7 Emiüie Medlz-Pelikan. Das weite Gelreidsland, 1904. Misch-
lechnikIPapieHKartorLM ,5 x 54,5 cm Slgn. unddat. "E. PeH-
kan Juni 1904 Ber (im
besonderen Samtigkeit, Ruppigkeit, Oberflächlichkeit
oder Zerwühltheit, strotzend oder krankelnd. melan-
cholisch cdersanguinisch charakterisiert Und dabei ist
ihr Sprießen. das bewegte Leben in ihrem Organismus,
ersichtlich gemacht. Gerade wo andere zu malen auf-
hören, fängt Mediz erst recht an. Wo der nackte Stamm
beginnt und sich teilt, spaltet, ins Unendliche zerfasert,
Sammelname wird und dabei Abenteuer erlebt in Wind
und Wetter und Sonnenglut. Der Cypressenstamm
erzählt seine Lebensgeschichte. Das hindert übrigens
nichtdaßmanchedieserBildertrotzdem etwas Dürres.
Blechernes, Silhouettenartiges behalten. S0 nEin Park-i,
"Glycinienbrunnenrr und noch andere. Auch diese
Ansichten sind oft frei komponiert. mit Benutzung ein-
zelner, eigentümlich poetischer Gegenstände, wie
eben jenes Glycinienbrunnens: die blumengespren-
kelte Parkgeometrie, in die er diese lebendige Fontäne
aus hellhimmelblauen, seidigwallenden Blütendolden
hineingestellt hat, ist Variationenspiel über ein dortzu-
lande gegebenes Thema. Auch Frau Emilie hat ihre
Lieblingsbäume. Mit Passion geht sie in ihren bunten
Kreiden den Capriccios des Ölbaums nach. Aber viel-
leicht noch lieber sind ihrgewisse Bäume und Pflanzen.
die gemeiniglich als langweilig verschrien sind. Wenn
sie ihre zierlichen Studien von Gräsern und Halmpflan-
zen, auch von Papyrusstauden macht, ist ihr merklich
japanisch zumute. Auch wenn sie die fadenfein gefie-
derten Zweiglein der Lärche dünn und dicht und senk-
recht niederhangen Iäßt. Echt deutsch aber ist sie in
ihren blühenden Kastanienbäumen, die sie, unbeirrt
von all dem Gestarre und Gewimmel eines gleichmäßig
ausgestanzten Laubes als eine große, plastische, in
Licht und Schatten gegliederte Masse von eigenem For-
mengeist zu sehen weiß. Ein Prachtstück mit zwei sol-
chen Bäumen an flachem Seegestade. aus Sizilien
geholt, hat die österreichische Regierung enuorben.
Solche Baumindividuen auf eine Terrasse am Meere
hinzustellen, Kübelbäume etwa und kletternde Glyci-
nien als blaue Arabeske darüber, das ist ein Lieblings-
thema Emiliens. Auf wie vielen deutschen Ausstellun-
gen hat man schon solche Bilder von ihr gesehen. Das
ist ihr Sonderrnotiv, ihr Monogramm gleichsam. Auch
diese Bäumchen sind eigentlich undankbar, aber was
ist undankbar. wenn man es dankbar anzusehen weiß?
Ein dünner roter Kirschbaurnzweig, dem man schon das
Pteifenrohr ansieht, in das er sich einst verwandeln
wird, ist bei Mediz voll einzelnster Farbe und Form. Ein
Orangenbäumchen voll purpurner Früchte steht bei
Frau Emilie in einer tiefen Pracht und fast heraldischen
Würde da, daß man ein ehrwürdiges Symbol zu sehen
meint.
Das Kleinleben innerhalb der großen Form zu sehen,
darauf sind beider Augen eigens eingestellt. Beide
haben die Passion des Gewimmelmalens. Der Blumen-
teppich zu Füßen der Eismänner ist ein Musterstück in
dieser Richtung. Gewimmel von hellen Bäumen haben
beide schon früh gemalt; sein Birkenwald von 1894, ihr
Silberpappelhainvon1896sindsolche Stücke. Nochlie-
berabersind ihnen wimmelnde Blumendickichte, unab-
sehbares Blumengestrüpp. Er malt in einer Gärtnerei
bei Krems Vergißmeinnichtfelder mit roten Tulpenhai-
nen und Hyazinthenbeständen vermischt. Dann wieder
blaue Blumen, eine Wifdnis von blühendem ßNattern-
kopfu (1893, Motiv bei Tokaj, doch in Krems gemalt),
worin ein geigendes Mädchen in dunkelrotem, blau
getupftem Kleide wandelt. Sie malt jene gelbe Ginster-
landschaft (1 B90), wo aber der rechte Mut zum Gewim-
mel noch nicht vorhanden ist. Der kommt erst später,
wenn ganze Horizonte sich mit den flaumigen Kugeln
des Löwenzahns füllen oder jener Lärchenbaum aus
einem verworrenen Gewusel und Gewurl (gute österrei-
chischeWörter)vonAlpenrosenaufsteigt.Vielesolcher
Bilder in allen Farben haben beide gemalt, Wie es denn
überhaupt merkwürdig ist, zwei Menschen in ihrer
Kunst so ganz und gar verheiratet zu sehen. Sie haben
sich gegenseitig gemacht und machen sich noch. Die
beiden sind zusammen ein Künstler. Auch hat Karl
Mediz seiner Frau ein eigentümliches Denkmal errich-
tet. Eines seiner letzten großen Bilder: wDer heilige
Brunnen-i stellt die gotische Brunnenkapelle im Stift
Heiligenkreuz vor. Dort steht ein halbtausendjahriger
Brunnen, mit mehreren schweren, runden Becken über-
einander, in Bleiguß, schon ganz verzogen und verbo-
gen vom eigenen Gewicht und über und über polychro-
miert mit alten und uralten Patinafarben. Der Brunnen
ist ein Oxydierungswunder, wiefüreinen solchen Maler
geschaffen. Und aufden steinernen Stufen dieses Brun-
nens sitzt vorn, Iebensgroß, eine Frau. Das ernste
Antlitz. von gesunder Farbe, ist von zwei dichten,
schwarzen Scheiteln eingerahmt, die Hände ruhen
gefaltet im Schoß. Sie tragt ein gutbürgerliches, grünli-
ches Lüsterkleid und darüber eine dunkelblaue Stola
mit dunkleren Tupfen. Eine ehrsame deutsche Bürgers-
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