B uch besprechungen
Brigitte Klesse, Glassammlung Helfried Krug,
Band 2, 1973. 316 Seiten bibliophiler Druck,
421 Schwarzweißabbildungen, 7 Farbtafeln,
Format 26X30,5 cm, kunstvoller Pappband
mit Farb- und Bildprägung. DM 120.-.
INSBN 3-7749-1254-8, Rudolf Habelt Verlag, Bonn.
Als im Jahre 1965 der erste Band der Glassammlung
Helfried Krug aus der Feder von Frau Dr. Brigitte
Klesse erschien, wurde die Fachwelt mit einer
Sammlung von internationalem Rang bekannt
gemacht, von deren Existenz bis dahin nur wenige
wußten. Dieser erste Band, der bereits vergriffen
ist, enthielt 431 Katalognummern von der Antike
bis ins 19. Jahrhundert, die nicht nur minuziös
beschrieben, sondern alle auch abgebildet waren.
Das Format, die Ausstattung sowie das Layout
übertrafen alle bisherigen Publikationen zu einem
solchen Thema. Nicht nur die Gläser der Sammlung
mit ihrem Schwergewicht auf den geschnittenen
Erzeugnissen aus Nürnberg, Böhmen, Schlesien,
Mitteldeutschland, Brandenburg und den Nieder-
landen ließen einen engagierten Sammler erkennen,
sondern auch die Texte von Brigitte Klesse eine
engagierte wissenschaftliche Bearbeiterin von
äußerster Akribie.
Acht Jahre nach Erscheinen des ersten Bandes folgt
nun ein zweiter in der gleichen Ausstattung, der,
analog dem ersten, einen Überblick über die
Geschichte der Glaskunst von der Antike bis zum
Ende des 19. Jahrhunderts bringt, iedoch im Sinne
einer bewußten Ergänzung und Abrundung der
Sammlung. Dieser zweite Band enthält die Num-
mern van 432 bis 762, d. h. er hat 421 Schwarz-
weißabbildungen und sieben Farbtafeln. Mit einem
Bestand von 762 Gläsern muß die Sammlung
Helfried Krugs wohl als eine der größten Privat-
sammlungen angesehen werden. Dieser zweite
Band zeigt, daß der Sammler Krug in den ver-
gangenen Jahren sehr bewußt und gezielt seine
Sammlung komplettierte und daß er auch hier den
Schwerpunkt auf die Schnittgläser vom 17. bis zum
19. Jahrhundert legte, die mit rund 150 Obiekten
die größte Gruppe ausmachen. ln dieser Gruppe
tauchen ietzt die Namen der bedeutendsten Glas-
schneider, wie Hermann Schwinger, Gottfried
Spiller, Friedrich Winter, Christian Gottfried Schnei-
der, Georg Ernst Kunkel, mit authentischen Arbeiten
auf.
Diese beiden Bände über die Glassammlung Hel-
fried Krug ergeben, sowohl was ihre wissenschaft-
liche Bearbeitung als auch ihre Ausstattung betrifft,
ein Standardwerk über 2000 Jahre Glaskunst. Sie
sind aber auch ein Zeugnis dafür, daß es nicht nur
in der Vergangenheit, sondern auch in der Gegen-
wart möglich ist, eine große Sammlung aufzubauen,
wenn alle Voraussetzungen vorhanden sind: die
Begeisterung für einen Werkstoff und seine
Gestaltungsmöglichkeiten, die Verbundenheit mit
den Kulturwerten und schöpferischen Leistungen der
Vergangenheit, ein nie versiegendes Engagement,
das bereit ist, große finanzielle Mittel, gepaart mit
nüchternem Realitätssinn, einzusetzen.
AMK-Prädikat; Publikation im Handbuchcharakter
mit bisher unbekanntem Material. Vorzüglich in der
wissenschaftlichen Bearbeitung und in der groß-
zügigen Ausstattung. Für Museen, Sammler und
Historiker unentbehrlich. Wilhelm Mrazek
Tapeten, ihre Geschichte bis zur Gegenwart,
3 Bände, herausgegeben von Heinrich Olligs,
Klinkhardt und Biermann, Braunschweig 1969.
