sich auch weiter in Organisation und Betonung bereits
vorhandener Schwerpunkte im Kirchenraum manife-
stierte. Burkhard von Weißpriach, damals noch Dom-
probst, später Kardinalerzbischof von Salzburg, er-
suchte 1459m um Einleitung des Kanonisationspro-
zesses für den in der Salzburger Tradition bereits als
heilig verehrten Vitalis, den Nachfolger des hl. Ruper-
tus. Wahrscheinlich wird es so gewesen sein, daß das
Stift schon früher von sich aus hier agierte, denn
schon in den vierziger Jahren sind Ausgaben für
nsand Vital grabii belegt und das ivErscheinungsbildii
des Heiligen auf seinem in dieser Zeit hergestellten
Grabmal paßt in diese Richtung. Auch das Grab des
hl. Rupert erhält einen neuen Stein (1444). Die Abtei
konnte somit beweisen. daß der Kult des Heiligen sich
in guten Händen befand; es überrascht so nicht, daß
man gegen die Heiligsprechung - betrieben vom
Domkapitel - mit Erfolg Einspruch erhob und damit
gegen die drohende Transterierung der Reliquien in
den Dorn. Wie schon erwähnt. aktiviert St. Peter die
Angelegenheit 1462 mit entsprechender Dokumenta-
tion im Chor. 1519 wird der Kult gestattet. Das Anlie-
gen um das Grab des Heiligen zieht sich durch das
Jahrhundert: 1497 sind Arbeiten dafür belegt: "Leich-
terii, iiknophii. vgatterii, vlaDlS B. Vitalisii, vielleicht eine
Standfigur. Dieses historisierende, aus aktuellen Be-
dürfnlssen laufende Programm kann mit der hochin-
teressanten Notiz vom Beginn des 16. Jh.s ausklingen
(1503), in der iimagistro Haynrico pictori pro diuversis
picturis ecclesie F93; Vlll includuntur ymagines due
ducurrt Bauariae et rotulaii bezahlt werden. Ein Hin-
weis auf die profane Geschichte des Klosters, die An-
gaben sind leider nicht spezifiziert. Der Schwerpunkt
des Chors strahlte au1 die Gesamtkirche aus.
Wirker und zugleich Knoten in dem reichen Bezie-
hungsnetz war Abt Rupert Keutzl (1466-95)". Mit den
Intentionen seines Vorgängers war er sehr gut ver-
traut und hat in seiner Regierungszeit die eingeschla-
gene Richtung mit Kraft fortgesetzt. Reform, gute
Führung des Hauses und Glanz des Gottesdienstes
waren ihm besondere Anliegen. Es geht nun darum,
zu zeigen, daß die in seiner Amtszeit erbaute Marga-
rethenkapelle in Strömungen stand, die denen, aus
denen der Chor entstand, gleichen, und daßdie Kapel-
le in gewissen Zügen daraus Gestalt bekam.
Von Kaiser Friedrich lll. haben wir an vielen von ihm
begonnenen und aus seiner Anregung erstandenen
Kunstwerken die Signatur A.E.l.O.U. - jedenfalls
Ausdruck des Bewußtseins um die historische Funk-
tion des Kaisers. Abt Rupert ließ schreiben: lnitium sa-
pientiae timor Domini. Ruperti abbatis persto ego jus-
su suo. Für die Kapelle ist die Inschrift zwar nicht
überliefert, aus anderen Hinweisen war die ursächli-
che Verbindung des Abtes deutlich. Am 8. Juli 1492
erfolgte die Einweihung. Abgesehen von innerer Ein-
richtung und eventueller Ausmalung hat sich der Bau
unversehrt erhalten, die Portalfiguren wurden 1943
gestohlen, Weihetafel und Traditionsgeschichte wa-
ren in der Kapelle ausgewiesen."
In lapidarer - auch wörtlich zu verstehen - denk-
malhaft-signifikanter Geschlossenheit und Präzision
mit hohen zu iilesendenii Aussagequalitäten bietet
des Baus - aus vielen Steinblocken wieder zur Ein-
heil geworden - eingearbeitet, ziselierend einge-
schnitten. sie treten nie über die Kubusgrenzen hin-
aus. In der ihnen so eindeutig zugewiesenen räumli-
chen Schicht entwickeln sie aber intensives plasti-
sches Eigenleben. Die Verbindung der konkaven
Raumnischen mit konvexen Elementen ist insbeson-
dere im Westportal exemplarisch vorgeführt. Das Ge-
wände ist von nicht sehr tielen Teilnischen bestimmt,
der polygonale Sockel als konvexe Einheit zur Mitte
3 Predellentafel
thl Gregor) aus dem
l495-1500 von Georg
Staber in Rosenheim
geschaffenen Altar
der Margarethen-
kapelle
4 Ehemaliger Altar der
Margarethenkapelle
von Georg Staber
Versuch einer Rekon-
struktion im geschlos-
senen Zustand (auf
den Flügeln Darstel-
lungen der hll Rupert
und Erentrudis bzw
Benedikt und Aman-
dus - Predella,
Kirchenvater).
sich drängend. Zwei konventionelle spätgotische Vo-
kabel lassen die Spannung dieser Verschränkung
nacherleben: der erste Birnstab (ein bereits im Sinne
der plastischen Gesamtablolge verlormtes Prinzip)
gehört mit seiner Kanttläche zur Begrenzung des Bau-
blockes. der mit ihm gekuppelte Rundstab, etwas
nach innen gezogen, agiert bereits in die Raumschich-
te der Portalnische. Es ist sehr wohlüberlegt. wenn die
eingeschrieben, ein Architekturbild, doch über die Illu-
sion eines gemalten Bildes hinausgetührt. Zur Erklä-
rung dieses Phänomens sei auf Tafeln Michael Pa-
chers im Altar von St. Wolfgang hingewiesen, als vor-
stellbare und vielleicht sogar anregende Parallele. Im
Heimgang der Muttergottes etwa ist es eine eigen-
artige Vermengung, ein lneinanderschieben und Ver-
zahnen der vom Künstler durch die Funktion der Figu-
ren signifizierten Flaumschlchten. Die Illusion eines
Portalgewandes, das mit dem inneren Rahmen des
3
Bildes identisch ist und in dessen tiefer Raumschicht
der Apostel zum Beschauer heraus steht, während
der die Seele Mariens aufnehmende Herr der Darstel-
lung und der Bedeutungsintensitat nach aus der
Schicht herausragt 4 eine Raumandeutung, die der
der trauernden Apostel als auch der der frommen Be-
trachter weit überlegen ist und darin wieder letzterer
gemeinsam. Die Mittel von Architektur und Plastik