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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Galizien

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kraft deren Rußland die rnthenischen Provinzen Lithauens, Preußen aber Westpreußen mit 
Ausnahme von Danzig und Thorn und einen Theil von Großpolen, Österreich endlich die 
südlichen Bezirke von Kleinpolen erhielt. Der Rest des polnischen Reiches bekam (1775) 
eine neue Regierungsform, vermöge deren die Regierungsgewalt einem ständigen Rath 
anvertraut wurde, in welchem der König den Vorsitz führen sollte. 
Geschichte Galiziens seit 1772. Das bei der ersten Theilung Polens von 
Österreich occupirte Gebiet am Nordabhange der Karpathen besaß gegen den Norden keine 
natürliche Grenze und hatte bisher in der administrativen Eintheilung und geschichtlichen 
Entwicklung Polens kein in sich geschlossenes Ganze gebildet; es mußte erst nach seiner 
Einverleibung in Österreich einen besonderen Namen erhalten und wurde, unter Auffrischung 
historischer Reminiscenzen an die ehemaligen Fürstenthiimer Haliez und Wladimir, 
Königreich Galizien und Lodomerien genannt. Als solches trat es in die Reihe der 
verschiedenen Kronländer, aus welchen die österreichische Monarchie geschichtlich entstanden 
war. Die auf eine einheitliche Gestaltung der Monarchie gerichtete Politik Maria Theresias 
und noch mehr jene Josefs II. bot für eine Berücksichtigung der Eigenthümlichkeiten des 
neu erworbenen Landes keinen Raum und äußerte sich vielmehr in dem Bestreben, dasselbe 
in allen seinen Einrichtungen den übrigen Ländern möglichst anzupassen und demselben 
alle jene Reformen, welche dem ganzen Staate zugedacht waren, zuzuwenden. 
Galizien gelangte an Österreich nach einem langjährigen inneren Kriege ohne 
Schwertstreich, und dessen Paeifieirung bereitete Österreich keine Sorge. Nach Einführung 
der in Österreich allgemein geltenden Steuern und des stehenden Heeres bildete es bald 
eine neue Quelle der Macht für den österreichischen Staat. Aus dem Systeme der unbändigen 
Freiheit ging cs in das des absoluten Regimentes über und wurde von Wien aus verwaltet. 
Ursprünglich bekam es zur Wahrung seiner Interessen einen Hofkanzler, aber dieses Amt 
wurde bald abgeschafft, und die galizischen Angelegenheiten wurden den allgemeinen Hof- 
ümtcrn überwiesen. An der Spitze der Civilverwaltnng des Landes stand ein Gouverneur, 
und die ganze Verwaltung war rein bureaukratisch. Da für dieselbe einheimische Elemente 
nicht genug vvrgebildet waren oder nicht genug Vertrauen einflößten, so wurde die gesammte 
Beamtenschaft, mit wenigen Ausnahmen, aus anderen Ländern herbeigezogen. Die Amts 
sprache war ursprünglich lateinisch, wurde aber zur Zeit Josefs II. durch die deutsche ersetzt; 
die lateinische blieb nur in einigen Zweigen des Gerichtswesens. Maria Theresia setzte zwar 
im Jahre 1775 für Galizien einen besonderen ständischen Landtag ein, welchem das Recht 
eingeräumt wurde, über die Art der Ausführung der kaiserlichen Verordnungen zu berathen 
und etwaige Wünsche vorzubringen; dieses Patent kam jedoch nicht zur Ausführung. Der 
Gouverneur stand an der Spitze eines Collegiums, welches sich in zwei Senate, einen 
politischen und einen Gerichtssenat theilte; aus dem letzteren wurde bald ein besonderes 
Galizien. '5
	        
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