Eine wahre Flut von abstrakt-monochromen,
nach neuerer Version „analytischen" Bildern do-
miniert. - Gotthard Graubners„Dharma"(Abb.5)
knüpft schon durch den Titel an den eigentlichen
Begründer der Richtung noch vor aller Post-
Painterly-Abstraction und Colorfield-Malerei,
nämlich den Russen Kasimir Malewitsch, an,
einen Mystiker, der mit seinen Bildern die Un-
endlichkeit, das All-Eine, das Nichts, das Nir-
wana darstellen wollte. Auf einer anderen, mehr
,.rationalistisch-technischen" lnterpretation ihres
monochromen Schaffens beharren u. a. Gian-
franco Zappetini und Jerry Zeniuk mit Argumen-
ten, die sich schon bei Leering (siehe oben]
und nach neueren Manuskriptfunden vielleicht
auch bei Malewitsch finden. Das Bild nimmt
also auf nichts mehr Bezug, was außerhalb sei-
nes Rahmens liegt, bedeutet nichts mehr als sich
selber. Es wird Bild-Objekt. Unmittelbar an den
Werken ist der Unterschied freilich oit schwer
festzustellen. Herrschen die Manachromen in der
Abteilung Malerei absolut vor - die Realisten
und einige wenige Beispiele etwa der Kunst
von Andy Warhol, Frank Stella, Malcolm Morley,
Jasper John, Willem de Kooning haben mehr
oder weniger nur Alibifunktian -, so dominiert
bei den Plastikern Minimal-art ebenso unbe-
streitbar. Dies auch in der „Verbindung mit
,Land-art'", wie man das die Landschaft an-
geblich gliedernde und akzentuierende, auf ihre
Eigenheiten eingehende Anbringen von Latten,
Stäben, Stegen (Michael Singer, George Trakas),
einer langen, mehrfach geknickten, niederen
Wand aus Eisen (Erich Reusch) und von Tele-
grafenmasten, die man niedergewalztund zerbrav
chen hat (Robert Grosvenor), auf den hügeligen
Wiesenflöchen der Karls-Aue in der Gegend der
documenta-Gebäude nennt.
Minimal-art ist Kunst mit allereinfachsten Ele-
menten, und Minimal-art in Verbindung mit
Land-art seien demgemäß auch schon die bei-
den [e 40 Meter langen Wasserrinnen, die Paul
lsenrath ohne ieden praktischen Zweck auf der
Wiese plazierte (Abb. 4). Mehr Phantasie ent-
wickeln Alice Aycocks karge hölzerne Geister-
stadtfassaden auf dem Wiesengelönde (Abb. 10),
die wohl gar nicht mehr recht zur Minimal-art
gehören. Ganz und gar Minimal-art aber ist
Reiner Ruthenbecks ziemlich tief höngendes Kreuz
aus zwei gleichlangen Flacheisenstäben, ange-
bracht an einer Söule im Portikus des klassizisti-
schen documenta-Houptgeböudes - um Aggres-
sivität bei dem Eintretenden zu entwickeln, dem
es sich gleichsam in den Weg werfe, „um mit
des Porticus auszustreichen", entnimmt man
auch sonst häufig um Tiefsinn ringenden K
lagtext.
Einen Riesenaufwand für nichts oder b:
für etwas, das dem Kunsttouristen zu leisten
liegt, verursachte Walter de Marias „Vertil-
Erdkilorneter" - ein massiver Messingstab
5 Zentimeter Durchmesser, der in ein Bohr
von ein Kilometer Tiefe versenkt worden ist
er in seiner ganzen Länge ausfüllt) und nun l
mehr gesehen werden kann. Die Menschen
len ihn sich vorstellen; so werde er sie „(
anregen, über die Erde und ihren Ort im
versum nachzudenken", meintderKünstlenÄ:
tisch ebenfalls irrelevant ist die vielzitierte ,
nigpumpe" von Joseph Beuvs mit ihren be