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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXVII (1982 / Heft 180 und 181)

sich auch weiter in Organisation und Betonung bereits 
vorhandener Schwerpunkte im Kirchenraum manife- 
stierte. Burkhard von Weißpriach, damals noch Dom- 
probst, später Kardinalerzbischof von Salzburg, er- 
suchte 1459m um Einleitung des Kanonisationspro- 
zesses für den in der Salzburger Tradition bereits als 
heilig verehrten Vitalis, den Nachfolger des hl. Ruper- 
tus. Wahrscheinlich wird es so gewesen sein, daß das 
Stift schon früher von sich aus hier agierte, denn 
schon in den vierziger Jahren sind Ausgaben für 
nsand Vital grabii belegt und das ivErscheinungsbildii 
des Heiligen auf seinem in dieser Zeit hergestellten 
Grabmal paßt in diese Richtung. Auch das Grab des 
hl. Rupert erhält einen neuen Stein (1444). Die Abtei 
konnte somit beweisen. daß der Kult des Heiligen sich 
in guten Händen befand; es überrascht so nicht, daß 
man gegen die Heiligsprechung - betrieben vom 
Domkapitel - mit Erfolg Einspruch erhob und damit 
gegen die drohende Transterierung der Reliquien in 
den Dorn. Wie schon erwähnt. aktiviert St. Peter die 
Angelegenheit 1462 mit entsprechender Dokumenta- 
tion im Chor. 1519 wird der Kult gestattet. Das Anlie- 
gen um das Grab des Heiligen zieht sich durch das 
Jahrhundert: 1497 sind Arbeiten dafür belegt: "Leich- 
terii, iiknophii. vgatterii, vlaDlS B. Vitalisii, vielleicht eine 
Standfigur. Dieses historisierende, aus aktuellen Be- 
dürfnlssen laufende Programm kann mit der hochin- 
teressanten Notiz vom Beginn des 16. Jh.s ausklingen 
(1503), in der iimagistro Haynrico pictori pro diuversis 
picturis ecclesie F93; Vlll includuntur ymagines due 
ducurrt Bauariae et rotulaii bezahlt werden. Ein Hin- 
weis auf die profane Geschichte des Klosters, die An- 
gaben sind leider nicht spezifiziert. Der Schwerpunkt 
des Chors strahlte au1 die Gesamtkirche aus. 
Wirker und zugleich Knoten in dem reichen Bezie- 
hungsnetz war Abt Rupert Keutzl (1466-95)". Mit den 
Intentionen seines Vorgängers war er sehr gut ver- 
traut und hat in seiner Regierungszeit die eingeschla- 
gene Richtung mit Kraft fortgesetzt. Reform, gute 
Führung des Hauses und Glanz des Gottesdienstes 
waren ihm besondere Anliegen. Es geht nun darum, 
zu zeigen, daß die in seiner Amtszeit erbaute Marga- 
rethenkapelle in Strömungen stand, die denen, aus 
denen der Chor entstand, gleichen, und daßdie Kapel- 
le in gewissen Zügen daraus Gestalt bekam. 
Von Kaiser Friedrich lll. haben wir an vielen von ihm 
begonnenen und aus seiner Anregung erstandenen 
Kunstwerken die Signatur A.E.l.O.U. - jedenfalls 
Ausdruck des Bewußtseins um die historische Funk- 
tion des Kaisers. Abt Rupert ließ schreiben: lnitium sa- 
pientiae timor Domini. Ruperti abbatis persto ego jus- 
su suo. Für die Kapelle ist die Inschrift zwar nicht 
überliefert, aus anderen Hinweisen war die ursächli- 
che Verbindung des Abtes deutlich. Am 8. Juli 1492 
erfolgte die Einweihung. Abgesehen von innerer Ein- 
richtung und eventueller Ausmalung hat sich der Bau 
unversehrt erhalten, die Portalfiguren wurden 1943 
gestohlen, Weihetafel und Traditionsgeschichte wa- 
ren in der Kapelle ausgewiesen." 
In lapidarer - auch wörtlich zu verstehen - denk- 
malhaft-signifikanter Geschlossenheit und Präzision 
mit hohen zu iilesendenii Aussagequalitäten bietet 
des Baus - aus vielen Steinblocken wieder zur Ein- 
heil geworden - eingearbeitet, ziselierend einge- 
schnitten. sie treten nie über die Kubusgrenzen hin- 
aus. In der ihnen so eindeutig zugewiesenen räumli- 
chen Schicht entwickeln sie aber intensives plasti- 
sches Eigenleben. Die Verbindung der konkaven 
Raumnischen mit konvexen Elementen ist insbeson- 
dere im Westportal exemplarisch vorgeführt. Das Ge- 
wände ist von nicht sehr tielen Teilnischen bestimmt, 
der polygonale Sockel als konvexe Einheit zur Mitte 
3 Predellentafel 
thl Gregor) aus dem 
l495-1500 von Georg 
Staber in Rosenheim 
geschaffenen Altar 
der Margarethen- 
kapelle 
4 Ehemaliger Altar der 
Margarethenkapelle 
von Georg Staber 
Versuch einer Rekon- 
struktion im geschlos- 
senen Zustand (auf 
den Flügeln Darstel- 
lungen der hll Rupert 
und Erentrudis bzw 
Benedikt und Aman- 
dus - Predella, 
Kirchenvater). 
sich drängend. Zwei konventionelle spätgotische Vo- 
kabel lassen die Spannung dieser Verschränkung 
nacherleben: der erste Birnstab (ein bereits im Sinne 
der plastischen Gesamtablolge verlormtes Prinzip) 
gehört mit seiner Kanttläche zur Begrenzung des Bau- 
blockes. der mit ihm gekuppelte Rundstab, etwas 
nach innen gezogen, agiert bereits in die Raumschich- 
te der Portalnische. Es ist sehr wohlüberlegt. wenn die 
eingeschrieben, ein Architekturbild, doch über die Illu- 
sion eines gemalten Bildes hinausgetührt. Zur Erklä- 
rung dieses Phänomens sei auf Tafeln Michael Pa- 
chers im Altar von St. Wolfgang hingewiesen, als vor- 
stellbare und vielleicht sogar anregende Parallele. Im 
Heimgang der Muttergottes etwa ist es eine eigen- 
artige Vermengung, ein lneinanderschieben und Ver- 
zahnen der vom Künstler durch die Funktion der Figu- 
ren signifizierten Flaumschlchten. Die Illusion eines 
Portalgewandes, das mit dem inneren Rahmen des 
3 
Bildes identisch ist und in dessen tiefer Raumschicht 
der Apostel zum Beschauer heraus steht, während 
der die Seele Mariens aufnehmende Herr der Darstel- 
lung und der Bedeutungsintensitat nach aus der 
Schicht herausragt 4 eine Raumandeutung, die der 
der trauernden Apostel als auch der der frommen Be- 
trachter weit überlegen ist und darin wieder letzterer 
gemeinsam. Die Mittel von Architektur und Plastik
	        
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