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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild, 1. Abtheilung: Wien

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Aus der Reihe der hervorragenden Palastbauten des Barockstils heben wir noch 
zwei Werke hervor, welche durch ihre kraftstrotzende Einfachheit einen eigenen Gegensatz 
bilden zu den zierlichen Bauten Hildebrandts und den classicistisch angehauchten Werken 
Fischers. Es sind dies der fürstlich Liechtenstein'sche Gartenpalast in der Roßau und das 
Majoratshaus derselben Familie. 
Fast spurlos verschwunden sind die zahlreichen kleinen Landhäuser und Schlößchen 
in der nächsten Umgebung Wiens, in Dornbach und Weidlingau, sowie den jetzigen 
Vorstädten, wo große Gürten den Raum einnahmen, den jetzt lange Häuserzeilen bedecken. 
Unter den vielgeschossigen Bürgerhäusern der inneren Stadt finden sich zahlreiche 
Beispiele schöner Fanden, bei denen nicht das Lebenselement der monumentalen Barocke, 
der Pilaster, verwendet wurde, sondern das Fenster mit seiner Einrahmung und Verdachung 
den Ausgangspunkt der Komposition bildet. Bei bescheidenen Stockwerkshöhen machen die 
Fanden, zumal die Häuser nichts Anderes scheinen wollen als sie sind, nicht selten eine 
vortreffliche Wirkung durch ihre guten Verhältnisse und die maßvolle, feinempfundene 
Bildung des Details; an einzelnen Facaden tritt auch ein feines Rococo auf. Wir nennen 
unter Vielem nur Einiges, so das Hans Graben Nr. 16, Bräunerstraße Nr. 8 und 9, 
Wollzeile Nr. 32. 
Die barocke Kunst, welche einen so breiten Raum einnimmt in der Architekturgeschichte 
Österreichs, ist zwar kein Erzeugniß des deutsch-österreichischen Volksgeistes, sondern eine 
aus dem Süden eingeführte fremde Pflanze, glänzend erblüht im Schutze des Hofes 
und der Kirche; sie hat aber auch auf dem Boden des Bürgerthums Wurzel geschlagen; 
jene Stockwerkshäuser zumeist sind es, welche den Straßen des allmälig verschwindenden 
alten Wien ihren Charakter geben. 
Die Miener Architektur des XIX. Jahrhunderts. 
er glanzvolle Neubau der Kaiserstadt, unleugbar eine der bedeutendsten 
Leistungen der modernen Architektur, ist vom Barockzeitalter durch 
eine Reihe von Decennien geschieden, welche sich wie ein Wüstengürtel 
zwischen zwei üppige Fruchtgebiete lagern. In der verstandesmüßigen 
Kühle der Aufklärungsepoche wurden dem formen- und farbenfrohen 
Stil der Zeit Kaisers Karl VI. und des Prinzen Eugen die schönsten Blüten abgestreift. 
Es folgten die Stürme der Napoleonischen Kriege. Der Geist einer nothgedrungenen 
Sparsamkeit, welcher am Beginn unseres Jahrhunderts die Verwaltung in allen Sphären 
durchdrang, arbeitete dem sterilen Bureaukratismus in die Hände, unter welchem das 
höhere Leben Wiens überhaupt und so auch das architektonische Schaffen der Metternich'schen
	        
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