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gewissen Familienereignissen im Dorfe oder auf den Wegen, besonders an Kreuzwegen,
Crucifixe oder Heiligen-Figuren aufstellt. In Waldgegenden verfertigt man diese Kreuze aus
Holz. Dort, wo Steinbrüche existiren, liefern diese das Rohmaterial für solche Gegenstände,
deren Erzeugung nach alter Tradition der Gegend hausindustriell betrieben wird. Zu
Trembowla werden Schleifsteine für Sensen in Massen angefertigt und in solchen Ort
schaften, wo, wie im Böbrker Bezirk, Gyps und Alabaster oder wo, wie in der Gegend
von Krakau, Marmor und Porphyr sich vorfinden, sind örtliche kleine Hausindustrien
entstanden, neben denen sich auch schon ein kleingewerblicher Betrieb entwickelt.
8. Frauenarbeit. Welche Erzeugnisse unserer Hausindustrie wir hier in die
Kategorie der eigentlichen Frauenarbeit aufnehmen sollen, ist sehr schwer zu entscheiden,
denn fast bei allen Erzeugnissen unserer Hausindustrie ist auch Frauenarbeit thätig. Hier
kommen nur solche Erzeugnisse unserer Hausindustrie in Betracht, welche ausschließlich
von Frauenhänden verfertigt werden. In erster Linie müssen wir die weißen und bunten
Stickereien, die in sehr vielen Gegenden von Ostgalizien, besonders in Podolien, am Dniester
und Pruth, an Hemden getragen werden, erwähnen; ganze Ärmel und öfters auch die
Vorderseite des Hemdes werden mit Stickerei geziert. Diese Stickereien unterscheiden sich
sehr in Muster, Technik und Ausführung. Die Frauen fertigen dieselben aus buntem Zwirn
oder bunter Wolle, welche sie selbst färben und präpariren, nach traditioneller Weise. Die
bunten Stickereien sind vollkommen waschecht, äußerst dauerhaft und sehen immer frisch
und hübsch aus. Aber auch diesem Zweige unserer Hausindustrie droht der Verlust
seiner originellen Muster und der Harmonie der Farben durch Anwendung neuer, ganz
unpassender Stickmuster und der Anilinfarben. Aus Raummangel müssen wir manche
kleinere Franenindustrien, meistens mehr örtlicher Natur, wie Hauben- und Gürtel-
Fabrikation rc. übergehen und erwähnen nur die allgemein verbreitete, von Frauen geübte
Sitte, die Ostereier zu färben und zu bemalen. Es gibt hierzulande zwei Gattungen von
Ostereiern: mit einer Farbe, ohne Muster gefärbte ,kras?nnüi" (gefärbte) und mit
mehreren Farben und mit verschiedenen Mustern bemalte „pisanüi" (die beschriebenen oder
die geschriebenen), von denen jene mehr in West-, diese mehr in Ostgalizien gebräuchlich
sind. Oft aber wechseln beide Gattungen je nach verschiedenen Orten. Es gibt z.B. Gegenden,
wo die bemalten Ostereier üblich sind, und dicht daneben liegt ein Dorf, wo nur einfach
gefärbte Vorkommen. Die Muster sind von einer bewunderungswürdigen Reichhaltigkeit
und Mannigfaltigkeit. Man findet in einem und demselben Dorfe die größte Verschiedenheit
in Muster und in Farbe, jedoch haben gewisse Gegenden ihren eigenthümlichen Typus. Es
ist manchmal überraschend, wie so ein altes Bauernweib mit grober Hand die oft sehr
feinen Muster anssühren kann. Die Muster gehen von Mutter aus Tochter über, und es
liegt in ihnen ein Schatz alter nationaler und volksthümlicher Ornamentik.