Wiener Secession,
"Art Nouveau to 1970" in der Royal Academy, London
Zu einem überwältigenden Erfolg für Wien ist die Ausstellung „Wiener
Secession - Art Nouveau to 197D" in London geworden. Die bis 7. März d. J.
zugängliche Schau war, wie aus begeisterten Kritiken der bedeutendsten Zei-
tungen und Zeitschriften Westeuropas zu entnehmen ist, für die Londoner
Kunstwelt von allerhöchstem Interesse. Zusammengestellt wurde sie von dem
Präsidenten der Wiener Secession, Georg Eisler, dem Direktor des Öster-
reichischen Museums für angewandte Kunst, Prof. Dr. Wilhelm Mrazek, und
Dr. Robert Waissenberger vom Kulturamt der Stadt Wien.
Wir zitieren im folgenden einige Pressestimmen:
SUNDAY TIMES: „Niemals in der zweihundert Jahre alten Geschichte der
Royal Academv hat eine Winterausstellung uns einen bestimmten Ort und eine
bestimmte Zeit deutlicher nahegebracht . . ."
26
FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: „...durch diese Ausstellung hat die
staunende Öffentlichkeit erfahren, daß Wien der Welt nicht nur Freud,
Wittgenstein und die Komponisten der Wiener Schule geschenkt hat, sondern
auch in den bildenden Künsten neue Wege weisen konnte. Das Staunen, die
Verzauberung, in die London sich über Nacht durch diese Ausstellung gestürzt
sah, gilt den Anfängen der Secession, diesem Aufbruch aus dem akademischen
Historismus der Gründerzeit in das Farbige und Flimmernde, ins Ornament.
Man liegt in London im Jugendstilfieber - noch heftiger als in ienem Mai 1963,
als das Victoria-und-Albert-Museum die mißachtete Großväterkunst durch eine
Retrospektive auf Alfons Mucha in Mode brachte . . (Hilde Spiel)
NEUE ZÜRICHER ZEITUNG: „. .. noch nie hat es, zumindest in England, eine
solche Möglichkeit gegeben, iene Bewegung zu verfolgen, die 1897 als Protest
gegen die erstarrte offizielle Kunst gegründet wurde. Klimt (erster Präsident der
Secession), Egon Schiele sowie der heutige Ehrenpräsident Oskar Kakoschko
werden gebührend gewürdigt. Wer aber wußte von Alfred Kubin, Alfred
Roller, den Architekten Otto Wagner und Josef Maria Olbrich, dem Erbauer
des Gebäudes der ,Secessian', das von den spottlustigen Wienern ,goldenes
KrauthappeV getauft worden ist? ln der Royal Academy ist das Modell zu
bewundern . . ." (Abb. 25-27) 27
SO
Arnold Clementsahitsch -
Auszug aus der Rede am Grab.
Der Tod des vielbelächelten Außen-
seiters reißt ein großes Loch in die
Landschaft. Alles in allem war seine
künstlerische Existenz eine alkoholi-
sche Anekdote, sein Bild das eines
Vagabunden, seine lnsistenz für die
andern eine ständige Verlegenheit.
Aber das muß zur Ehre seiner Lands-
leute gesagt werden. ein eigentliches
Ärgernis war er nicht.
Ja, er war d e r Kärntner Kosmopolit
und zugleich der bodenständigste
van allen, ein Landschafter vor allem,
der uns mit seinen Bildern nach dem
Krieg die Wege ins Land geöffnet und
die Ziele seiner Liebe gedeutet hat.
ln seinem Lager war Kärnten, ein
Land, das zwischen Villach und
Klagenfurt alles enthielt, was zwischen
Venetien und Galizien, lstrien und der
lle de France zu erleben war.
Clementschitsch hat den aus aller
Welt heimgebrachten Samen zwischen
Ossiacher See und Wärther See dem
Acker anvertraut, von dem er sich
täglich entfernte, um ihn durch die
Spektralanalyse des Nachtlokals oder
des Straßengrabens nur um so
intensiver anzuschauen.
