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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIV (1979 / Heft 166 und 167)

gewohnt sind, ist es ja nicht nur Präsentation von 
Kunstwerken, die Bewunderung fordern und abrin- 
gen, sondern Konfrontation mit dem totalen Heu- 
te, im Ludwigschen Sinn: .Stätte der Begegnung, 
,Erziehungsstätte', ,lnformationszentrum' und - 
nicht zuletzt v ,Ort verschiedener AktivitätenZ-i 
Prof. Ludwig reihte das Museum moderner Kunst 
in die traditionsreiche Geschichte der Wiener Mu- 
Seen ein: 
"Was heute hier in diesem festlichen Rahmen er- 
öffnet wird, kann von hoher Bedeutung für die Zu- 
kunft sein: den herrlichen, wahrhaft unvergleichli- 
chen Schatzhäusern alter Kunst in Wien gesellt 
sich ein Museum hinzu für die Kunst unserer Zeit. 
Was hier in wenig über einem Jahr dank der Unter- 
stützung der Bundesregierung unter Herrn Bun- 
deskanzler Dr. Bruno Kreisky und durch das lei- 
denschaftliche Engagement von Frau Bundesmi- 
nister Dr. Hertha Firnberg verwirklicht wurde, ist 
- so hoffen wir alle - ein großer Anfang. Ein neu- 
es Kapitel der traditionsreichen Kunstgeschichte 
Wiens ist aufgeschlagen. Diese Stadt des Gei- 
stes, der Musik und der Bildkunst, die einzigartig 
ist durch all das, was in ihr entstand, und in dem, 
was sie zu bewahren wuBte, schickt sich an, auch 
ein Zentrum zu werden für die Kunst dieser unse- 
rer Tage. Ein Anfang ist dies für moderne Kunst, 
der aufbaut auf dem ,Museum des 20. Jahrhun- 
derts", dessen wertvolle Bestände übernommen 
und jetzt fortgeführt werden durch eine riesige 
Zahl von Neuzugängen unmittelbar bis in die Ge- 
genwart. Dabei ist der glücklichen Hände. die im 
,Zwanziger Haus mit vorgegebenen bescheide- 
nen Mitteln Hervorragendes erworben haben, 
dankbar zu gedenken. Auch die Reihe der zahlrei- 
chen und international bedeutsamen Ausstellun- 
gen, die im Pavillon im Schweizer Garten das 
Kunstleben dieser Stadt so eindrucksvoll berei- 
chert haben, ist eine stattliche Basis, auf der es 
weiter aufzubauen gilt.ii 
Ohne die unglaubliche Energie aller Beteiligten 
ware dieses Museum nicht zu eröffnen gewesen. 
Die Bundesminister Dr. Firnberg und Dr. Sinowatz 
sowie die Unterstützung des Bundeskanzlers 
Dr. Kreisky und des Vizekanzlers Dr. Androsch 
sorgten für die politischen Wege, das Ziel zu errei- 
chen. Für die opfervolle, selbstlose Arbeit muß 
auch an dieser Stelle dem Komitee zur Vorberei- 
tung des Museums gedankt werden. Das Team 
hat das Unmögliche möglich gemacht: Herr Prof. 
Fillitz als wissenschaftlicher Leiter, unterstützt 
von seinen studierenden Mitarbeitern, der Präsi- 
dent Prof. Mayr, der Manager des Unternehmens, 
sowie der Rektor der Akademie der bildenden Kün- 
ste, Prof. Dr. Mairinger, und Herr John Sailer. 
Dank gilt auch Herrn Hofrat Dr. Schmelier, dem 
ehemaligen Leiter des Museums des 20. Jahrhun- 
derts, von dem die Idee stammt, das Palais Liech- 
tenstein und das 20er Haus zu einem Museum zu- 
sammenzuschließen. Die Ministerien unter Herrn 
Sektionschef Dr. Lein und Herrn Sektionsleiter 
Dr. Schlag halfen von Beginn an unbürokratisch, 
die Schwierigkeiten auf der Verwaltungsebene zu 
überwinden. 
Zur Eröffnung wurde das Palais Liechtenstein mit 
einer Erstausstellung von der Kommission einge 
richtet. Aus den Beständen des früheren Mu- 
seums des 20. Jahrhunderts, das besonders im 
Skulpturenbereich durch die Sammlungstätigkeit 
seines ersten Leiters, Prof. Dr. Werner Hofmann, 
internationale Qualität bietet, durch Werke aus 
den Fonds des Ministeriums für Unterricht und 
Kunst (Bundeskunstförderung), der Sammlung 
Hahn, die im Dezember 1978 von der Republik 
Osterreich erworben wurde, und der Sammlung 
Ludwig wurde die Erstausstellung thematisch ge- 
gliedert. Sie zeigt Kunst nach 1945 - mit einer 
Ausnahme, dem Harlekin von Picasso aus dem 
Jahre 1923 (Sammlung Ludwig) - unter folgenden 
60 
Themen: 1. Phantastik und Surrealismus, 2. Figu- 
rative Kunst und Ausdruck, 3. Pop-art, 4. Realis- 
mus als Form, 5. Geometrische Abstraktion-Bewe- 
gung, 6. Freie Geste und Form, 7. Die reale Ding- 
Welt, 8. Vom Anschaubaren zum Denkbaren, 9. Die 
ChicagoSchool, 10. Pattern-Painting (Arbeiten 
mit Textilien) und in einem Zusatz den größten Teil 
der sogenannten "Kölner Mappen, Zeichnungen 
von Joseph Beuys. Zur Ausstellungseröffnung er- 
schienen begleitende Kataloge (Redaktion H. Fil- 
litz). Die Kataloge zeigen die wichtigsten Beispiele 
der einzelnen Gruppen aus den derzeitigen Be- 
standen des Museums in Abbildungen und bieten 
außerdem ein vollständiges Verzeichnis der ver- 
fügbaren Werke des angegebenen Zeitraumes aus 
dem Besitz des Museums moderner Kunst (Eigen- 
tum und Leihgaben). Zum Hauptkatalog erschie- 
nen zusätzlich zur Eröffnung zwei Kataloge mit 
vollständigen Verzeichnissen und Abbildungen al- 
ler Objekte der Leihgaben Ludwig (Redaktion 
H. Fillitz) und der Sammlung Hahn (Redaktion 
John Sailer). Alle Kataloge sind an der Kasse des 
Museums zu erwerben (zusammen öS 450.-). 
Vor der Eröffnung des Museums im Palais Liech- 
tenstein haben sich viele kritische Stimmen gegen 
 
