Notizen
Österreichischer Staatsfeiertag 1972.
.,Offene Türen in den Bundesmuseen Wiens"
am 26. Oktober 1972
Nach einer mit besonderem Nachdruck geführten
Aktion seitens Hofrat Prof. Dr. Friedrich Langers vom
Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung,
des Leiters des do. Pressereferates, sollte diesmal
der „Tag der Fahne" oder auch der „Tag der
offenen Tür in den Bundesmuseen" ein echter Erfolg
werden. In allen dem Wissenschaftsministerium
unterstehenden Sammlungen lief ein wahrer
Veranstaltungsreigen ab, der das Wiener Publikum
teilweise förmlich Schlange stehen ließ vor
den Museumseingängen. Ein sicher nicht oft
geschautes Bild und im Endeffekt ein um weit mehr
als 100 Prozent stärkerer Besuch als zum gleichen
feierlichen Anlaß im Voriahr.
Neben den stehenden Aktivitäten eines ieweiligen
Museums, wie Ausstellungen, Sonderschauen
u. a. m., waren es vor allem Führungskampagnen
in Kürzestintervollen, wie beispielsweise im
Usterreichischen Museum für angewandte Kunst,
die manchmal bis in hinterste, „unbesichtigbare"
Museumswinkel zogen.
Ein Mal- und Zeichenwettbewerb, den Museums-
besuchern von morgen, den heutigen Kindern,
gewidmet, war eine der besonderen Aktionen des
Naturhistorischen Museums, und die Vorführung von
Osterreichfilmen, sonstige Filmvorfiihrungen,
Fragen- und lnformationsstände und ähnliche
gängige „Umwerbungsmethoden" führten manchen
Museumsdirektoren neue Möglichkeiten vor Augen,
noch stärker und noch intensiver um „ihr" Publikum
zu werben, das, mit modernsten Mitteln
angesprochen, auch echt interessiert werden kann.
Dazu kamen noch Künstlergespräche und
Konfrontationen wie in der Albertina, eingehende
Blidce in Restaurierwerkstötten u. ä. m.
Alles in allem war es ein Feiertag voller Aktivitäten,
die der zuständigen Frau Ressortminister,
Dr. Hertha Firnberg, die persönlich ihre Museen -
und das mit sichtlicher Freude - aufsuchte, und
nicht zuletzt ihrem zufriedenen Pressechef,
Hofrat Prof. Dr. Langer, Grund sein werden, alle
Bemühungen,auf diesem Erfolg aufbauend, inZukunft
zu verstärken, um diese in der Summe unermeßlich
kostbaren Sammlungsgüter, vom Volke selber
und für dieses erworben, gesammelt, bewahrt und
gehortet, diesem auch näherzubringen und sie
ihm als kostbarstes Eigentum einer Nation ans
Herz zu legen.
Österreichische Galerie - Präsentation eines
Makart-Kolossalgemäldes
Zum Nationalfeiertag am 26. Oktober 1972 zeigte
die Österreichische Galerie das vor hundert Jahren
in Wien entstandene Kolossalgemälde von Hans
Makart „Venedig huldigt Caterina Cornaro"
dem Wiener Publikum nicht nur zum feierlichen
Anlaß des Tages, sondern auch einige Zeit darnach.
Das Riesenbild war Mittelpunkt der großen
Hans-Makart-Ausstellung in Baden-Baden im
heurigen Sommer und wird späterhin nach
gründlicher Restaurierung durch das Bundesdenk-
malomt in Wien in der Hermesvilla im Lainzer
Tiergarten dauernde Heimstott finden.
Vom 17. Oktober bis zum 30. November d. J.
zeigte die Usterreichische Galerie in den
Wechselausstellungsröumen im Oberen Belvedere
die Ausstellung „Anton Faistauer (1887-1930)".
Diese vom Kulturamt der Stadt Wien und der
Österreichischen Galerie gemeinsam mit der
Residenzgalerie Salzburg veranstaltete Ausstellung
zeigte einen umfassenden Querschnitt durch das
Lebenswerk dieses bedeutenden österreichischen
Malers.
Graz - „Musikalische Graphik"
ln der Galerie Moser in der Grazer Hans-Sochs-
Gasse wurde eine Ausstellung von musikalischer
Graphik der beiden Künstler Anestis Logothetis
und Roman Haubenstock-Ramati veranstaltet.
A. Logothetis zur „Graphischen Notation": „Die
von mir entwickelte Notation mit graphischen
Elementen ist mit iener musikalischen Graphik',
66
welche schon vorhandene Kompositionen als
Modelle für die Malerei benützte, nicht zu
identifizieren."
