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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXVI (1981 / Heft 178 und 179)

Notizen 
 
Baden-Baden - Staatliche Kunsthalle 
Diesen Spätsommer liaf hier eine unserer Zeit so entspre- 
chende Kunstäußerung. Nach Buch von Rebecca Horn die 
"Sonate für eine Medi illa" 7 i-La Ferdinanda". Eine 
Rauminstallation und Film in Farbe. Verblüffend dabei der 
perfekte Einstieg gegenwärtiger Schau- und Darsteller in 
die Historie. 
 
BratislavalZdar n. SJWien - Studio Lobmeyr 
Im Heft 177 verwiesen wir auf die große Ausstellung "Cze- 
choslovakian Glass 1350-1980" in Amerika. insbesondere 
auf das lückenlose Anknüpfen alter traditioneller Glasma- 
cherkunst an die Moderne. Lobmeyr konnte dies mit vier 
tschechischen Glaskünstlern beweisen. Mit den Brüdern 
J. Tomecko. P. Tomecko und L. Arzt (alle aus Bratislava) 
sowie F. Vizner aus Zdarln. S. Erstere drei zeichnen sich 
durch klare Formgobung und bildhauerisches Können aus. 
Es ersteht eine gruppale Homogenität, die besticht. Vizner 
ist Meister in der Beherrschung der Oberfläche. Seine zahl- 
reichen Entwürfe für die böhmischen Glashütten führen in 
den architekturalen Bereich. seine Leuchtkörper und 
Raumtrennungselemente in Glas setzen neue Akzente. In 
Erinnerung ist noch sein Beitrag beim Symposien "Kalte 
Glastechniken", WCC-Kongreß. Wien, Sommer 1980, wo er 
alle begeisterte, die Künstler anspornte, ähnlich vorzuge- 
hen. 
BruchsallKarlsruhe - Sohloß Bruchsal 
Von überregionaler Bedeutung die große Sommerausstel- 
lung "Barock in Baden-Württemberg". Schlot! Bruchsal 
allein. neu instand gesetzt. ist die Reise wert. Nach Kriegs- 
einwirkungen total zerstörtes Relikt, entspricht es als zeit- 
entsprechender Bau allen Voraussetzungen, Seine Adap- 
tierung- äußerst aufschlußreich in einer Sonderschau extra 
dargestelltagibt genaueste Einsicht in alletechnischen Er- 
fahrungen des Wiederaufbaus. Man kann hinterher Vergol- 
dern, Stukkateuren und Steinmetzen sowie Faßmalern auf 
die Finger sehen. Drei Jahrzehnte Wiederaufbau von Grund 
auf eingehend dokumentiert. Museumsaxperten, interna- 
tional ihre Erfahrungen sammelnd und austauschend, fan- 
den hier ein reiches Feld vor. 
Ausstellung in drei Teilen: Historische Einbegleitung (vorn 
Dreißigjährigen Krieg an). ein kulturhistorisches Panorama 
des Absolutismus und drittens eine wahre Anhäufung von 
Schätzen der Barockzeit der Region Baden-Württemberg. 
Als veranstaltendes Museum räumte das Badische bewußt 
mit den Klischeevorstellungen auf, Wien und Versailles mit 
ihren prunkvollen Höfen seien Inkarnation des Barocken. 
Erstmals sollten landeseigene unbekannte Kunstwerke ge- 
zeigt werden. Merkwürdigerweise begann die Barockzeit 
erst Mitte des 20. Jahrhunderts im Volksbewußtsein Fuß zu 
fassen. Die Werke hier. ob sakraler, höfischer. aber auch 
volkstümlicher Provenienz, manche von hervorragenden 
Künstlern wie den Brüdern Asam und Zimmermann, Egell, 
I. Günther, J. A. Feuchtmayer und J. J. Christian vermittel- 
ten ein äußerst starkes barockes Gesamtbild. Doppelter 
Gewinn eines Unternehmens: Echte Wiedergewinnung ei- 
nes bedeutsamen Baudenkmals aus dem Nachkriegs- 
nichts und damit eng verknüpft erstmalig beste Präsenta- 
tion des Barock in dieser Gesamtheit in Baden-Württem- 
berg. Wünschenswert, daß solche potentierte neue Kunst- 
stätten im alten Gewand nach den ersten Scharen des 
Kunst-Tourismus nicht veroden. sondern als Stätte dauern- 
der Begegnung die Kunstszene über Land beleben. Dank 
den 300 internationalen Leihgebern, in unsicheren Zeiten 
unschätzbare Kunstwerke herzugeben. Zahlreiche Kloster, 
Kirchen und Schatzkammern, aber auch private Cameras 
öffneten sich. Ein barockes Kinderparadies erwies sich als 
äußerst probate kunstvolle Krabbelstube, in derKinder. ko- 
stümiert. ihr ureigenstes Talent des Theatralischen aus- 
spielten. 