Mit diesen Bünden wurde eine Publikation vorge-
legt, von der zu erwarten ist, daß sie für lange
Zeit als Standardwerk Gültigkeit besitzen wird;
ein enormes Material zum Thema Tapete in allen
ihren Möglichkeiten künstlerischer wie technischer
Art ist hier in Wart und Bild vorgestellt. Ergänzt
durch zwei Beiträge über textile Wandbespan-
nungen von Braun-Ronsdorf und Buntpapiere von
Hämmerle, hat Josef Leiß, der Direktor des
Tapetenmuseums in Kassel, das die bedeutendste
derartige Sammlung beherbergt, die Geschichte der
Tapete von ihren Anfängen bis in die Gegenwart
dargestellt. In eigenen Kapiteln sind zunächst die
besonderen Arten der kostbaren Ledertapete sowie
der Flock- und Streutapeten und der Wochstuch- und
Pekingtapeten behandelt; daran schließt sich die
eingehende Behandlung der Papiertapete von ihren
Anfängen im 16. Jahrhundert zu Aufstieg und immer
weiterer Verbreitung im 18. Jahrhundert bis zur
absoluten Vorherrschaft über alle anderen Arten der
Wanddekoration im 19. Jahrhundert und sodann
der Übergang vom Hand- zum Maschinendruck im
industriellen Zeitalter und die Entwicklung bis zur
Gegenwart. Den vielfältigen Aspekten dieses
Themas entsprechend, sind nicht nur Erläuterungen
der verschiedenen Techniken sowie der Pflege und
Restaurierung alter Tapeten an die Darstellung der
künstlerischen Phänomene ieweils angeschlossen,
sondern auch immer wieder die Querverbindungen
zu verwandten und benachbarten Kunstgattungen,
Tapisserie, Wandmalerei, Bespannungsstoffen usw.,
hergestellt, sowie auf die allgemeinen Wandlungen
des Geschmackes und der gesamten lnnenraum-
dekoration Bezug genommen worden. Der 3. Band
bringt nach einer zusammenhängenden Darstellung
der Entwicklung der Drucktechniken eine Reihe von
Beiträgen namhafter Fachleute zur wirtschaftlichen
Struktur und Bedeutung der Tapetenindustrie heute.
Ein reichhaltiger Anmerkungsapparat, Literaturver-
zeichnis und Register bieten zudem die Möglichkeit
zu leichter Orientierung und zur Verfolgung
spezieller Einzelfragen. Mit mehr als 1000 Abbildun-
gen - vorzüglich in Auswahl und Wiedergabe -
wird die Fülle des Materials, das der Text be-
handelt, in repräsentativer Form auch unmittelbar
zur Anschauung gebracht.
Diese Darbietung eines so umfangreichen und viel-
gliedrigen Fragenkomplexes bildet in ihrer vor-
bildlichen Art eine wahre Fundgrube für Kultur- und
Kunsthistoriker wie auch für alle heute auf dem
Gebiet der Raumgestaltung und -ausstattung selbst
tätigen Künstler.
AMK-Prädikat: Reich illustriertes, umfassendes
Werk über Geschichte, Technik und Gegenwarts-
bedeutung der Tapete; wichtig für Kultur- und
Kunsthistoriker wie auch moderne Raumgestalter.
Dora Heinz
Masako Shono, Japanisches Arita-Porzellan im
sogenannten „Kakiemonstil" als Vorbild für die
Meißener Porzellanmanufaktur. 80 Seiten Text mit
6 Seiten Strichzeichnungen, 134 Abbildungen,
davon 6 farbig. Editians Schneider,München 1973.
Der Einfluß von ostasiatischem auf europäisches
Porzellan wurde in einschlägigen Publikationen
zwar immer wieder festgestellt, doch fehlte es an
instruktiven Spezialuntersuchungen. ln der ein-
gehenden Behandlung des Themas Arita-Porzellan
als Vorbild für die Meißener Porzeilanmanufaktur
läßt die vorliegende, aus einer Dissertation her-
vorgegangene Publikation von Masako Shano
keinen Wunsch offen. Die Autorin gibt in einer
Einleitung die Grundlagen ihrer Untersuchung:
die Definition des Begriffes Arita-Porzellan, einen
historischen Überblick über die Beziehung Japan-
Europa im 17. und T8. Jahrhundert sowie Aufgaben-
stellung und -abgrenzung.
Im Hauptteil des Buches werden uns in klarer, über-
sichtlicher Gliederung die Dekore vorgeführt: Tier-
darstellungen, Vogeldarstellungen, Pflanzendekore,
figürliche Dekore und Rankendekore. Die Analyse
der Autorin, die, als Japanerin in Deutschland
lebend, für eine solche Thematik prädestiniert
scheint, untersucht die Vorbilder und Veränderun-
gen, denen sie in Meißen unterlagen, mit minuziöser
Genauigkeit.
Das erfaßte Material beschränkt sich nicht auf den
deutschen Raum, wiewohl sich in deutschen Museen
und Sammlungen die größte Anzahl der abgebil-
deten Obiekte befindet: in den Staatlichen Kunst-
sammlungen Dresden sowie im Bayerischen
Nationalmuseum in München mit der angeglieder-
ten Stiftung Schneider im Schloß Lustheim. ln
Rainer Rückert, der zusammen mit Richard Rasch das
Proiekt herstellerisch betreute, hatte die Autorin
außerdem d e n Fachmann für Meißener Porzellan
zur Seite.
