nauen Maßangaben und Schors Kommentar in ge-'
brochenem Italienisch, und schließlich eine An-
slcht des fertigen Wagens98. Somit sind wir in die-
sem Fall über den Arbeitsmodus genau unterrich-
tet.
Auch bei dem Prunkwagen, der Sänfte und dem
Schmuck der Pferde, die der Königin Christine von
Schweden bei ihrem Einzug nach Rom feierlich
überreicht wurden, sind die Namen Bernini und
Schor in den Listen des päpstlichen Schatzmei-
sters gemeinsam verzeichnet. Den weitgehenden
Anteil Schors an der Ausführung der Geschenke
hat Georgina Masson recherchiert99. Er wird in
den Registern als sopraintendente dei deti Iavori
genannt. Schor war dabei noch für die kleinsten
Details verantwortlich, wie aus Rechnungen für
die Innendekoration, Vasen auf dem Dach und sil-
berne Borten und Schnüre hervorgeht. Die Karos-
se war mit versiiberten Figuren, Statuen und im-
prese misteriose geschmückt, innen mit himmel-
blauem Samt ausgeschlagen und mit schwerem
Brokat und silbernen Schnürbandern verziertllw.
Auch von diesen Werken hat sich nichts erhalten.
Der Augenzeuge Galezzo Gualdo Priorato hat die
Übergabe der Geschenke an die Königin in seiner
Historia della Sacra Real Maestä di Christina
Alessandra Regina di Svetia beschrieben: Die KG
nigin wwollte die Karosse, die Sanfte und den
Tragstuhl besehen, die ihr der Papst geschenkt
hatte; sie wurden ihr sogleich vorgeführt, und mit
ihnen kam der Cavalier Bernini, der die Figuren
entworfen hatte, die sie schmückten. Der Graf Rai-
mondo Montecuccoli, der zugegen war, empfahl
der Königin, die Figuren unter dem Sitz des Kut-
schers zu betrachten, und fügte hinzu, daß sie
vom Cavalier Bernini entworfen worden seien,
woraufhin sie ihre Majestät genau besah. Der Ca-
valier Bernini sagte bescheiden zur Königin:
,Wenn Euch irgend etwas miBfällt, so stammt es
von mir.' Auf diese Worte wandte sich die Königin
ihm zu und antwortete mit großer Grazie: ,Also
stammt nichts davon von Euchlßljrr Berninis höfli-
che Worte scheinen nicht reiner Courtoisie ent-
sprungen zu sein. Sie erhalten doppelte Bedeu-
tung, wenn man den Anteil seiner Mitarbeiter an
der Ausarbeitung der Geschenke in Betracht
zieht.
Der Einzug der zum Katholizismus konvertierten
schwedischen Königin in die Ewige Stadt stellt ei-
nen der Glanzpunkte im Pontifikat Alexanders Vll.
dar. Monate hindurch lassen sich 1655 in den
päpstlichen Registern die Ausgaben für den
Schmuck der Stadt verfolgen. Die musik- und thea-
teriiebende Königin wurde mit dem größten Prunk
empfangen. Für ihre Rast vor den Toren der Stadt
war Schor wiederum mit diverse pitture am Kastell
Olgiata beschäftigt. In der Villa Giuiia, der letzten
Station der Königin vor ihrem feierlichen Einzug,
hatte er das Portal mit Wappen, Schriftbändern
und Medaillons zu schmückenlßi.
Mit den Schöpfungen eines kulinarischen Kunst-
handwerks soll Schors Vielseitigkeit abschlie-
ßend illustriert werden. Denn selbst im Zusam-
menhang mit dem Bankett, das der Papst zu Eh-
ren der Königin am 26. Dezember 1655 gab, begeg-
net man Schor. Er entwarf die rrionfi di tavola, die
Dekorationen aus Zuckerwerk, die die Tische des
Festbanketts schmückten. Diese Skulpturen aus
Zucker - allegorische Szenen, biblische Figuren,
phantastische Tiere - wurden wiederum von An-
tonio Chiccari angefertigt. Ein Entwurf Schors hat
sich im Gabinetto Nazionale delle Stampe in Rom
erhaltenlßß (Abb. 11). Er zeigt einen Phönix und die
Sonne - Symbole, die von Christine häufig ver-
wendet wurden. Ein anderer, bisher unpublizierter
Entwurf zeigt eine früchtetragende Gruppe von
Bäumen inmitten anderer Zuckerfrüchtem
(Abb. 10). Beide Blätter sind mehr als ldeenskizzen
denn als fertige Vorzeichnungen zu betrachten.
