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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 4

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Hier wäre auch noch die Kirche zu Turnicse im Zalaer Comitat anzuschließen. 
Sie ist zwar zu Anfang des XIV. Jahrhunderts, jedoch im romanischen Stil erbaut. 
Sie hat ein Langschiff und ein aus zwei Jochen bestehendes, ungewöhnlich langes 
Sanctuarium; der Abschluß des letzteren ist halbkreisförmig; an die Westfronte ist ein 
viereckiger Thurm gestellt. Sie war ursprünglich höher und hatte eine Flachdecke; später 
wurde sie eingewölbt und in der Abschlußwand ein spitzbogiges Fenster angebracht. Als 
besondere Merkwürdigkeit dieser Kirche sind die Wandmalereien zu betrachten, welche 
längs der Kirchenwand auf Grund der Schilderungen in Thuröczis Chronik die Legende 
Ladislaus des Heiligen, dieses Verkörperers magyarischen Ritter- und Heldenthums, in 
mehreren Scenen darstellen. Die Verfolgung des kumanischen Mädchenräubers und die 
Befreiung des Mädchens bilden eine vollständige Folge von sechs Bildern. In der zweiten 
Serie sieht man die Versammlung, in welcher Ladislaus zum König erwählt wird, und die 
Krönung; in der dritten Ladislaus' Krieg gegen Salomon und die Erbauung der Kathedrale 
zu Großwardein. Das Übrige wurde beim Bau des Gewölbes zerstört, doch sind noch 
Spuren davon oberhalb des Gewölbes auf dem Dachboden zu sehen. Die untere Reihe 
wurde übertüncht, desgleichen auch die Malereien der Apsis. Die Figuren sind in der 
Bewegung steif, Gruppirung und Verhältnisse mangelhaft, und dennoch ist für die Bilder 
ein leicht verständlicher, beredter Vortrag charakteristisch; schade, daß die Farbe sich 
gänzlich abgescheuert hat. 
Der gothische Baustil beginnt sich in Ungarn nach dem Tatareneinfall mit der 
zweiten Hälfte des XIII. Jahrhunderts allgemein zu verbreiten. Bei der Neorganisirung 
des Landes waren es meist das in den Städten angesiedelte fremde, insbesondere deutsche 
Bürgerthum und die Bettelorden, welche neue gothische Kirchen bauten. Im III. Bande 
von „Ungarn" ist die Rolle geschildert, welche die jetzt heimisch werdende Baukunst an 
einem Punkte jenseits der Donau, in der durch Btta IV. gegründeten Burg Ofen gespielt 
hat. Was wir dort sehen, ist für diesen Zeitraum der Baukunst in Ungarn charakteristisch. 
In den übrigen Theilen des vurmntul, mit Ausnahme von Ödenburg, lagen die 
Verhältnisse ganz anders. Die zahlreichen, im XII., besonders aber in der ersten Hälfte 
des XIII. Jahrhunderts entstandenen Kirchen waren durch die Tataren nicht zerstört 
worden. In Stuhlweißenbnrg und an den vier Bischofsitzen fand die neue Bürgerschaft 
Kirchen vor, auf dem Lande aber besuchte das Volk den Gottesdienst in den Kirchen der 
landwirthschafttreibenden Orden: der Benediktiner, Cistercienser und Prämonstratenser. 
Die spitzbogige Bauweise fand also hier keine Gelegenheit zu bedeutenderer -vhätigkeit, 
oder, insofern sie Gelegenheit suchte und bei dem Wiederaufbau der Kathedralen 
auch fand, sind ihre Leistungen nicht erhalten geblieben. Dies ist der Grund, 
warum jenseits der Donau verhältnißmäßig wenig gothische Denkmäler Vorkommen
	        
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