selben Künstler. Außerdem findet überhaupt in
der Themenstellung der Aufträge eine deutliche
Verschiebung zugunsten der Einzelgruppe und
später vor allem zum Kleinkunstwerk statt, was
die Auswahl der Obiekte aus dern 18. Jahr-
hundert für die Ausstellung sehr erleichterte.
War es doch weitaus seltener notwendig, Einzel-
werke aus ihrem unmittelbaren architektonischen
Zusammenhang zu reißen. Gerade das Studium
dieser oft besonders köstlich ausgeführten Klein-
kunstwerke, u. a. auch der Krippenfiguren, bil-
det den Houptreiz des Abschnittes über das
18. Jahrhundert in der Ausstellung, in dem das
Weiterwirken von Thomas' Entwürfen und Grund-
konzepten und die Erweiterung dieser Grund-
lagen durch neue Einflüsse ebenso wie ihre
Veränderung durch den Zeitstil in den mannig-
faltigen Erzeugnissen der Schwanthaler-Werk-
stätten anschaulich gemacht wird. Joh. Franz
nimmt nach einer glatteren und flacheren Pe-
riade in seiner reifen Zeit viele Formprinzipien
seines Vaters wieder auf, nur weicher, empfind-
samer in der Grundhaltung und zarter, aber
mit tiefen Unterschneidungen und malerischen
Licht- und Schottenwirkungen in der Ausführung,
vor allem der Gewandpartien. Ein besonders
schönes Beispiel dafür ist die Gestalt der hl. Mar-
garetha aus Wippenham (Abb. 7,8) (Kat.-Nr.149].
In seinen Gruppen lockert er die kompakte Kom-
position von Thomas durch das Einbeziehen des
Luftraumes zwischen den Figuren auf, so bei der
Verkündigungsgruppe aus Hohenzell (1732) (Kot.-
Nr. 141), bei den bewegten Tabernakelgruppen
wie in Waldzell (1721) (Kot-Nr. 139) oder bei
der schönen Taufgruppe von Ottnang (Abb. 4)
(Kot.-Nr. 148), zu der die von Thomas im Jahre
1675 für Mehrnbach geschaffene ein gutes Ge-
genbeispiel bildet (Abb. 3) (Kot-Nr. 35). Sein
Enkel Joh. Peter löst dann die Gesamtkompo-
sition weiter auf, so daß oft statt der formalen
Beziehung der Figuren zueinander nur die Blick-
richtung den wahren Zusammenhalt bildet, wie
in der Tabernakelgruppe des Rieder Hocholtares
(Kat.-Nr. 175) oder bei der reizenden kleinen
Verkündigung in Wiener Privatbesitz (Kot.-Nr.
217). lm Alter wird Joh. Franz' Stil müder, die
Falten zockiger, wie im Gnadenstuhl von Haag-
Huntassing (Kat.-Nr. 152], vielleicht schon unter
dem Einfluß seines Sohnes Joh. Peter, der sicher
schon seit der Jahrhundertmitte in der Werk-
stätte des Vaters mitarbeitet (was Zuschreibun-
gen sehr erschwert). Von Joh. Peter, der 1758
noch bei Lebzeiten des Vaters die Werkstätte
übernimmt, stammen die meisten erhaltenen
Schwanthaler-Arbeiten. Er muß bis ins Alter un-
erhört fleißig gewesen sein, haben wir doch
gerade aus den Jahren 1784 und 1785 eine
Reihe van besonders schönen Werken von ihm
erhalten, so die beiden Gruppen Anna mit Ma-
ria und die Pietä in der Pfarrkirche von Ried
(Abb. 6, 15) und zwei sehr ähnliche Madonnen-
statuen, eine sitzende und eine stehende, in
Altheim und Reichersberg. Das großangelegte
Krippenwerk in Pram, eine der schönsten Dar-
stellungen dieser Art in Österreich,scheintihn vom
Jahre 1777 an (Dotierung am zugehörigen Ka-
