gewohnt sind, ist es ja nicht nur Präsentation von
Kunstwerken, die Bewunderung fordern und abrin-
gen, sondern Konfrontation mit dem totalen Heu-
te, im Ludwigschen Sinn: .Stätte der Begegnung,
,Erziehungsstätte', ,lnformationszentrum' und -
nicht zuletzt v ,Ort verschiedener AktivitätenZ-i
Prof. Ludwig reihte das Museum moderner Kunst
in die traditionsreiche Geschichte der Wiener Mu-
Seen ein:
"Was heute hier in diesem festlichen Rahmen er-
öffnet wird, kann von hoher Bedeutung für die Zu-
kunft sein: den herrlichen, wahrhaft unvergleichli-
chen Schatzhäusern alter Kunst in Wien gesellt
sich ein Museum hinzu für die Kunst unserer Zeit.
Was hier in wenig über einem Jahr dank der Unter-
stützung der Bundesregierung unter Herrn Bun-
deskanzler Dr. Bruno Kreisky und durch das lei-
denschaftliche Engagement von Frau Bundesmi-
nister Dr. Hertha Firnberg verwirklicht wurde, ist
- so hoffen wir alle - ein großer Anfang. Ein neu-
es Kapitel der traditionsreichen Kunstgeschichte
Wiens ist aufgeschlagen. Diese Stadt des Gei-
stes, der Musik und der Bildkunst, die einzigartig
ist durch all das, was in ihr entstand, und in dem,
was sie zu bewahren wuBte, schickt sich an, auch
ein Zentrum zu werden für die Kunst dieser unse-
rer Tage. Ein Anfang ist dies für moderne Kunst,
der aufbaut auf dem ,Museum des 20. Jahrhun-
derts", dessen wertvolle Bestände übernommen
und jetzt fortgeführt werden durch eine riesige
Zahl von Neuzugängen unmittelbar bis in die Ge-
genwart. Dabei ist der glücklichen Hände. die im
,Zwanziger Haus mit vorgegebenen bescheide-
nen Mitteln Hervorragendes erworben haben,
dankbar zu gedenken. Auch die Reihe der zahlrei-
chen und international bedeutsamen Ausstellun-
gen, die im Pavillon im Schweizer Garten das
Kunstleben dieser Stadt so eindrucksvoll berei-
chert haben, ist eine stattliche Basis, auf der es
weiter aufzubauen gilt.ii
Ohne die unglaubliche Energie aller Beteiligten
ware dieses Museum nicht zu eröffnen gewesen.
Die Bundesminister Dr. Firnberg und Dr. Sinowatz
sowie die Unterstützung des Bundeskanzlers
Dr. Kreisky und des Vizekanzlers Dr. Androsch
sorgten für die politischen Wege, das Ziel zu errei-
chen. Für die opfervolle, selbstlose Arbeit muß
auch an dieser Stelle dem Komitee zur Vorberei-
tung des Museums gedankt werden. Das Team
hat das Unmögliche möglich gemacht: Herr Prof.
Fillitz als wissenschaftlicher Leiter, unterstützt
von seinen studierenden Mitarbeitern, der Präsi-
dent Prof. Mayr, der Manager des Unternehmens,
sowie der Rektor der Akademie der bildenden Kün-
ste, Prof. Dr. Mairinger, und Herr John Sailer.
Dank gilt auch Herrn Hofrat Dr. Schmelier, dem
ehemaligen Leiter des Museums des 20. Jahrhun-
derts, von dem die Idee stammt, das Palais Liech-
tenstein und das 20er Haus zu einem Museum zu-
sammenzuschließen. Die Ministerien unter Herrn
Sektionschef Dr. Lein und Herrn Sektionsleiter
Dr. Schlag halfen von Beginn an unbürokratisch,
die Schwierigkeiten auf der Verwaltungsebene zu
überwinden.
Zur Eröffnung wurde das Palais Liechtenstein mit
einer Erstausstellung von der Kommission einge
richtet. Aus den Beständen des früheren Mu-
seums des 20. Jahrhunderts, das besonders im
Skulpturenbereich durch die Sammlungstätigkeit
seines ersten Leiters, Prof. Dr. Werner Hofmann,
internationale Qualität bietet, durch Werke aus
den Fonds des Ministeriums für Unterricht und
Kunst (Bundeskunstförderung), der Sammlung
Hahn, die im Dezember 1978 von der Republik
Osterreich erworben wurde, und der Sammlung
Ludwig wurde die Erstausstellung thematisch ge-
gliedert. Sie zeigt Kunst nach 1945 - mit einer
Ausnahme, dem Harlekin von Picasso aus dem
Jahre 1923 (Sammlung Ludwig) - unter folgenden
60
Themen: 1. Phantastik und Surrealismus, 2. Figu-
rative Kunst und Ausdruck, 3. Pop-art, 4. Realis-
mus als Form, 5. Geometrische Abstraktion-Bewe-
gung, 6. Freie Geste und Form, 7. Die reale Ding-
Welt, 8. Vom Anschaubaren zum Denkbaren, 9. Die
ChicagoSchool, 10. Pattern-Painting (Arbeiten
mit Textilien) und in einem Zusatz den größten Teil
der sogenannten "Kölner Mappen, Zeichnungen
von Joseph Beuys. Zur Ausstellungseröffnung er-
schienen begleitende Kataloge (Redaktion H. Fil-
litz). Die Kataloge zeigen die wichtigsten Beispiele
der einzelnen Gruppen aus den derzeitigen Be-
standen des Museums in Abbildungen und bieten
außerdem ein vollständiges Verzeichnis der ver-
fügbaren Werke des angegebenen Zeitraumes aus
dem Besitz des Museums moderner Kunst (Eigen-
tum und Leihgaben). Zum Hauptkatalog erschie-
nen zusätzlich zur Eröffnung zwei Kataloge mit
vollständigen Verzeichnissen und Abbildungen al-
ler Objekte der Leihgaben Ludwig (Redaktion
H. Fillitz) und der Sammlung Hahn (Redaktion
John Sailer). Alle Kataloge sind an der Kasse des
Museums zu erwerben (zusammen öS 450.-).
