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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 5, 2. Abtheilung

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dienenden Erker nnd Gesimse. Und diesem Zwecke entsprach auch die Organisation der 
Bürgerschaft zur Stadtvcrtheidigung, auf Grund des nämlichen Zunftsystems, das zu 
Ende des Mittelalters und zu Beginn dcr Neuzeit auch die Industrie dieser Städte und 
durch die Industrie deren wirthschaftliche Kraft mächtig gefördert hat. 
Die in Zünfte gegliederte, fast durchaus deutsche Bürgerschaft entfaltete in diesen 
Städten eine so bedeutende Industrie, daß sie, an den heutigen Verhältnissen gemessen, 
fast unglaublich erscheint. Eperjes stand schon im XIV. Jahrhundert in regen Handels 
beziehungen zu Krakau und Schlesien, später mit Danzig, Magdeburg, Hamburg, ja mit 
Riga und Petersburg, wohin es Wein, Tuch und andere vaterländische Producte aus 
führte, während es zugleich für die Einfuhr von Colonialwaaren der Mittelpunkt und 
Stapelplatz des ganzen Oberlandes war. Welche Blüthe seine Industrie damals erreicht 
hatte, das beweisen jene Zünfte, die mächtigen Vertreter von Industriezweigen, die jetzt 
in dieser Gegend gar nicht mehr Vorkommen. In Bartfeld war zu Sigismunds Zeit der 
Bergbau auf edles Metall hochentwickelt; die wohlhabende Bürgerschaft der Stadt trieb 
nicht nur Gewerbe, sondern brachte auch Opfer für Wissenschaft und Kunst, so daß hier ' 
vielleicht die frühesten Werkstätten für kirchliche Malerei und Kunstschnitzerei entstanden. 
Auch literarische Alterthümer aus dem XIV. Jahrhundert sind in der Kirche aufbewahrt. 
Und daß Bartfeld, unter dessen Kaufleuten sich viele Griechen befanden, seine Handels 
beziehungen schon im XV. Jahrhundert auch auf den Orient ausdehnte, ist dadurch erwiesen, 
daß die erste Nachricht von der Unglücksschlacht bei Värna (1444) durch Bartfelder 
griechische Kaufleute nach Ungarn gelangte. 
Von den Befestigungen sind in allen drei Städten Überreste vorhanden, die 
ansehnlichsten in Bartfeld. In Zeben stand noch vor 30—40 Jahren die ganze 
Ringmauer sammt den Thoren aufrecht; die einstigen Schanzgräben sind überall in 
blühende Gärten verwandelt. Die kunstgeschichtliche Würdigung der Baudenkmäler ist 
bereits an anderer Stelle dieses Werkes erfolgt; doch können auch wir die St. Nikolaus 
kirche zu Eperjes, die jetzt stilgemäß erneuerte St. Egydiuskirche und das Rathhaus zu 
Bartfeld, die Kirche zu St. Johann dem Täufer in Zeben und überdies die zahlreichen 
gothischen und Renaissancehäuser aller drei Städte nicht unerwähnt lassen. 
Die älteste der drei Kirchen ist, nach ihren noch bestehenden Mauern zu urtheilen, 
die zu Bartfeld. Sie weist in Constructivn und Ornamentik die reinsten und edelsten 
Motive des gothischen Stils ans und besitzt auch uralte, berühmte Glocken. Die größte 
der Kirchen ist die zu Eperjes, die zu Zeben hat einen neuen Thurm; an beiden sind 
übrigens gleichfalls zahlreiche interessante und werthvolle Einzelheiten zu bemerken. Das 
Bartfelder Rathhaus steht, als Profanbau im Übergangsstil zwischen Gothik und 
Renaissance, in Ungarn fast einzig da; das Innere aber ist ein förmliches Museum
	        
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