Wilfried Skreiner
ALFRED WICKENBURG-
BEMERKUNGEN ZU SEINEN
BILDERN AUS DEN JAHREN
1968-1970
awN-
Alfred Wickenburg, Park E genberg, 1957
Alfred Wickenburg, swingt er Sonntag, ms
Alfred Wickenburg, Komäpe, 1m
Alfred Widxenburg, o" rösier, 1970
Mehr als die Hälfte der von Kristian Sotriffer für
die Ausstellung in der Wiener Secession ausge-
wählten Werke Alfred Wickenburgs entstanden in
den Jahren 1968-1970. Im Schaffen des Künstlers
können sie als eine eigenständige Periode ange-
sprochen werden, die sich deutlich von vorher-
gehenden abhebt, sowohl im Formaten wie im
Farbigen, die iedoch nicht abrupt einsetzt, son-
dern, wie Sotriffer durch die Auswahl vorangehen-
der Werke verdeutlichte, ihre Vorstufen seit 1950
besitzt. Versuchen wir uns klarzuwerden, worin die
Charakteristika dieser Periode liegen, so ist der
Vergleich des Parkbildes Eggenberg, 1957, dieser
früheren Phase, eine in sich geschlossene, extreme
Durchbildung, mit dem Bild Steirischer Sonntag,
1968, als prägnantes Beispiel der späten Periode,
aufschlußreich.
Vor einen streng flächigen Hintergrund, gebildet
von dem Blau des Himmels und durch eine sdiarte
Begrenzungslinie.getrennt, dem etwas mehr als das
untere Bilddritteli ausfüllenden flächigen Grün der
Wiese, stellt Wickenburg zwei Baumpaare. Ihre
stark reduzierten Stammformen sind ieweils parallel
angeordnet, die beiden vorderen Stämme leicht
nach links geneigt, die beiden hinteren fast genau
vertikal. Von ihnen gehen seitwärts waagrechte
Äste aus, die sich entweder durch eine doppelte
Knickung wieder horizontal durch das Bild ziehen
oder in die Vertikale aufgebogen werden bzw.
durch schwingenden Kontur sich auch der horizon-
talen oder vertikalen Achsengliederung einreihen.
Die strenge geometrische Form des Halbmondes,
der von rechts ins Bild hineingeschobene, kulissen-
artig wirkende Teil des Schlosses, sie alle sind auf
ihre Grundformen reduziert. Die Gerade, das Li-
neare des hervorgehobenen Konturs bestimmen
formal das Bild. Diese strenge Anordnung findet
in den ziehenden, gleichsam eine langsame Be-
wegung oder Entfaltung aufzeigenden Astformen
ebenso ihre Entsprechung wie in der starken Zu-
rückhaltung in der Farbe: Blau, Grün, davor das
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wechselnde Braun der Stamme. Zwei belaubte
Äste im linken Bildteil, einer im rechten, geben der
Darstellung eine kontrastierende Lockerheit, die
durch die von rechts ins Bild hineinschwingende,
den Weg überkreuzende Astform noch unterstri-
chen wird. Vor dem flächigen Grund erhalten die
Baumformen plastisches Leben, die Horizontale der
Äste wird in Bewegung gesetzt, die in der unteren
Astform sozusagen kulminiert. Das stille Leben der
Natur, hier an einem Park aufgezeigt, findet seine
geschlossene, streng vereinfachte, anschauliche Ge-
staltung in einer weitgehenden, an das Geometri-
sche grenzenden Abstrahierung.
Betrachten wir das Bild Steirischer Sonntag, 1968,
sehen wir als erstes den vollkommen veränderten
Farbauftrag. Auch hier ist die Beschränkung in der
Farbe offensid1tlich. Rot, Grün, Blau, Gelb werden
ungebrochen in starkem Kontrast gegeneinander-
gesetzt. Wenige Zwischentöne, im Gesicht der
Bäuerin, in der der Kirche zustrebenden Prozeßsion
und in dieser selbst, sind übriggeblieben. Die Farbe
wird elementar eingesetzt. Die strenge Komposi-
tionsweise mit starken Konturen, die ein Liniengerüst
bilden, in das die Farbe flächig eingebracht wird,
ist nicht mehr vorzufinden. Wickenburgs Ausein-
andersetzung mit der Wandmalerei und vor allem
dem Glasfenster, die in einer Wechselwirkung in
den fünfziger und frühen sechziger Jahren in dieser
Weise auf die Malerei rückwirkte, ist überwunden.
Frei und pastos, in breitem Pinselstrich erfolgt der
Farbauftrag, der den Gegenstand nicht mehr be-
schreibt, sondern ihn aus Farbflecken und -flächen
aufbaut. Vor den farbig belebten Hintergrund,
einem bildparallelen Dach rechts, der einfachen
Kirchenfassade im Hintergrund links, ist fast zentral
ein bäuerliches Paar gestellt, hinter dem rechts
der Kopf eines Rindes auftaudit. Das Profil des
Mannes wird dem en face gegebenen Kopf der
Bäuerin gegenübergestellt, wobei das Grün-Gelb
der männlichen Figur, das kräftige Rot-Blau der
Bäuerin zugeordnet ist. Die Figuren verwachsen
hier mit der Landschaft, sie werden nicht
isoliert, sondern kommen aus ihr auf uns zu,
das farbige Kontinuum des Bildes eingebett
akzentuierte Höhepunkte in ihm. Die Redukt
Formen ist auch hier weit vorangetrieben,
Weiterentwicklung aus der streng geome
Phase zu neuer Verlebendigung gelangt. D
trast der Formen hat sich in seiner Strenge
Farbe verlagert, die Einzelform ist dem Forr
integriert.
Im venezianischen Motiv Frau am Fenster, 1
Fensterousblick, sehen wir eine alle Gest
weise Wickenburgs in einer kennzeichneni
derten Ausformung. Gleichnishaft werden l
Architekturformen zur Evokation eines Sta
zusammengefügt, die Säule, die Arkade
Giebel von San Marco, davor ein gotisi
Stuhl. Die Rückenansicht einer Dame, rn(
tal vereinfacht, die in die Betrachtung d:
formen, und das ist im Bild die Ganzheit V1
versunken ist, entspricht formal der zentral
selform: das Aufregende des Körpers, d
dung der Schultern, die emporstrebende
gung des Halses, die nach oben sich ausv
Form des Kopfes. Die Formentsprechung wi
in der Binnenakzentuierung fortgeführt.
burgs feiner Sinn für die Formkonkordar
hier iedoch nicht wie in seinen früheren We
strengen, geometrisiert-linearen Bildstrukturi
dern zu einer strömend-rauschenden farbi
strumentierung. Der pastose Farbauftrag, c
herrschenden Farben Gelb, Blau und GI
freien das formale Grundgerüst von seiner l
die bildkonstituierend erhalten bleibt, nun
das Kontinuum der Farbe gebettet wird.
In ,Die Drei Engel bei Abraham', 1970,
der Maler Wickenburg das Motiv der d
gleichenden Engel farbig ab. Das alttestam
Thema fiihrt zu einer nuancierten, fast prui
Farbigkeit, die in den Köpfen der Engel Vt
nach rechts eine Steigerung in der H