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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.
14. Jahrgang. Wien, 1. Jänner 1922.
Nr. 1.
Die Sammlung Dr. Max Strauß.
Von der berühmten Wiener Sammlung Di Max
Strauß, die sowohl durch ein Spezialwerk, wie
durch zahlreiche Ausstellungen im In- und Auslande
weitesten Kreisen bekannt geworden ist, gelangt jetzt
ein Teil, und zwar Deutsches Glas und P o r-
z e 1 1 a n, bei G 1 ü c k s e 1 i g & W ä r n d orfc r zur
Versteigerung.
Die Sammlung Strauß ist das Resultat langjähriger
unermüdlicher Sammeltätigkeit, und es entspricht nur
dem Reichtum und der Lebendigkeit der inneren
Gestaltung seiner Persönlichkeit, wenn Strauß sich
nicht'auf ein bestimmtes Sondergebiet beschränkt hat.
Aber es bleibt immer staunenswert, wie er bei seiner
weit gerichteten Sammeltätigkeit es verstanden hat,,
in einzelnen Gruppen gerade solche hochwertige Objekte
zusammenzubringen, die für das betreffende Spezial
gebiet von eminentester Bedeutung sind.
Wir sehen dies gleich bei den Gläsern, wo ein
Haller Glas unsere volle Aufmerksamkeit beansprucht,
wo unter den emailbemalten Gläsern Wertstücke ersten
Ranges zu finden sind, wo ferner die geschnittenen
Pokale in Nürnberger Arbeiten der Meister Schwan-
hardt, Schwinger und Killinger und in schlesisch-
böhmischen Produkten ebenso markant vertreten er
scheinen wie die Gruppe der Zwischengolclgläser, der
Gläser mit Schwarzlotmalerei und die Mildner-Gläser.
Nicht anders steht es mit den Porzellane n.
Auch hier ganze Serien von wichtigen und hochwertigen
Obj ekteri.
M cißncr Geschirre sind durch frühe Ar
beiten mit plastischem Dekor, durch solche mit radierter
Goldmalerei, mit bunter „indianischer“ Bemalung, mit
reizvollen Heroldchinoiserien und mit feinen Fluß-
und Seelandschaften repräsentiert. Die Meißner Fi
gurenplastik der Sammlung weist frühe und seltene
Objekte auf. Sie enthält eine Anzahl Tierfiguren, die
eines internationalen Liebhaberkreises ebenso sicher
sind wie die köstlichen Meißener Puttenfigürchen, die
in größerer Zahl in der Sammlung zu finden sind.
Ganz hervorragend zeigt sich die W iene r M a n u-
f a k t u r in der Sammlung. Die Geschirre zu
nächst durch eine stattliche Reihe von Beispielen für
den höchst eigenartigen und geschmackvollen 'Wiener
Barockdekor aus der Zeit um 1730 und für den Schmuck
mit „deutschen 1 “ Blumen. Das Rokokogeschirr Wiens
setzt in der Sammlung mit einer charaktervollen Vase
ein und ist dann durch ganze große Service gekenn
zeichnet. Schwarzmalereien auf einigen dieser Geschirre,
sind in der Art der. damaligen Landschaftsstecher wie
dir. L. Hagedorn, I. C. Klengel und Nothnagel gehalten.
N icht weniger ausschlaggebend, nicht weniger sprechend
gibt sich dann das Geschirr der Sorgenthal-Periode und
der späteren Zeit.
Von höchster Bedeutung ist der Bestand der
Wiener Porzell-an.pl ästik. Abgesehen von
einigen sehr eigenartigen Callot-Figuren erscheint von
besonderem Interesse eine ganz bestimmte seltene
Gattung der frühen Wiener Rokokoplastik, welche jüngst
durch F a 1 k e dem Modelleur und Bossierer Leopold
Dannhauser zugeschrieben wurde. Geradezu
glänzend erscheint in der Sammlung die Wiener Plastik
aus den Jahren 1730 bis 1775 vertreten. Man müßte
jede einzelne der echt wienerischen Trachtenfiguren,
der Straßenverkäufer, Liebespaare und Kinderfiguren
nennen. Falke teilt einige Modelle dieser Gattung s ,
Niedermayer Zu, doch herrscht noch große Unklarheit
in Bezug auf die Zuweisung an einzelne Meister. Anton
Grassis Kunst ist durch eine Liebesgruppe charak
teristisch in die Sammlung einbezogen . Ein besonderes
Augenmerk hat Strauß den Hausmalereien zuge
wendet .und hier manches wertvolle Stück seiner
Sammlung einverleibt.
B e r 1 i n ist vor allem durch eine sehr interessante
Gruppe aus der Wegelyschen Fabrik vertreten. Von den
übrigen deutschen Manufakturen hat Nymphen-
b u r g eine gute Charakterisierung gefunden. Ein eigen
artig bemaltes und gestaltetes Service erregt die Auf
merksamkeit, ebenso eine feine bezeichnete Arbeit des
Malers Auer. Die virtuose Hand Bustellis offenbaren
entzückende, unbemalte Eirizel'figuren; von Auliczek
stammt eine Tierhatzgruppe. F r ankent h a 1 er
scheint mit Arbeiten der Modelleure Johann Wilhelm
Lanz, Carl Gottlieb Lück und Adam Bauer.
Aus den vorhandenen Stücken der Höchster
Manufaktur sei nur das ausgezeichnete, bemalte Re
liefmedaillon des Erzbischofs Emmerich von Breidbach
erwähnt,' das die Künstlerschaft Melchiors in ihrer
höchsten Reife zeigt.
Von F u 1 d a treffen wir eine, bemalte Madonnen
figur an, ein Meisterwerk in Gestaltung und Bemalung,
und vom Kloster Veil s d o r f ein Gefäß, das in
seiner Blumenbemalung die charakteristische helle
Farbenpalette dieser Manufaktur zur Schau trägt, die
ein. Maler der Wiener Manufaktur nachzuahmen be
strebt war, als er eine Unterschüssel als Ergänzung zu
bemalen halte.
Erwähnt sei, daß auch noch weitere fremdländische
Manufakturen in der Sammlung durch einzelne Stücke
vertreten sind und daß auch einige Fayencen zur Ver
steigerung gelangen.