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Verwaltungsgebäude.
achse. Im Jahre 1761 wurde im Gebäude
auch die Oberste Justizstelle (Justizministerium)
untergebracht, welche bis in die Vierzigerjahre
des vorigen Jahrhunderts hier verblieb. Unter
dem in der Nacht vom 11. Mai 1809 von
den Franzosen durchgeführten Bombardement
Wiens hatte das Ministerialgebäude stark ge
litten. Gelegentlich der darauffolgenden Re
staurierung desselben dürften alle jene Ver
änderungen an den Fassaden vorgenommen
worden sein, die uns bei einem Vergleiche der
Zeichnungen aus dem 18. Jahrhundert (Kleiner
und Pfeffel, Delsenbach etc.) mit der heutigen
Hauptfassade auffallen. Diese in der Wipp-
lingerstraße befindliche Hauptfassade mit ihren
schönen Mittelrisaliten, den prächtigen Portal
gruppen und den fein komponierten Wappen,
Kartuschen und Emblemen ist besonders be
merkenswert; die kraftstrotzenden Atlanten
sowie die sonstigen Figuren und Bildhauer
arbeiten des Gebäudes werden Mattielli zuge
schrieben.
Interessant ist auch die Fassade am Juden
platz, hauptsächlich infolge ihrer originellen
Fensterverdachungen. Sehr vornehme Formen
zeigen weiters das gegen die Wipplingerstraße
zu gelegene Hauptvestibül und der sogenannte
Ministerhof; imposante Maße weist das gegen
den Judenplatz gelegene Stiegenhaus auf. Das
Ministerialgebäude wurde in den letzten Jahren
sowohl von innen als auch von außen sehr
durchgreifenden Restaurierungen unterzogen;
die Repräsentationssäle wurden unter der
Leitung des Ministerialrates Emil Ritter von
Förster im Sinne Fischers von Erlach neu
hergestellt. Irmisch.
Justiz-Ministerium, I., Schillerplatz 4.
Abb. 207. Finanz-Ministerium, I., Himmelpfortgasse.
Das Gebäude wurde im Jahre 1872 von
den Architekten Claus und Groß im Aufträge
des „Aktien-Vereines für Hotels und Bade
anstalten in Wien“ als „Hotel Britannia“ erbaut,
ging jedoch schon am 1. September 1874
um den Kaufpreis von 2,400.000 K in den
Besitz des Staates über. Das im Renaissancestil gehaltene, vier Stock hohe Gebäude besitzt
drei Gassenfronten, die Hauptfassade gegen den Schillerplatz besitzt ein Säulenportal mit
Balkon; die Seitenfassaden gegen die Elisabethstraße und Nibelungengasse sind einfacher ge
halten. Die beiden Ecken der Hauptfassade werden von pavillonartigen Aufbauten gekrönt.
Nebst dem Justiz-Ministerium sind in dem Gebäude noch einige andere Ämter untergebracht.
Im ersten Stocke des in der Nibelungengasse liegenden Traktes befindet sich der im Jahre
1902 hergestellte Verhandlungssaal des k. k. Reichsgerichtes; weiters gegen den Schillerplatz
und die Elisabethstraße das k. k. Landwehr-Oberkommando mit den Empfangsräumen
Sr. k. u. k. Hoheit des Herrn Erzherzogs Rainer; im Parterre, zweiten, dritten und einem
Teil des vierten Stockes das k. k. Justiz-Ministerium. Die Präsidial- und Empfangsräume sowie
die Wohnung des Ministers liegen im zweiten Stocke. Ein Teil des vierten Stockwerkes sowie
der größte Teil der Souterrainräumlichkeiten dienen zu Bureau- und Archivzwecken für mehrere
Rechnungsdepartements des k. k. Finanz-Ministeriums. Im Parterre des Traktes in der Nibe
lungengasse befindet sich ein Postamt.
M. von Decastello.