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Bisthümer Leitmeritz (1656) und Königgrätz (1664) gegründet, deren Sprengel freilich
zunächst nur die gleichnamigen Kreise umfaßte. Der Mangel an Weltgeistlichen, der schon
früher den Erzbischof zur Errichtung des Prager Priesterseminariums veranlaßt hatte,
blieb aber noch lange bestehen und begünstigte die Ausbreitung der Jesuiten und anderer
älterer und neuerer Orden (Theatiner, Trinitarier, Piaristen, Barmherzige Brüder und
andere), so daß zuletzt die Jesuiten allein in Prag und auf dem Lande 13 Convente und
eine Unzahl kleinerer Sitze besaßen. Von ihnen vor allen wurde durch Missionen und
Wallfahrten, von dem Predigt- und Beichtstuhl ans, wie mittelst des Jugendunterrichts
die Bevölkerung beeinflußt und geleitet, die sogenannte „St. Wenzelserbschaft" (seit 1671)
ausschließlich in diesem Sinne verwendet.
Doch gingen wenigstens hinsichtlich der Prager Universität ihre Wünsche nicht ganz
in Erfüllung. Zwar wurden nach langer, schwieriger Verhandlung mit dem päpstlichen
Stuhle die seit 1638 wieder getrennten Universitäten mit kaiserlichem Decret vom
17. November 1653 aufs neue vereinigt. Aber Ferdinand III., sonst gewiß kirchlich
gesinnt, sah in den Universitäten doch vor Allem staatliche Institute. Er verfügte deshalb,
daß den Jesuiten zwar die Besetzung der theologischen und philosophischen Professuren im
Wesentlichen überlassen bleibe, behielt sich aber die Anstellung der Lehrer an den beiden
anderen Facultäten, sowie die Bestimmungen über die Einrichtung der Universität und die
Ertheilung des Unterrichts ausdrücklich vor. Auch so war der Erfolg bescheiden. Denn
die Lehrmethode der Jesuiten war mehr als mangelhaft, die Zahl der weltlichen Professoren
und ihre Besoldung, daher auch ihr Eifer gering. Und ebenso gering war die Zahl der
Männer, die damals in Böhmen Bedeutenderes ans dem Gebiete geistiger Thätigkeit
leisteten; kaum Einer hat neben dem Jesuiten Boh. Balbin, dem gelehrten Historiker, über
die engeren Grenzen der Heimat hinaus seinen Namen bekannt gemacht.
Auch die materielle Entwicklung Böhmens in der zweiten Hälfte des XVII. Jahr
hunderts zeigte ihre Licht- und Schattenseiten. Wenngleich seine Söhne in alter Tapfer
keit ans den Schlachtfeldern Deutschlands und Ungarns kämpften und bluteten und die
Stände Soldaten, Geld und Lebensmittel in immer neuer Opferwilligkeit gewährten,
so hat doch jahrzehntelang kein Feind den Boden Böhmens betreten. Nur größere
Scharen kaiserlicher Truppen, die Armeen, welche 1672 und 1673 auszogen, um den
Übermuth Ludwigs XIV. zu bekämpfen, sah man innerhalb der Landesgrenzen bei Eger
versammelt. Dagegen wurde damals Böhmen durch schwere Schicksalsschläge anderer
Art, die Pest (1680/81) und zahlreiche verheerende Feuersbrünste (1689), heimgesucht.
Anderseits wurden die Kaiserbesuche (Ferdinands III. 1652, um seinen älteren Sohn
Ferdinand IV. und seine Gemalin Eleonore, und 1656, um seinen jüngeren Sohn Leopold
krönen zu lassen, Leopolds I. 1658 und öfter) zu Friedensfesten, welche die Fürsorge der