R. Haubenstock-Ramati zu „Musik und die abstrakte
Malerei": „Wird die horizontale Achse eines
Blattes als die der Zeit [Zeit - Raum) und die
vertikale als die der Tonhöhen (unten - tief,
oben - hoch) angesehen, so werden Punkt, Linie und
Fläche - die Grundelemente der abstrakten Malerei
und Graphik - zu Grundelementen der Aufzeichnung
von Musik, die sich von allen außermusikalischen
Elementen befreit hat." (Abb. 25, 26.)
Innsbruck - Phantastischer Realismus
im Ferdinandeum
Das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in
Innsbruck beherbergte vom 18. August bis
29. Oktober 1972 die im Rahmen des kulturellen
Austausches der Bundeshauptstodt Wien mit den
Bundesländern veranstaltete Ausstellung
„Phantastischer Realismus" - Malerei und Graphik
aus dem Besitz der Stadt Wien. Für Tirol war
dies die erste Konfrontation mit der sogenannten
Wiener Schule, die bisher nicht allzusehr Beachtung
in Tirols Kiinstlerkreisen gefunden hat. 65 Werke,
an der Spitze die Paradevertreter dieser
Kunstrichtung, veranschaulichten die Vielfalt dieser
international doch gut im Rennen liegenden
Künstlerschaft (Abb. 27). Leopold Netopil
Salzburg - Erich Landgrebe: „Bäume",
Aquarelle im Museumspavillon des
Mirobellgartens
Wie sehr iede gute Kunst zugleich „abstrakte Kunst"
ist, lernen wir aus Landgrebes Bäumen. Sie
sind zugleich Symbole des Lebens und der Schöpfung.
ln den monachromen Aquarellen verlößt der
Künstler immer wieder das Abbild der Natur und
verwandelt die Baumgruppen in völlig abstrakte
Strukturen, nach oben ragend zum Lichte, vom
Sturm bedroht oder vom Schicksal gefällt (Abb. 28).
KR
Wien - Wettbewerb der Zentralsparkasse
„Das Wiener Stadtbild"
Montag, den 18. September 1972, fand die
Preisverleihung anläßlich des Wettbewerbes „Das
Wiener Stadtbild" statt. Den ersten Preis errang
der Maler Franz Zadrazil, der ein Schüler Professor
Hausners ist und der sich in seinem künstlerischen
Schaffen bisher fast nur mit dem Stadtbild Wiens
auseinandergesetzt hat. Der Künstler geht in
seiner Malweise keineswegs einer Modeströmung
nach, sondern es ist ihm ein echtes Anliegen, die
malerische Darstellung Wiens zu betreiben. Für
die Zukunft meint er, daß er die Malerei mit
surrealistischem Einschlag nicht weiter verfolgen
will, und er meint weiter, daß in Ausweitung der
Suiets der Stadtrand mit seinen Wäldern,
Schrebergärten und Feldern hinzukommen werde
und daß seine Bilder wieder härter werden.
Gemeinsam mit dem Maler Stockbauer errang
Christine Heuer, die für denselben Wettbewerb
einen zweiteiligen Simmering-Zyklus eingereicht
hat, den „Preis der Zentralsparkasse". Die Künstlerin
malt ausschließlich Aquarelle, geht dabei
künstlerisch iedoch ganz anders vor, neigt aber
auch zu „Stadtrandlandschoften".
Wien - Preise der Stadt Wien werden erhöht
Die Förderungspreise der Stadt Wien für Kunst,
Wissenschaft und Volksbildung, die im Jahre 1947
vom Wiener Gemeinderat als Stiftung beschlossen
wurden, erfuhren eine Erhöhung im einzelnen von
20.000 auf 40.000 Schilling, im Gesamtbetrag von
bisher 200.000 auf 400.000 Schilling, was diese Preise
auch international in ihrem Ansehen steigen läßt.
WienfPuchberg - Fertigstellung eines
Sgraffitos „Sonnengesang 72" für ein neues
Pfarrhaus
Mit einer Erstlingsarbeit in Sgroffitotechnik stellte
sich der als Graphiker ganz bestimmter Prägung
hinlänglich bekannte gebürtige Südtiroler Ernst
Degosperi in Puchberg am Schneeberg vor.
Aus seinen international bekannten elf Zyklen (z. B.
