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Trinkwasser wagenweise aus der Donau znschleppcn lassen. Das war der Untergang
des Schwabenberges.
Da führte der Zufall (man sagt, die Wirkung eines Romanes) einen Schweizer
Unternehmer (Cathry) des Weges, der das Unmögliche versuchte und das Phantasie-
bitd des Dichters verwirklichen wollte; er baute eine Zahnradbahn auf den Gipfel
des Schwabenberges. Derselbe Mann kaufte die Grundstücke in der Nähe der Bahn
zusammen. Das Jahr vorher hatte ein apokalyptisches Hagelwetter den ganzen Schwaben
berg verwüstet; die Leute waren froh, ihre Besitzungen losznwerden, und der Unternehmer
faßte die Sache am praktischen Ende an, indem er die Grundstücke parcellirte und Villen
baute, die er gegen vieljährige Abzahlung zu Kauf bot. So entstand in wenigen Jahren
eine neue Villengruppe, die sich seitdem schon zu einem ganzen Stadttheil entwickelt hat,
mit geschmackvollen Gebäuden, mit herrlichen Gärten und Parks, deren Mittelpunkt ein
prächtiges Gasthaus, die ehemalige Eötvös-Villa bildet.
Vor fünfzehn Jahren, als die Zahnradbahn eröffnet wurde, schrieb der Verfasser
dieses Aufsatzes über den Schwabenberg Folgendes:
„Eine bequeme Serpentine führt zum Gipfel hinan und der Besucher sieht sich von
zierlichen Kiosken empfangen; schattige Baumgänge neigen ihre Kronen über der Wandel
bahn zusammen, in den Höfen der Landhäuser tanzt der Wasserstrahl der Springbrunnen,
von einer Wasserleitung reichlich gespeist, .... Tannenhain, .... Volksgarten,
.... Bildsäulen berühmter Patrioten."
„Lachet nicht darüber, nicht den Schwabenberg habe ich beschrieben, sondern den
Monte Pincio in Rom." Und siehe da, diesen Schlußsatz darf man heute streichen, denn
der Schwabenberg hat jenes Phantasiebild erreicht: eine herrliche Fahrstraße, schattige
Haine, großartige Wasserleitung, Ziergärten, künstlerische Standbilder großer Patrioten,
eines Josef Eötvös, eines Stefan Szechenyi, ja, was jener römische Prunkhügel nicht
besitzt, ein mit orientalischer Pracht eingerichtetes Bad und.... eine Schwimmschule
auf dem Schwabenberg. Das wäre selbst für einen Traum zu viel gewesen.
Der Schwabenberg ist gegenwärtig ein Unterhaltungsort ersten Ranges für das
Publikum der Hauptstadt, mit einem Markt und Kaufläden versehen, durch ein Telephon
netz mit der Stadt verknüpft. Und die Vergangenheit, als noch statt der Tulpen wilde
Waldblumen blühten, als auf den Bäumen des Urwaldes noch Adler horsteten, die
Schlange raschelnd durch das Farnkraut schlüpfte, der borstige Dachs gemächlich über
den Hof spazierte, als der Fuchs gemüthlich zum Pförtlein seines Baues herausguckte,
zwischen dem Gestein die goldgrüne Eidechse sich sonnte, das Bild jenes ganzen glücklichen
Urwaldes, in dem nachts die Glühwürmchen leuchteten, — nur der alte Dichter träumt
sichs noch zurück, der das Alles ja mit eigenen Augen gesehen.