28
Diese Kunst der trionli war im barocken Italien
hoch entwickelt, die Bewunderung für ihre Meister
gab sogar Anlaß zu Madrigalenißil.
VI
Die Ader des Dekorativen in der Familie, die bei
Johannes Paul am stärksten zur Ausprägung kam,
läBt sich auch bei seinem Bruder Ägid verfolgen.
Er errichtete Triumphbogen, Feuerwerksapparate,
Festdekorationen, Theaterszenerien, Funeralde-
korationen, Heilige Gräber und entwarf Buch-
schmuck, Monstranzen und silberne Gefäße. Ägid
Schor, zwölf Jahre jünger als Johannes Paul, war
zwischen 1656 und 1665 bei seinem Bruder in
Rom, wo seine Mitarbeit bei den Fresken im Quiri-
nalspalast belegt istloß. Er kehrte nach Innsbruck
zurück und wurde zu einem der Begründer der ba-
rocken Deckenmaierei in Tirol. Johannes Paul
blieb bis an sein Lebensende in Rom, wo er am
13. März 1674 starb. Sein Grabstein in der deut-
schen Nationalklrche Santa Maria deil'Anima,
prope altare Sancti Larrlberti, in der Kapelle des
heiligen Lambertus, hat sich nicht erhaItenIW.
11 Johannes Paul Schor, Entwurf zu einem trionfo. Rom,
Gabinetto Nazionale delle Stampe.
Anmerkung 104 - 114 (Anm. 98- 103 s. Text S. 27)
"u Gabinetto Nazionale delle Stampe Rom, lnv Nr. 127.539, Fader in
Schwarz, 1501198. Dazu Ehrlich (wie Anm. 33) 311, WO dieses Blatt
einem Hinweis von Rudolf Wittkower Schor zugeschrieben
wir .
Per Bjurström, Faust arid theatre in Queen Chrislinas Rome. Ana-
lecta Heglnensia lll. Queen Christina of Sweden- Documsnts und
Studies. Natiortalmusei Skriftserie Nr. 14'(Stockholm 1965) 55.-
Hammer (wie Anm. 9) B5 erwahnt die Mitarbeit Hans Schors an
den Tisehdekoratlonan fur die Hochzeit Kaiser Ferdinand: ll. mit
Eleonore von Mentua in Innsbruck im Jahre 1622. Bei Überprü-
fung der Quelle lrrl Tiroler Landesarchiv, Kunstsachen Nr. 1435.
erweist sich jedoch Ferdinand Götl als der Schöpfer dieser triori-
fiartigen Taleldakoration.
"x Vgl. Wibiral (wie Anm. 15).
w" Plarraiarchiv Santa Maria dell'Anima. Totenbuch Mlsceilanea 15.
Aus der Eintragung geht hervor, diß Schor am 1a. März in Pfarrei
S. Andrea delle Fratta starb und am 14. in Santa Maria dalFAriima
beigesetzt wurde.
"" Schor (wie Anm. A) 16.
"" Klaus Lankheit. Fiorantinische Barockplastik (München 1962) 33
und 256, Dok. Nr. 132.
"u Über die Mitarbeit Philipp Schors am Garten des Falano Bor-
ghese s. Hibbard (wie Anm. 57) Uber die Vasen des Gartens und
ihre Funktion ebenda 209, Anm. 28. - Zur Kontroverse über das
Jahr der Ankunft Fischers in Rom s Hans Sedimayr, Bernini und
Fischer Vorl Eriach. In: Das Münster, B415 (München 1952)
255-273. Vgl. dagegen den Bericht über das Kolloquium der JO-
hann-Bernhard-Fischer-von-Eriach-Ausstellung in: Kunstchro-
nlk, Bd. 10 (München 1957) 338. Hier wird dar Vortrag Eberhard
Hernpels referiert, dem der Beginn von Fischers römischem Auf-
enthalt mit 1670171 als zu früh angesetzt erscheint. Dazu euch
Hans Aurenhemmer im Katalog der Ausstellung Fischer von Er-
lach (Wien 195a) 12.
"' Sedimayr (wie Anm. a5) 22. Vgl. auch hier Anm. so.
"1 Schor (WIE Anm. a) zu.
"J Duxu ist vor allem das Archiv des Mnrques dei Carpio auszuwer-
ten, das tiich im spanischen Zentralerchiv Siguenza befindet. Vgl.