Apokalypse 63, das Lamm, das Wort usw.)
entnahm er das Thema für dieses 7,5 m hohe und
7 m breite Schwarzweiß-Sgraffito. Die für ihn
völlig neue Technik eröffnete ihm auch neue
künstlerische Dimensionen, und der Künstler, der
ursprünglich fünf Wochen Arbeitszeit geplant
hatte, bewältigte die Aufgabe, man könnte sagen
in einem wahren Arbeitsrausch, in acht Tagen.
ln die Vorbereitung zu dieser Arbeit vor einem Jahr
fiel auch die hohe Auszeichnung seines Buches
„Sonnengesang des hl. Franziskus" mit dem
1. Österreichischen Staatspreis. Der Künstler, dessen
Themenkreis sich vorwiegend im religiösen Bereich
bewegt und der es darin bereits zu starkem
Ansehen gebracht hat, wurde schon mehrfach
ausgezeichnet. Er veranstaltet regelmäßig
Ausstellungen, und der „austrian art center" in der
Mahlerstraße in Wien eröffnete anfangs September
eine Förderungsausstellung, bei der Blätter aus
dem Zyklus „Passion" van Ernst Degasperi auflagen
(Abb. 29).
Wien - 18. internationales Kunstgespröch
„Realismus und Realität"
Die Galerie nächst St. Stephan veranstaltete ihr
18. internationales Kunstgespräch am 20. und
21. Oktober 1972 im Bildungszentrum in der
Strudelhofgasse 5. Nach einem Einführungsvortrag
von Msgr. Otto Mauer hielten bekannte
Persönlichkeiten des Kunstlebens vor allem aus der
Schweiz und Deutschland Vorträge zu Gegen-
wartsproblemen der Kunst. Unter anderem sprach
Pater F. Althaus, Kunsthalle Basel, über „Hat
die Kunst innerhalb der Gesellschaft einen
emanzipatarischen CharakterZ", Bazon Brock,
Hamburg, über „Der neueste Bilderkrieg - der
Realienstreit der bildenden Kunst" und Klaus
Honnef, Münster, über „Der emanzipatorische
(oder nicht) Charakter der Kunst".
Bamberg - Karl Stark in der Neuen Residenz
Der österreichische Maler Karl Stark, Jahrgang 1921,
studierte u. a. in Graz bei den Professoren
W. Gössner und R. Szyszkowitz sowie an der
Wiener Akademie der bildenden Künste bei
A. P. Gütersloh und H. Boeckl, von 1956 bis 1959
übte er das Lehramt für Graphik an der Kunst-
gewerbeschule in Linz aus. Der Künstler, der
schon zahlreiche Ausstellungen im ln- und Ausland
machte, stellte hier in der Neuen Residenz der
Stadt Bamberg zum erstenmal dem deutschen
Publikum eine Auswahl seiner Gouachen vor.
Karl Stark, dem seine spezifische Malweise erlaubt,
Werke von „wirklich anhaltender Schönheit" zu
schaffen, betrachtet die Kunst als ein Magisterium
im edelsten Sinne des Wortes, und man kann
sich auch der magischen Kraft, die seinen Arbeiten
innewohnt, nicht gut entziehen. Der Künstler, der
in Österreich in bestimmten Kreisen permanent als
„Enfant terrible" gilt, der in zahlreichen Manifesten
Mißstände in gewissen Bereichen des Kunstlebens
angreift und solchermaßen nicht immer gerne
gesehen sein mag, ist ein Künstler, der hart
an sich arbeitet und dem die internationale
Anerkennung sicher gewiß ist. Er erfreut sich vor
allem dank des Verständnisses des großen
Kunstkenners Dr. Otto Kallir, New York, auch in den
USA einer steigenden Anerkennung, und so war
sicher auch diese erste Kollektivausstellung Karl
Starks in der deutschen Bundesrepublik ein
sichtbarer Erfolg für den Künstler (Abb. 30).
Basel - Hans Hanko in der Galerie Schreiner
Van einem der wirklich rührigen und immer bereiten
Förderer, Carl Laszlo aus Basel, unterstützt,
beschreitet der 1923 in Wien geborene Hans Hanko
seinen bisher nicht unbeschwerlichen künstlerischen
Weg. Als Nachkriegsgeborener in härtesten Zeiten
- Vater akuter Arbeitsloser - aufgewachsen,
wurde er nach freudloser Jugend sofort in den
zweiten Weltkrieg „gezogen", den er als Mariner
auf Ost- und Nordsee verbrachte. Möglicherweise
wuchs in der stets von tödlichen Gefahren