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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Tirol und Vorarlberg

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und brennenden Wachskerzen ist in Wälschtirol unbekannt. Bei der Leiche wird nachts 
meist von den nächsten Verwandten gewacht und dabei gemeinsam laut gebetet. In den 
Städten und größeren Orten ist es Sitte, daß die teilnehmenden Familien ihre Dienst 
boten mit Leichenfackeln (toreis) zu Begräbnissen schicken. Der Leichenzug wird vom 
Trauerhans bis in die Kirche mit brennenden Fackeln begleitet; nach erfolgter Einsegnung 
der Leiche werden die Fackeln ausgelöscht, die Träger oder Trägerinnen derselben gehen 
nach Hause und nur wenige Begleiter folgen der Leiche bis aus den Friedhof. Nur bei 
Begräbnissen sehr angesehener Personen wird die letzte Ehre durch persönliche Begleitung 
erwiesen. In den Dörfern herrscht wohl durchwegs die Sitte, daß nicht nur die Ver 
wandten — oft, auch im heißesten Sommer, mit Wintermänteln angethan — mitgehen, 
sondern auch jedes Haus einen Vertreter entsendet; auch wird das Öffnen und Schließen 
des Grabes von den nächsten Verwandten selbst besorgt. Allgemein dürfte in älterer Zeit 
die Sitte gewesen sein, daß Klagefranen den Leichenzug begleiteten, laut weinten und 
jammerten und die Tugenden des Todten priesen, wie einst die prastwns mit ihren Nänien 
bei den alten Römern. Diese Sitte ist heute nur mehr eine blasse Erinnerung, sie dauert 
abgeschwächt noch in Val Tesino fort. Auch die einst üblichen Todtenmahlzeiten sind 
abgekommen; doch werden noch oft Brot- oder Geldspenden an Arme vertheilt und den 
nächsten Verwandten Kuchen und Ähnliches zngesendet. 
An den Leichenbegängnissen, wie auch sonst an festlichen kirchlichen Aufzügen, 
betheiligten sich häufig auch die Bruderschaften, deren es in Wälschtirol wohl eben so viele 
gibt wie in Deutschtirol. Bei Aufzügen erscheinen dieselben in weißen Hemden, welche 
über das Gewand angelegt bis auf die Füße reichen, in der Mitte des Leibes eingeschnürt 
und oben von über die Schulter fallenden rothen, lichtgelben oder schwarzen Mäntelchen 
oder Kragen bedeckt sind. Entsprechende Hüte fehlen; gegen brennende Sonnenhitze mögen 
schwarze Lederkäppchen schützen. 
Zu den Begräbnissen sei noch erwähnt, daß früher — es mag theilweise auch heute 
noch geschehen — zu einem Kreuz, welches an einsamen Orten einen jähen Todesfall 
bezeichnete, die Vorübergehenden einen Stein hinzu warfen. So finden sich unter dem 
Gipfel des Berges Pasübio in Vallarsa sieben große Holzkreuze, welche aus einem großen 
Steinhaufen hervorragen und den Platz bezeichnen, an welchem nach der Sage einst Hirten 
in Streit geriethen und sieben derselben erschlagen wurden. 
Von kirchlichen Bräuchen wäre noch Manches zu erwähnen, wie z. B. von Bittgängen 
mit Kreuz und Fahnen, bei denen, wenn sie um Regen stattfanden, ehemals im Gebiete 
von Pergine der Brauch herrschte, daß Männer und Weiber, wenn sie an einen, wohl 
absichtlich ausgesuchten See kamen, mit kleinen Geschirren Wasser schöpften und gegen 
Himmel spritzten. Es sei noch an die auch in Welschtirol herrschende italienische Sitte des
	        
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