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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 1

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Fleisch und Bein, bracht' mich an den Krüppelstab, als es mir den Laufpaß gab" 
(Weizenbrod). — Auf beinernem Horn wird geblasen, goldene Bretter kriegen Sprünge, 
Erdengewürm regt sich im Wasen" (Tagesanbruch). — „Runden Wald ließ ich begehen, 
Handvoll Ruthen ließ ich schneiden, Hab' sie gezeichnet und lassen stehen" (Verlobung mit 
einem Mädchen). — „Unter rundem Himmel ein Gottesbaum, ein runder; an rundem 
Gottesbaume zwölf Zweige schön wie Wunder; schone zwölf Zweige mit zweiundfünfzig 
Dolden; bei zweiundfünfzig Dolden drei Äpfel golden" (Jahr, Monate, Wochen, drei 
Hauptfeste). — „Wächst da ein Baum, hat nicht Ast noch Blatt; ein Vogel fliegt drauf, der 
keine Flügel hat; frißt sich an ihm ohne Schnabel satt" (eine Kerze, die angezündet wird und 
verbrennt). — „Auf gold'nem Klotz Schüssel von Gold, auf gold'ner Schüssel Leber von 
Gold, schmaust davon ein Paul von Gold" (Biene und Honig). — „Fand's im Walde, 
thät's umbringen, dann das Todte lehrt' ich singen" (Geige). 
Das ist gewiß wahre, aber nicht genug gewürdigte und beachtete Poesie, ans dem 
echten Born der Dichtung geschöpft, aus der Lust an der Natur, aus dem tändelnden 
Spiel der Phantasie oder dem Tiefsinn der träumerischen Seele. Der schaffende Volksgeist 
ist darin lebendig. 
In dieses Bereich gehören auch folgende, obgleich weniger ernst und weitaus schlichter 
gefaßt: „Auf Weg und Steg stürzen sie Kessel um" (Maulwurfshaufen). — „Hat nicht 
Fenster, hat nicht Thüre, dennoch wohnen drinnen Viere" (Nuß). — „Vorne geht 
Blinkchen, hinten geht Weißchen, hat ausgebuuden das Schweischen" (Nadel und Zwirn). 
— „Roth ist's, doch keine Rose nicht; rund ist's, doch kein Apfel nicht; ein Strudel ist's, 
doch kein gefüllter nicht; hab's gekost't, doch au! süß ist er nicht" (Zwiebel). — „Hundert 
Vögel fliegen zusamm, einer von ihnen wird lahm, das ganze Hundert zum stehen kam" 
(Webstuhl, Webewerk). 
Schön und ganz kurz sind die folgenden, welche mit nur wenigen findigen Zügen zu 
zeichnen wissen: „Dünner als ein Rohr, höher als ein Thurm empor" (Regen). — „In 
Paläd worfeln sie den Mais, hierher weht's die Spreu ganz weiß" (Schnee). — „Fleck auf 
Fleck, Nadel hat nie drin gesteckt" (Krautkopf). — „Über die Welt es reicht, ein Huhn 
nberhüpft's doch leicht" (Wagenspur). — „Kost't 'neu Groschen kaum, find't im Haus nicht 
Raum" (Kerzenschein). —„Am Rücken sein Hüttchen, im Busen sein Brödchen" (Schnecke). 
Schließlich gibt es neckende Fragen mit dein Witz des Weithergeholten, mit Benützung 
der mehrdeutigen Wörter oder Verdrehung des Wortlautes. Als Beispiele seien, von den 
unübersetzbaren Wortspielen abgesehen, folgende ansgeführt: „Wa^ geht über» Wasser 
ohne Schatten?" (Der Schall). — „Warum guckt die Krähe ins Markbein?" (Weil sie 
nicht hineingehen kann). — „Wer hat schon einen Thurm aus Hanf gesehen? (Wer im 
Hanf stand.) — „Warum schließt der Hahn die Angen, wenn er kräht?" (Weil er's schon
	        
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