Ohne den lehr- und vorbildhaften Charakter
in den Vordergrund zu stellen, wird die Aus-
wahl der Objekte primär nach dem Gesichts-
punkt besorgt, der Öffentlichkeit das graphi-
sche Werk des großen Meisters, das in Wiener
Privatsammlungen aufbewahrt wird, zugäng-
lich zu machen. Den breitesten Teil nehmen da-
bei die Handzeichnungen Dürers aus der Al-
bertinischen Sammlung ein. Diesen werden
Zeichnungen aus sonstigem Wiener und Grazer
Privatbesitz angesdnlossen, ergänzt durch Foto-
grafien von wesentlichen, im Ausland befind-
lichen Zeichnungen Dürers. Den graphisduen
Techniken folgend, sdiließen sich Kupferstidie
und Holzschnitte an, wobei auch die dem Mu-
seum gehörigen Objekte präsentiert werden.
Wunder nimmt, daß Eitelberger bei einer sol-
chen Auswahl damit rechnet, nur den gebildeten
Besucher des Museums anzusprechen und daß
nur der, der mit der Kunst und ihrer Ent-
wicklung näher vertraut ist, sie würdigen kann.
Übrigens geht er dabei ganz mit dem Nürn-
berger Kunsthändler Sigmund Soldan konform,
der in einem Schreiben vom 19. Dezember
1870 i" Direktor Eitelberger davon unterrichtet,
daß er beabsichtige, die noch nicht publizierten
Handzeichnungen Dürers von den Reichstagen
zu Augsburg und Nürnberg in treuer Reproduk-
tion CillfCh Durckverfahren herauszugeben. „Da
es aber nur ein kleiner und gewählter Kreis
von Kunstfreunden und Kennern ist, der Dü-
rer in seiner ganzen Bedeutung zu würdigen
weiß, so wird nur eine kleine Auflage veran-
staltet." Vielleidit liegt auch hierfür der Grund
in der allgemeinen Einstellung der Zeit, deren
Begeisterung für die Kunst der vergangenen
Jahrhunderte zunächst noch ganz auf die An-
tike und die italienische Renaissance beschränkt
ist und erst ab den siebziger Jahren allmählich
auch die deutsche Renaissance miteinbezieht.
Daß in Wien zu dieser Entwicklung die Dürer-
Ausstellung mit beigetragen haben mag, beweist
der unerwartet starke Besud1 der Exposition.
Insgesamt umfaßte die Ausstellung 264 Expo-
nate, die in einem kleinen Katalog verzeichnet
sind. Weder aus den Akten noch aus den Mit-
teilungen oder sonstigen Aufzeichnungen aber
geht hervor, wer für die Zusammenstellung der
Ausstellung sowie für die Abfassung des Kata-
loges verantwortlich zeichnet, so daß sich der
Eindruck aufdrängt, das Museum als Ganzes be-
trachte diese Jubiläumsfeier als seine Aufgabe.
Besprechungen der Ausstellung sind in den Zeit-
schriften „Vasarnapi Ujsag" und „Organ für
christliche Kunst" erschienen und beurteilen die
Schau durchaus positiv 2".
Neben der Ausstellung und der Herausgabe
der Festpublikation veranstaltete das Öster-
reichische Museum anläßlich des Dürer-Jubi-
läumsjahres von 1871 aber aud1 noch einen
Vorlesungszyklus über die Entwicklung des
Meisters. Diese Vorlesungen, seit jeher mit in
die vornehmsten Pfliditen des Museums einbe-
zogen und in mehreren Zyklen veranstaltet,
fanden in einem der Ausstellungs- und Sdiau-
räume des Ballhauses statt. Erst mit der Er-
öffnung des neuen Gebäudes am Stubenring
hatte man hierfür im Zeitschriftensaal der
Bibliothek, der damals „Vorlesesaal" bezeich-
net wurde, einen würdigen und entsprechenden
Raum gefunden.
Die Vielfalt der Veranstaltungen am Museum
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