Für Nachzügler: Es gibt einen zweibändigen wissenschaft- 
lichen Katalog. 37 Beiträge unter den Leitlinien "Zur Epo- 
che", i-Kulturgeschichte". "Kirchen und Frömmigkeit", 
"Skulptur und Malerei", "Architektur", "Literatur und Mu- 
sik", "Sozial- und Wirtschaftsgeschichte" behandeln die 
Barockzeit Baden-Württarnbergs. 1.300 erläuternde Texte 
zu den Werken der Ausstellung. Dazu aktivierte das Badi- 
sche ein Gesamtprogramm im musealen Bereich. in Biblio- 
theken, Klöstern. Kirchen und Schlössern mit begleitenden 
Nebenausstellungen, Theateraufführungen und Konzerten 
als ein Sonderereignis. 
JerusalemlWien - Museum moderner Kunst 
Ein israelischer Künstler setzt sich mit den künstlerischen 
Ausdrucksmitteln der Gegenwart bis weit vor Christus mit 
Werken der Kunstgeschichte auseinander: Oswaldo Rom- 
berg. Von "Altamira bis Manet" schafft er malerisch-grafi- 
sche wie auch subjektive Analysen bedeutender Werke der 
Kunstwelt. Beginnend mit seiner ästhetisch bestimmten 
Auseinandersetzung mit der Hohlenmalerei vdri Altamira, 
Überzeug nisse ägyptischer Kunst, die Fresken aus Pompeji 
als besondere Komplexe. widmet er auch Einzelwerken 
großer alter Meister, wie van Eyck. Bellini. Botticelli, da Vin- 
 
 
ci. Dürer, Holbein, Rubens und Manet. sein Können. Ge- 
schickt? -Verwirrend zum Bild der Echtheit hin jedenfalls. 
Karlsruhe - Badisches Landesmuseum 
Neben der erwähnten großen Barockschau im Schloß 
Bruchsal zeigte man als Folgeausstellung der 1979 veran- 
stalteten "Karlsruher Majolika1901r1978" im ehemaligen 
Marmorsaal des Karlsruher Schlosses "Neue Keramiken 
von H. Th. Baumann und F. Merz aus der Staatl. Majolika 
Manufaktur Karlsruhe AG". 
Baumann. 1924 in Basel gebürtig, international bekannter 
Künstler. ist Designer in Keramik, Glas. Metall. auch Holz. 
Textil und Kunststoff. Hier präsentiert er Werke. die vorwie- 
gend experimentierfreudiger Inspiration entsprangen. 
Hervorhebenswert jener im voraus zu sehende Teil einer 
Kollektion, die demnächst in Japan die "Karlsruher Majolika" 
repräsentieren wird. 
Merz, 1933 in Berlin gebürtig, stellt sehr eigenwillige Uni- 
kate vor. Objekte, die mit gegenständlichen Darstellungen 
überzogen sind. Eine kaum mehr geübte Art des Dekorie- 
rens in der Gegenwart. Anklänge an ostasiatische grafische 
Sensibilität und Ausgewogenheit. Es entsteht so etwas wie 
starke räumliche Spannung, die meist den gesamten Rund- 
körper überzieht. Unpenibei, eher spontan emotionell. er- 
reicht Merz' Schaffensweise stärkste bildhafte Reize. Beide 
Künstler markieren so etwas wie einen künstlerischen Neu- 
beginn in der wMaiolika-Manufaktur Karlsruhe". 
München - Bayerisches Nationalmuseum 
Ein frisches junges Jubiläum: "10 Jahre Meißener Porzellan 
v Sammlung Stiftung Ernst Schneider". In Schlot! Lustheim 
vor München eine Würdigung dieses wohl weltberühmten 
Zweiges von altern Meißener Porzellan in einer Prachtschau. 