Vor der Eröffnung des Museums im Palais Liech-
tenstein haben sich viele kritische Stimmen gegen
den Ort der Ausstellung gewandt. Es schien
möglich, das barocke Palais für ein Museui
zeitgenössischer Kunst zu adaptieren. Das l
mit seinen Deckenspiegeln und barocken De
bildern mußte ein zu starker Kontrast zu de
dernen Bildern sein. Die Ausstellung zeigt, c
natürlich an einigen Stellen Reibungspunkt
zwischen alter und moderner Kunst. Zuglei
es aber gerade der Kontrast und auch das Zi
menspiel zwischen Moderne und Traditioi
den Reiz des Museums ausmachen. In vielei
en Museumsbauten hat gerade die mo
Kunst besondere Schwierigkeiten, sich dui
setzen (z. B. Centre Pompidou, Paris). Zeitgei
sche Kunst begeht eine ästhetische Gratvv
rung, bevor sie sich auf breiteren Pfaden im
der Zeit durchsetzen kann. Sie ist Teil einer:
fischen Elite, einer Elite, die noch nicht der
der allgemein akzeptierten Anerkennung i
den hat. Diese so empfindliche Kunst bedarf
besonderen Schutzes. Das barocke Palais
mit seiner Aura und seiner Tradition den l
werken genau diesen Rahmen. Es sind nic
die Großzügigkeit und die Qualität der Räun
Palais Liechtenstein, die der modernen Kun
fen, sondern ihr auratischer Geist, ihr histor
Ernst, die sich schützend über die fragilen I
werke unserer Zeit legen, indem der Ki
Kunst wie selbstverständlich hergestellt wir
Kunstwerke müssen also nicht gegen die F
antreten, sie werden von den Räumen mit
gen. Für einen Museumsmann kann es eige
keine reizvollere Aufgabe geben, als mit zw
schiedenen Häusern zu arbeiten, von denen
aus der Barockzeit stammt, das andere al
Stergültige, sehr flexible Architektur aus un
Jahrhundert (Architekt Karl Schwanzer, 195
zusehen ist. Beide Häuser zusammen werde
gute architektonische Plattform für die mc
Kunst in Wien sein.
ln der zukünftigen Arbeit muß die Museu
tung von den räumlichen Verhältnissen aus;
Das Konzept sieht folgendermaßen aus: D.
lais Liechtenstein wird die Hauptsammlung
Museums aufnehmen, d. h. die Kunst des 20
hunderts, auch die der klassischen Moderr
verschiedenen Abteilungen sollen nicht nur
tisch begleitet werden, sondern auch durch
selnde Ausstellungsaktivitaten, für die Räur
gemacht werden müssen: Ausstellungen,
kurzer Folge ohne allzu großen finanzielle
satz die österreichische Kunstszene präser
werden. Dazu werden sich Ausstellungen
Sala Terrena zu einzelnen Themen geselle
Festsaal bietet sich für eine Reihe von Aktii
an, wie Musik, Theater, Performance, Videi
träge. Der Festsaal soll aber auch Ort von l
deren Ausstellungen im Palais Liechtenstei
Künstler sollen den Festsaal als Herausforc
aufnehmen und für diesen Saal, dessen i
und Decke ein Tabu sein werden, eine best
Ausstellungsidee realisieren. Der Saal s
nächsten Jahr als erste Ausstellung Arbeit-
Bernhard Leitner aufnehmen, einem öster
schen Künstler in New York, der raumakus
Modelle für diese Ausstellung im Festsaal
pieren wird. Der Gartenbereich hinter dem
Liechtenstein soll die Freizone des Museun
den, besonders für den Bereich der horizo
Skulptur, sowie in Verbindung mit dem Aber
Spielplatz des 9. Bezirks ein Ort für alle Bev
werden, an dem man sich trifft, von dem at
in das Museum geht, und sei es auch nur,
nen Kaffee in der Sala Terrena des Palais
tenstein zu trinken.
Das "20er Haus" mit seinen flexiblen Mögt
ten eines Einraummuseums wird im Außent
den Skulpturengarten wieder aufnehmen. lr
se selbst sollen die großen Wechselausstel