Sedimayr (wie Anm. es; 292.
Aurenhammar (wie Anm. 14) unternahm dies lediglich lilr die
Sammlungen in Rom, München und Innsbruck. Vgl. dazu hier
Anm. 91. Ehrlich (wie Anm. 33) hat diesen Versuch bereits unter-
nommen.
ms
Zu Schors Schülern gehörten der in päpsi
Diensten stehende Dekorateur und lngenie
chelangeio Ricciolini und der Ingenieur und
Conte San Martini. Ricciolini war es auch, dt
des Sohnes Ägid Schors, Johann Ferdinal
nahm, als dieser zum Architekturstudiurr
Rom kam. Bei dieser Gelegenheit samme
hann Ferdinand die Nachrichten über seinl
kel Johannes Paul, die hier mehrfach zitie
denwß. Johannes Pauls Söhne aus seiner E
Brigida Fruili, Philipp und Christoph, war
reits in Italien naturalisierte Mitglieder der
lerfamilie. Sie betätigten sich späterhin als
tekten, folgten jedoch zunächt der Richtung
Vaters. Möglicherweise betrieben sie eine
statt, die auf Holzverzierungen spezialisiei
Jedenfalls wurden intagliatori di legname 1
die Werkstatt eines "Todeschinotr geschicl
der Quelle nach zu den besten auf diesem i
in Rom gehörte")?
Johannes Pauls 1646 in Rom geborener Sot
lipp Schor, dessen Spur sich in Neapel verlie
für die Entwicklung der Barockarchitektur a:
ne indirekte Bedeutung. Der junge Johann
hard Fischer kam - noch ohne Adelsprädi
1670171 nach Rom, wo er in Johannes Paul
seinen römischen Mentor fand. Als Gehilfe F
Schors hat Fischer womöglich am Garten d
lazzo Borghese mitgearbeitetliß. in seine
rühmten Stichwerk widmete Fischer von l
später ein ganzes Buch vdiverser Vasen", die
de in dieser Gartenarchitektur Schors eine t
tende Rolle spielten. Sedimayr sieht für Fi:
Trophäen des Stuckfrieses in der Salzburg:
legienkirche llunverkennbare Vorbildern in
Zeichnungen Johannes Paul Schors im Gab
Nazionale delle Stampe in Roml".
1684 zog Philipp Schor mit dem etwa zehn
jüngeren Fischer nach Neapel, um dort I
Dienste des spanischen Vizekönigs zu trete
hann Ferdinand Schor, der in Prag mit Fischt
Eriach Bekanntschaft schloß, berichtet übe
sen italienischen Aufenthalt: r-Es kam näh
obgemeldter Herr von Eriach in seiner Jugel
ein Bildhauer nach Florn, konnte aber unte
Romanischen Bildhauern seine Convenienz
finden; da wurde ihm gerathen, sich beim
Philipp Schor zu meiden, als welcher sehr
zu thun habe, und deßwegen untern andern
einen bei sich zu halten pflegte, so mit de:
hauerei und besonders mit Possieren umt
konnte, um dadurch seine Verzierungs-lnv
nen in Modellen fürstelien zu können; womit
der fürtreffliche Geist des Hrn. von Erlac
gleich auch sich die Architectur bekannt m:
und solcher Gestalt darin zunahm, daß ihn P
Schor, als er, wie oben gemeldet, nach Neap
rufen worden, auch mit sich nahm, und mi
ßem Vortheile sich seiner bediente. Da aber I
scher Lust bekam, wieder ins Deutschland;
hen, und bei den damahligen für die Künstler
glückliche Zeiten eine gute Goldbörse gesar
hatte, so verlor er sich aus Neapel, und zwa
er sagte, weil er einem verwelschten Deut:
nicht trauete, und gieng vollends nach Wie
Von Fischers Tätigkeit in Italien ist außer zwt
daillen bisher nichts identifiziert. Aufschluß
seine römische und vor allem neapolitanisch
wird erst eine Untersuchung bieten, die PI
Schor als Architekt gerecht zu werden versuc
Auch das Werk Johannes Paul Schors wirc
gewiß noch vielfältiger zeigen, wenn man se
den verschiedenen graphischen Sarnmiungt
haltenen Blätter in der Zusarnmenschau be.
tett". Die vorliegende Untersuchung konnte
diese Aufgabe nicht stellen. Ihr Ziel war es, l
als dem allgegenwärtigen "Dekorations-
nieurlt näherzukommen, als der er sich in dei
gen Stadt betätigte.