 
den Ort der Ausstellung gewandt. Es schien 
möglich, das barocke Palais für ein Museui 
zeitgenössischer Kunst zu adaptieren. Das l 
mit seinen Deckenspiegeln und barocken De 
bildern mußte ein zu starker Kontrast zu de 
dernen Bildern sein. Die Ausstellung zeigt, c 
natürlich an einigen Stellen Reibungspunkt 
zwischen alter und moderner Kunst. Zuglei 
es aber gerade der Kontrast und auch das Zi 
menspiel zwischen Moderne und Traditioi 
den Reiz des Museums ausmachen. In vielei 
en Museumsbauten hat gerade die mo 
Kunst besondere Schwierigkeiten, sich dui 
setzen (z. B. Centre Pompidou, Paris). Zeitgei 
sche Kunst begeht eine ästhetische Gratvv 
rung, bevor sie sich auf breiteren Pfaden im 
der Zeit durchsetzen kann. Sie ist Teil einer: 
fischen Elite, einer Elite, die noch nicht der 
der allgemein akzeptierten Anerkennung i 
den hat. Diese so empfindliche Kunst bedarf 
besonderen Schutzes. Das barocke Palais 
mit seiner Aura und seiner Tradition den l 
werken genau diesen Rahmen. Es sind nic 
die Großzügigkeit und die Qualität der Räun 
Palais Liechtenstein, die der modernen Kun 
fen, sondern ihr auratischer Geist, ihr histor 
Ernst, die sich schützend über die fragilen I 
werke unserer Zeit legen, indem der Ki 
Kunst wie selbstverständlich hergestellt wir 
Kunstwerke müssen also nicht gegen die F 
antreten, sie werden von den Räumen mit 
gen. Für einen Museumsmann kann es eige 
keine reizvollere Aufgabe geben, als mit zw 
schiedenen Häusern zu arbeiten, von denen 
aus der Barockzeit stammt, das andere al 
Stergültige, sehr flexible Architektur aus un 
Jahrhundert (Architekt Karl Schwanzer, 195 
zusehen ist. Beide Häuser zusammen werde 
gute architektonische Plattform für die mc 
Kunst in Wien sein. 
ln der zukünftigen Arbeit muß die Museu 
tung von den räumlichen Verhältnissen aus; 
Das Konzept sieht folgendermaßen aus: D. 
lais Liechtenstein wird die Hauptsammlung 
Museums aufnehmen, d. h. die Kunst des 20 
hunderts, auch die der klassischen Moderr 
verschiedenen Abteilungen sollen nicht nur 
tisch begleitet werden, sondern auch durch 
selnde Ausstellungsaktivitaten, für die Räur 
gemacht werden müssen: Ausstellungen, 
kurzer Folge ohne allzu großen finanzielle 
satz die österreichische Kunstszene präser 
werden. Dazu werden sich Ausstellungen 
Sala Terrena zu einzelnen Themen geselle 
Festsaal bietet sich für eine Reihe von Aktii 
an, wie Musik, Theater, Performance, Videi 
träge. Der Festsaal soll aber auch Ort von l 
deren Ausstellungen im Palais Liechtenstei 
Künstler sollen den Festsaal als Herausforc 
aufnehmen und für diesen Saal, dessen i 
und Decke ein Tabu sein werden, eine best 
Ausstellungsidee realisieren. Der Saal s 
nächsten Jahr als erste Ausstellung Arbeit- 
Bernhard Leitner aufnehmen, einem öster 
schen Künstler in New York, der raumakus 
Modelle für diese Ausstellung im Festsaal 
pieren wird. Der Gartenbereich hinter dem 
Liechtenstein soll die Freizone des Museun 
den, besonders für den Bereich der horizo 
Skulptur, sowie in Verbindung mit dem Aber 
Spielplatz des 9. Bezirks ein Ort für alle Bev 
werden, an dem man sich trifft, von dem at 
in das Museum geht, und sei es auch nur, 
nen Kaffee in der Sala Terrena des Palais 
tenstein zu trinken. 
Das "20er Haus" mit seinen flexiblen Mögt 
ten eines Einraummuseums wird im Außent 
den Skulpturengarten wieder aufnehmen. lr 
se selbst sollen die großen Wechselausstel
	        
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