Durch das fachkundige und genaue Eingehen von
Masako Shono auf die Thematik, die klare Gliede-
rung und Übersichtlichkeit, die Verständlichkeit des
Textes und nicht zuletzt durch die vorzügliche Aus-
stattung empfiehlt sich die vorliegende Publikation
sowohl dem Porzellankenner, der den Dingen auf
den Grund gehen möchte, als auch dem Kunst-
historiker, der sich für Fragen der lkonographie und
für die Beziehung Japan-Europa interessiert.
Die vorbildliche Abhandlung des gestellten Themas
läßt daher den Wunsch wach werden, die Autorin
möge ihre Studien auch auf andere Porzellan-
manufakturen ausdehnen, wie dies ia ursprünglich
geplant war.
AMK-Prädikat: Wissenschaftliche, reich bebilderte
Fachpublikation über den Einfluß des Arita-
Porzellans auf Meißener Porzellan; ikonographisch
exakt erfaßtes Material. Für den Sammler von
iapanischem und Meißener Porzellan sowie für
Kunstinteressierte, die einen Aspekt der Beziehung
Europa-Japan mit fundiertem Material studieren
wollen. Waltraud Neuwirth
Abgabepreis bei Direktbezug von Editions Schneider GmbH,
B München 40, Schwedenstraße 2, DM 35.- + Versandko-
sten. Audi im Bayrischen Nationalmuseum München und in
der Meißener Porzellansammlung Lustheim im Sdtleiß-
heimer Schloßpark liegt das Buch zum Verkauf aus.
Alfred Hrdliöka, Monographie,
Verlag Jugend 8. Volk, Wien-München 1973,
Pp. 980.-, Ln. 1200.-.
Das Buch ist von großem Format. Es hat 80 Seiten
mit Großfotos und 40 Seiten Werkkatalog van
M. Chobot mit Bildern. Auf dem Schutzumschlag ist
vorne sechzehnmal Hrdlickas Kopf abgebildet, von
vorne, von der Seite, von hinten, einmal aufblickend,
einmal zu Boden blickend, einmal nur blickend,
einmal nicht blickend. Auf der hinteren Umschlag-
seite ist Hrdlickas Kopf nur ein einziges Mal zu
sehen, dafür in Lebensgröße. Wir wissen, der
Künstler (wenn er sich auch auf Seite 28 zum
Bonapartismus bekennt) ist durchaus gegen ieden
Personenkult. Und das, obwohl er, der Hrdlicka,
durchaus eine Person, ia eine Persönlichkeit ist! Und
zwar eine Persönlichkeit, die, wie man so sagt, nicht
aus Pappe ist. Dafür ist es aber der Deckel des
Buches, nä ch aus Pappe, und zwar aus einer
verhältnismäßig dünnen, und der Rücken, der des
Buches natürlich und nicht der des Hrdlicka, ist in
der Art eines preiswerten Austellungskataloges.
Das Buch kostet allerdings S 980.-. Freilich ist nicht
die Verpackung, sondern der lnhalt maßgebend,
bei einem Buch ebenso wie bei dem Menschen. Also
nicht der Umschlag und der Pappeinband, nicht
das Kleid, die Haut und das Fleisch, sondern die
Texte und Abbildungen beim Buch, das Gemüt und
die Vernunft (Cicera) beim Menschen. Der lnhalt ist
iedoch reichhaltig, besonders, wie wir glauben,
beim Hrdlicka. Im Buch ist er in einem Textteil,
einen Bildteil mit ausgewählten Werkpraben und
einem Werkverzeichnis des plastischen Guvres und
der großformatigen Zeichnungen gegliedert.
lm Textteil will Hrdlicka über seine Behauptung
Fleisch I Kunst theoretisieren, wobei er „geiles
Fleisch (Natur)" dem „geschundenen Fleisch
(ldeologie)" entgegensetzt und dem Buch das Motto
„Alle Macht in der Kunst geht vom Fleisch aus"
voranschickt. Die beiden „Fleischsarten" placiert er
an die spitzen Winkel eines gleichseitigen Dreiecks,
wobei man sich nun fragen muß, was stellt er sich
am rechten Winkel vor. (Der Ausdruck rechter
Winkel ist heute freilich anrüchig, und die Ordnung
dieses Dreiecks wird dadurch bewiesen, daß es nur
einen solchen hat!) Stellt er sich, wie gezeichnet, die
Gleichung vor, alsa „Kunst I Fleisch", dann ist
auch Fleisch Kunst, das ist eine mathematische
Formel, an der er nicht rütteln kann. Damit käme
Hrdlicka aber zu zeitgenössischen Richtungen (bis
zu Mühl), die seinen Intentionen wahrscheinlich nicht
entsprechen.
Der Text bringt theoretische Erläuterungen zum
Thema Fleisch. Er soll zur Untermauerung der
Ansichten des Künstlers beitragen; dabei läßt sich
Hrdlicka auf theologische Fragen ein, die man nur
theologisch beantworten könnte, wovon er aber
(Schluß S. 85)
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