt seiner Umgebung
dargestellt habe, des Zeichen bewahrt. das
ausreicht und notwendig ist Doch_es
geht gleich wieder weiter: .. Der Kricg
ist ganz in seine Nähe gekommen . . Dieses
Verfließen von künstlerisch Wesentlichem
und Story. wobei letztere bei der Beschrei-
bung der Arbeit an der Kapelle von Vence
fast schon zum Kldtsch ausartet. nimmt dem
Buch jeden ernsthdtten Aspekt und macht es
zu einem der vielen Kunstbilderbücher für
den bürgerlichen Hausgebrauch. Dafurspricht
duch. daß von keinem abgebildeten werk
die Maße angegeben sind. dafür spricht. daß
kein Register ein Nachschlagen ermoglicht,
und schließlich auch die unvollständige Biblio-
graphie. Alols Vogel
schritten des Museums des zu. Jahrhunderts,
Wien: z. Herbert Boeckl. Zeichnungen und
Aquarelle. Ausgewählt und eingeleitet von
VtfernerHafmanmVerlag Brüder Rosen-
baum. Wien (1969). 71. Seiten. 57
z. T. farbige Bildtafeln. Ln.
Der kurze Einleltungstext von Werner Hof-
mann glbt eine kndppe, prdgnonte und tief-
schürfende Analyse der Zeichen- und Aqua-
rellkunst Boeckls. Hofmann geht von der
Feststellung aus, daß selt der Goethezeit die
offene. spontane. skizzenhafte. scheinbar
ungesteuerle Forni als höchste Bewertungs-
kategorie von Zeichnungen und Aquarellen
diente. wobei man wenig Unterschied zwi-
schen Gezieltem und ..Passiertem" machte.
Bei Boeckl geht nun nichts in vdge, seine
Zeichnungen sind keine ungesteuerten Kritze-
leien. sondern ihnen liegen klare Form-
vorstellungen zugrunde. die jederzeit nach-
weisbar sind. Der junge Boeckl. der fünf-
undzwanzigjährig ous dem 1 Weltkrieg
heimkehrt. setzt nicht etwa beim "Cloisonnis-
mus" Klirnts oder Schietes an, sondern geht
von ltdurnvorstellungen und Raumkernen GUS:
jedem Blatt liegt ein bestimmtes. in alle
Dimensionen sich verströmendes Kraftfeld
zugrunde. ln der mittleren Schaffensperiode
Boeckls setzt sich architektonisch-kristallini-
sches Denken durch: daneben beweisen aber
die ,.Anatomie"-Sludlen. wie sehr sich Boeckl
auch doindls init der Aufklüftung der ge-
schlossenen Form beschäftigte. Das zeich-
nerische und aquarellistische Spatwerk stellt
den gelungenen versuch einer Synthese sanit-
licher angeschlagener Möglichkeiten ddr.
Ernst Köller
Rudolf Litt. Kunst und Künstler in der siet
indrk. ein Nachschlagwerk. Zweite Lie-
terung. oo. Landesverlag iiied im
Innkreis. 196a.
Der Autor hat aus den nicht zuletzt von uns
geübten kritischen Anmerkungen zur ersten
Lieferung seines Nachschlagebuchs die Kon-
seguenzen gezogen und in den bereits fertigen
Satz nach so manches einkorrigiert. was
ursprünglich nicht vorgesehen wdr. Die
Literaturangaben wurden wesentlic inten-
siviert. und auch die Nachweise über die
Sammlungen. in denen sich die Kunstwerke
befinden. sind kompletter geworden. Von
besonderer Bedeutung ist diesmal der Tafel-
teil. der u.a. eine Bildbeilage ..Die Kunst
der Carlone" umfaßt.
Lists Werk umfafll i und das sei hier aus-
drücklich wiederholt - nicht nur Künstler,
die irn engeren Sinne des Wortes Sleirer s" d
oder waren, sondern auch zahlreiche sch
ferische oder forschend tätige Geister. die in
irgendeiner Beziehung zur Steiermark stan-
den und stehen. wie etwa Oto Bihalij-Merin.
Giovanni da Bologna oder Politiker und
Beamte. die in der Steiermark auf dem
kulturellen Sektor tätig sind. Die Grenzen
regionaler Beschränkung sind gesprengt.
und der Beweis wurde geliefert. wie sehr
das Land Steiermark mit der allgemeinen
Weltentwicklung der Kunst verzahnt ist und
war. Ernst Köller
EINGELANGTE BÜCHER
Ursula Pflstermeister. Verborgene Kostbar-
ketten. Bd. 7. Rund Um Augsburg. 104 Seiten.
48 Abb„ Hbl.. 196a. Verlag Hans Carl.
Nürnberg. DM aso
Hans Weigert, Kleine Kunstgeschichte Euro-
pos. 335 Seiten. zahlreiche Abb.. Leinen. tiase.
Verlag w. Kohlhammer Ges.m.b.H., stutt-
gcirt
AdolfSchahl, Felix Hollenberg - Dasgraphi-
sche Werk. 114 Seiten mit werkvsrzeichnis.
3a Abb.. Leinen, 196a. Verlag Karl Thiernig
KG. München. DM 12.90