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Mittelschulen: IV. Religions-Unterricht.
haben, sowohl mit den Haupt-Unterschcidungslehr cn der bedeutend
sten Religions-Parteien, als auch mit der einem reiferen Alter angepass
ten Entstehungs - (beschichte der Bibel vertraut zu machen, sowie endlich
sie anzuleiten, Prägen des öffentlichen Lebens, die sich mit der Religion in
Berührung befinden, in einem der geläuterten Erkenntniss entsprechenden Weise
beurtheilen zu lernen.
Lehrplan:
I. und II. Classe. Die christliche Lehre. Grundbegriff: das Christenthum ist
das Reich Gottes auf Erden, das Reich des Geistes und der Liehe. —
Einleitung. A. Die Religion. Wesen der Religion; derSinn für Religion; der Glaube;
Gegenstand der Religion; die verschiedenen Religionen.
B.Die Offenbarung. Wesen der Offenbarung; Stufender Offenbarung; Offenbarungs-
Urkunde.
Erster Haupttheil. Der Herr des Gottesreichs: Gott; das Dasein Gottes; das Wesen
Gottes; die Eigenschaften Gottes; die Thätigkeit Gottes.
Gott ist der Schöpfer der Welt; Gott ist der Erhalter und Regierer der Welt;
Gott ist der heilige Gesetzgeber der Welt. (Die zehn Gebote ausführlich.)
Zweiter Haupttheil. Der Bürger des Gottesreichs: der Mensch; die Würde des Men
schen; die Natur des Menschen; die Bestimmung des Menschen; der Fall des Menschen.
(Wesen, Quelle, Allgemeinheit, Arten und Folgen der Sünde.)
Dritter Haupttheil. Der Stifter des Gottesreichs: Jesus Christus.
a) Die Vorbereitung. Die Bedeutung des Gesetzes; die Bedeutung der Propheten und
ihrer Weissagungen; Johannes der Täufer; der Zustand des Judenthums zur Zeit Jesu.
b) Die Erfüllung. Wesen und Würde Jesu, (Menschen und Gottessohn); das Leben
Jesu; die Grundgedanken der Lehre Jesu; (Bergpredigt; Gleichnisse Jesu).
Vierter Haupttheil. Die Verwirklichung des Gottesreiches: die Kirche, a) der heilige
Geist im Allgemeinen; b) der heilige Geist in der Seele des Einzelnen; c) der heilige Geist
in der Gemeinschaft.
Das Wesen der Kirche; die Heilsmittel der Kirche (Gebet, Predigt des Evangeliums,
Sacramente); die Vollendung der Kirche; kurzer Ueberblick über die Geschichte der Kirche.
III. Classe: Lectüre ausgewählter Stücke der heiligen Schrift alten und neuen
Testaments. Das Wichtigste über die Abfassungsverhältnisse der einzelnen biblischen
Bücher.
IV. Classe: die Geschichte der christlichen Religion.
V. Classe: Charakteristik der wichtigsten Religionen der Menschheit.
VI. Classe: Einführung in ein geistvolles Verständniss der heiligen Schrift.
VII. Classe: Zwanglose Besprechung wichtiger Fragen aus denjenigen Gebieten,
auf welchen sich die Religion mit dem staatlichen und socialen Leben berührt. Die einzelnen
Gegenstände können entweder dem Systeme der christlichen Ethik oder der Tagesgeschichte
entnommen werden.
Zweck des Unterrichts an den Ober-Gymnasien und an der Ober-Realschule ist
dem Schüler leitende Gesichtspuncte an die Hand zu geben, und ihm Grundsätze einzu
pflanzen, nach welchen er die Tagesfragen des praktischen Lebens von einem geläuterten
christlichen Standpuncte aus zu beurtheilen im Stande sein wird.
Stundenzahl: Classe 1—4 wöchentlich 2, Classe 5'—7 wöchentlich 1.
Lehrbücher: Nur in Classe IV wird ein Lehrbuch benützt. „Kurze
Geschichte der christlichen Religion.” Lahr, bei Geiger. In den Classen I
und II wird vom Lehrer zu Grunde gelegt „Grundriss der christlichen
Lehre”. Ein Leitfaden für den Religions-Unterricht. Von Dr. Carl Schwarz.
Gotha bei Thienemann. 3. Auflage. 1870.
C. Griechische Religion.
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C. Griechische Religion. 1 )
Bericht von Director Isopeskul in Czernowitz.
Bei Errichtung des k. k. Gymnasiums in Czernowitz bestand für den
Unterricht in der Religionslehrc für die griechisch-orientalischen Schüler gar kein
Religionslehrbuch, und es wurden daher römisch-katholische Religionsbücher
dem erwähnten Unterrichte zu Grunde gelegt. Am Untergymnasium waren
nämlich zwei Lehrbücher von ungenannten Verfassern in Gebrauch, die die
Glaubensartikel auf Grundlage der Religionsgeschichte des alten und neuen Bun
des behandelten und erklärten, während am Obergymnasium die beiden Lehr
bücher von Frint, welche die allgemeine und specielle Dogmatik, sowie die
Moral umfassten, eingeführt waren. Da diese Lehrbücher nicht mehr zeit-
gemäss und entsprechend erschienen, wurden dieselben um das Jahr 1855
abgoschafft und am Untergymnasium durch die „biblische Geschichte” von
Schuster und die „Glaubens- und Sittenlehre” vonSchmitz, am Obergym
nasium durch Lehrbücher der allgemeinen und speciellen Dogmatik und der
Moral von Dr. Conrad Martin ersetzt. Da um diese Zeit in den Lehrplan
für die Religionslehro auch die Kirchengeschichte aufgenommon, wurde und
auch für diesen Zweig des Religions-Unterrichtes kein Lehrbuch für die griechisch
orientalische Jugend bestand, so wurde die Kirchengesehichte von Eessler ein
geführt. Dass die Ertheilung des Religions-Unterrichtes nach Lehrbüchern, die
für Schüler einer andern Confession abgefasst waren, mit grossen Schwierigkeiten
verbunden und vom pädagogischen Gesichtspuncte geradezu zu verurtheilen war,
ist leicht einzusehen. Gerade durch das Streichen der Abschnitte, welche die ab
weichenden Lehren enthielten, machte man die Schüler aufmerksam, über die
selben nachzudenken, wodurch wieder die Lehrer sich veranlasst sahen, sich in
Widerlegungen und dogmatische Suhtilitäten einzulassen.
Roch grösser wurden die Schwierigkeiten, als durch die Ministerial-Ver
ordnung vom 23. Juli 1860 Z. 10296 verfügt wurde, dass der Religions
unterricht für die griechisch - orientalische Jugend an allen drei Mittelschulen
der Bukowina in der rumänischen Sprache ertheilt werde. Da die nöthigen
Lehrbücher fehlten, so musste man sich mit mündlichen Uebersetzungen der
in deutscher Sprache für die römisch-katholische Jugend verfassten Religions-
Lohrbücher behelfen. Um nun diesem Uebelstando abzuhelfen, richtete das grie
chisch-orientalische Consistorium in Czernowitz an den Pfarrer in Czahor, Samuel
Andriewicz, die Aufforderung, Religions-Lehrbücher, und zwar zunächst für das
Ober-Gymnasium abzufassen. In Folge dessen erschienen im k. k. Schulbücher-
Verlage nachstehende Lehrmittel:
1) lieber die Einrichtung des griechischen Religionsunterrichtes an Mittelschulen in Wien, Triest
und Dalmatien fehlen die nöthigen Angaben. A. d. R.