sten der Geburtsdarstellung] bis ins hohe Alter
beschäftigt zu haben (Kot-Nr. 197). Viele Figu-
ren zeigen deutlich den Stil der 1792 datierten
und signierten Hauskrippe aus Ried (sogenannte
„Köglkrippe", Kot-Nr. 180). 1795, drei Wochen
vor seinem Tode, quittierte er noch die Rechnung
für die Figuren des Hocholtares von Peters-
kirchen. Er und sein Neffe Joh. Georg in Gmun-
den haben nicht nur neben einer Anzahl von
mittelgroßen Figuren für Kircheneinrichtungen,
Kleinreliefs, Kleingruppen und der Gmundner
vor allem auch im Detail gut beobachtete und
reizvoll gefaßte Tier- und Krippenfiguren hinter-
4
lassen (Abb. 16), beide haben auch bewußt
auf Werke ihres großen Ahnen Thomas zurück-
gegriffen und diese, in zarte Rokokoformen um-
gesetzt, im Kleinstformot wiederholt: Joh. Georg
z. B. die Mittelfiguren des Gmundner Hoch-
oltares, eine Anbetung der Könige (Kat.-Nr. 261),
Joh. Peter die Ölberggruppe (Kot-Nr. 193) und
in einer auch fassungsmäßig besonders delika-
ten Ausführung die Michaelsgruppe des Reichers-
berger Brunnens (Kot-Nr. 200, Abb. 1). Damit
schließt sich der Kreis der barocken Schwanthaler.
lhre immer dem Gegenständlichen verhaftete Art,
die alle Übertreibungen und Verzerrungen des
Manierismus und des Rokoko vermieden hatte,
ließ sich nahtlos in den Klassizismus der Jahr-
hundertwende überführen. Vielleicht auch durch
die politische Loslösung des lnnviertels von Bay-
ern bedingt, übersiedelte Joh. Peters des Ä.
tüchtigster Sohn Franz Jakob (1760-1820) nach
München, erlangte akademische Bildung und
Aufträge bei der klassizistischen Neugestaltung
der bayrischen Hauptstadt. Sein Sohn Ludwig
aber wurde in seinem kurzen Leben (er starb
46iährig 1848) der Hofbildhauer Ludwigs l. und
der klassizistisch-romantische Bildhauer des deut-
schen Südens schlechthin. Wenn auch die „Ba-
varia" sein bekanntestes Werk ist, so ist sein
reifstes, durch Vorstudien während vieler Jahre
vorbereitetes die Marmorfigur der Nymphe in
Schloß Anif bei Salzburg, eine würdige Schwe-
ster von Moritz von Schwinds Märchenfiguren.
Entwürfe und Modelle dazu gehören zu den
wichtigsten Stücken des zweiten Teiles der Aus-
stellung in Reichersberg (Kai-Nr. 461-472). Von
den beiden Houptmeistern des 19, Jahrhunderts
aus der Familie der Schwanthaler liegen bereits
gedruckte Monographien aufz, für die übrigen
muß einstweilen der ausführlich angelegte Kata-
log genügen, wenn auch eine Monographie über
Thomas bereits in Vorbereitung ist.
5 Hl. Christophorus vom Doppelaltar Thomas
Schwanthalers in St. Wolfgang, 1975: Original-
fassung von Franz Gamann, Ried, nach Restau-
rierung 1974.
6 Weberaltar der Stadtpforrkirche Ried: Pietä Joh.
Peter d. Ä. von 1785 nach Freilegung der Origi-
nalfassung 1973174.
Anmerkungen l, 2
lVeröffentlicht durch M. Baubödr, Rieder Altarbauverträge.
Erweiterter Sonderdruck u. d. 93. Jahresbericht des
Bundesgymnasrums Riad, ms.
'A. Huber, Franz Jakob Schwanthaler (1760i1820) Mün-
chen 1973. n. Otten (K. Eidlinger), Ludwig Michael
Schwanthaler 1802-1848. München wo.
l l Unser Autor:
Dr. Waltrude Oberwalder
Wien 23, Brennergasse 14