2.000 z. T. hochbedeutende Objekte. Diese Sammlung 
sucht ihresgleichen und kann nur noch mit der Staatlichen 
Porzellansammlung des Zwingers in Dresden verglichen 
werden. Tierfiguren, Tafelaufsatze, herrliche Geschirre und 
Porzellangruppen (von den ersten Versuchen Böttgers. 
etwa um 1710, an bis zu Porzellanen aus der Zeit des 7jähri- 
gen Krieges). Objekte nach Entwürfen Friedrichs des Gro- 
ßen ebenso dabei wie Teile des legendären Schwanenser- 
vices des Grafen Brühl. Diese wertvolle deutsche Kunststif- 
tung des industriellen Dr. h. c. Ernst Schneider (190071977) 
ist wohl dazu angetan, den Traum Augusts des Starken von 
einemiPorzellanschloß" alsRealitäl zu sehen. DerReichtum 
Münchens an Meißener Porzellan ist eklatant. Sowohl im 
Bayerischen Nationalmuseum selber wie auch in der 
Munchner Residenz zwei sehr bekannte Sammlungen. 
Dr. Rainer Rückert. der zuständige Landeskonservator. 
kann mit Fug und Recht stolz sein auf seine halbe Million 
Besucher allein im Schloß Lustheim. Besucher. die nach 
wie vor begeistert sind. 
Nürnberg - KunsthalIelPilatushauslNorishalle 
Fridhelm Klein kreiert die "Ideale Landschaft", rekrutiert 
und dokumentiert in Tagebüchern, Zeichnungen, Fotos - 
Objekte, Video, Performances. Sein Gestaltungsmittel: die 
Zeit. Daraus leitet Klein künstlerische Ansprüche ab. Befin- 
det sich im Spannungsfeld zwischen produkt- und prozeß- 
orientierter Arbeitsweise. Sein Atelier - wie gesund das 
freie Land. Aktionen und Zeichnungen von einer Effekti tät, 
die nachdenken laßt. Notationen als Mensch-Künstler. der 
vor der Landschaft steht und Ausgangspunkte. skizzierend, 
in Foto und Video festhält. Tonbandgeräte zeichnen mit- 
fluktuierende Geräusche mit auf. 
In der Reihe "Beispiele 2181" der Albrecht-Dürer-Gesell- 
schaft eine exquisite Demonstration im Pilatushaus: "Japa- 
nische illustrierte Bücher des 17.-19. Jahrhunderts". 
Wahre Beispiele ostasiatischer Kiinstlerschaft, Grafik 
schlechthin vorbildhaft. 
Dr. Dieter Ronte. Direktor des Museums moderner Kunst. 
Wien. führte in der Norishalle den gebürtigen Budapester 
Künstler Batuz in seine Ausstellung ein. Der nach USA Emi- 
grierte arbeitet vorwiegend mit Papieren. Farben und son- 
stigem Beiwerk. Premiere einer Wanderausstellung über 
ein Spätwerk. Batuz" künstlerische Philosophie gipfelt bei 
Heidegger. Bei seinen "Works in Paper" geht es um Form- 
beziehungen. Spannungen, Linien und Energie als han- 
delnde Wesenhaftigkeit eines begrenzten oder geschaffe- 
nen Raumes, die dem Nichts eine Bedeutung geben. 
i. FIGKOP" 
1 Schloß Bruchsal, Corps de Logis, ehem. Resident der Fürstbi- 
schofe von Speyer Erbaut VOn Kardinal Damian HUQO von Schon- 
born, ab 1722. Von Franz vüri Hutten als Barockschioll prächtig 
ausgestattet. Außenstelle des Badischen Landasmuseums. Karls- 
ruhe 
2 Glasobjekte. Ausstellung von Kunstlern aus der CSSR bei Lobmeyr 
(von li. d. n. re. u.) J. Tomecko. P. TOrnECkci, F. Vizner und L. Arzt 
3 Grafik aus dar 2. Biennale Heidelberg 1981 (s. S. 80) 
4 Beate Kuhn. Keramisches Objekt. Budingen. 1980. Aus der Trieri- 
nale 198i, Frankfurt e. M. 
5 Oswaldo Bamberg, Bild aus seiner Reihe "von Altamira bis Manet- 
B Florian Merz, Vase mit Haumdekor. 1980. Staat! Majolika Manufak- 
tur Karlsruhe und Hans Thad eaurriann. sechsackiger Teiler. 1990. 
Staati. Majolika Manufaktur Karlsruhe 
7 Indischer Flhesusaffe, Detail einer 4a cm hohen Peizeiiiiniigur des 
Bildhauers Johann G. Kirchner. 113a Fur das Japanische Patais 
Augusts des Starken in Dresden modelliert 
a Fridhelm Klein, in Akiidn bei Schuttoeig, Murichenlonenohring 
Schleudern einer laufenden Filmkamera im Kreis am 14. 5. 1978 
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