Seine Existenz war die eines
exemplarischen Einzelgängers, fleisch-
und geistgewordene Opposition. Seine
Triebe, lnstinke und Ideen waren
abnorm, zum Dienst der Philosophie
und der Kunst geeignet wie zum
Betrieb politischer Aktion; doch an
letztere hat er nie gedacht. Er war
unpolitisch und asozial aus lnstinkt
und Triebhaftigkeit und darin bestärkt
durch romantische und heroische
Affekte. Rassenlehre, Mythologie und
Sexualanalyse verbanden sich in ihm
zu einer Lebensphilosophie, die stark
anarchistisch und nihilistisch gefärbt
war, Analyse in Verbindung mit
Aberglauben und Religion; das
Soziologische hat er dagegen wenig
in Betracht gezogen oder negiert.
Die Kunstanschauung, die
Clementschitsch in vielen theoretischen
Entwürfen darstellen wollte, ist von
denkerischer Selbständigkeit. Seine
künstlerische Angelegenheit war das
ohne Mitwirkung anderer Appelle
erkennbare sichtbare Bild; und es war
das „Schäne". Den Begriff der
Synästhesie hat er polemisch gegen
die abstrakte Kunst angewendet. Er
hat für den Gesichtssinn die Mit-
wirkung aller anderen automatisch
gewährleistet gesehen, vor dem
einfachen, sichtbaren Bild, das er
allein dem Auge geschenkt wissen
wollte. Seine künstlerische Eigen-
sinnigkeit war antihistorisch. Wie er
die Menschheit als konkreten
einzelnen begriffen hat, so wollte er
auch darauf bestehen, dciß
künstlerische Qualität an sich ohne
die Hilfe historischer und
programmatischer Garantien am
konkreten Einzelfall feststellbar sei.
Womit er recht haben dürfte.
Clementschitschs letzte Jahre:
schwindende Arbeitskraft und Gesund-
heit, unverminderte persönliche
Sponnungs- und Zwiespaltsver-
hältnisse, Jahre voll von Sorge um das
Tägliche und das Ewige. Sein Wider-
stand gegen die Zeit war blutig. Doch
haben sich auch sein Humor und seine
Selbstironie als dauerhaft erwiesen.
Sa war in seiner Misere immer noch
etwas Befreiendes und Beispielhaftes,
auch für den Außenstehenden. Bis
zuletzt suchte er sich zu wehrei
ein Blitz seines Alters erscheint
dieses Wort an eine gewisse Ji
das aber kein alter Spießer für
Anspruch nehmen dürfte: „EfWt
Fernes ist mir euer Protest ge
Schönheit in der Welt - ich kai
noch deuten. Eure Laszivität wi
Mord verklären am Hergebracl
Aber gibt es etwas herzlich Scl
in Europa als die Stanzen des
Raffaello - ihr verdammten
den - Mißversteher alles desse
unlängst gewesen ist? - Betrü
Knechte des Snob, öffentliche f
kinder ohne Scham und Anstan
Vernichter der Ehrbarkeit. Abei
Notwendigkeit sei unbestritten.
iedoch habe etwas Stärkeres zi
vertreten - etwas Prafunderesf
(Gehalten von Michael Guttenl
Georg Pevetz t
Prof. Dr. Georg Pevetz, okade
Maler und Graphiker, ist am
9. Mai 1971 nach langer, schwi
Krankheit gestorben. Der vielf
ausgezeichnete Künstler galt a
Vollender der malerischen Grc
des Wiener Expressionismus dt
zwanziger Jahre. Eine ausführl
Würdigung seines Lebenswerk:
erfolgte durch Walter Maria N
im Heft 96, 13. Jahrgang, unse
Zeitschrift.
BILDTEXTE 25-21
25-27 Bilder (U! Ausstellung
Secession" in der Royal Art}:
Arts in London
2a Wil Frenken, „Christianes Stuhl
Handdruck
29 Herbert Steiskal, Konfrontation 1
so Herbert Steiskal, Spaltung 1970
31 Herbert Stelskal var seinem i:
IH der Galleria La Lonterna in
Wil Frenken -
"Christianes Stuhl", Hand:
Die Edition der Werkstatt Breite
befindet sich seit 23. März auf (
Wanderausstellung von Mini-V
- als einziger österreichischer
Beitrag - durch zirka 20 deutsct
Städte. Anlaßlich der Eröffnung
Ausstellung befindet sich Wil Fi
in Frankfurt und wird die Ideen
Intentionen der Werkstatt
Breitenbrunn vertreten, (Abb. 25
2B