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gepflegt. Auf hohen Kuppen, wo die Bora am wüstesten schaltet, sind mächtige Kronen
und Wipfel, dem Nachwuchs zum Schutz, übrig gelassen worden. Nirgends erspäht man
Kahlhiebe und bei guten Einkünften stehen gleichwohl überall säulengerade Hochstämme.
Hier sieht man den Karst, wie er vor seiner Verwüstung war und auf dem Boden der
Ebene nur mehr an wenigen Stellen gefunden wird.
Daß wir trotz des Walddickichts unter unseren Füßen Karstboden haben, das
beweisen uns nicht nur bleiche Rippen, die aus dem Moos und den Farrnkräutern Hervor
brechen, sondern auch die Unterhöhlung des Bodens, auf dem, wie allenthalben im Karst,
kein Bach sichtbar ist. Die Wässer suchen sich ihren Weg unterirdisch und brechen irgendwo
am Rande des Absturzes aus, wie beispielsweise im herrlichen Quellenbach von Vitovli,
der sofort Mühlen treibt. Die Niederschläge dieser Hochstäche und dieser Berge finden
unter der Erde ihren Weg zur Wippach. Darum findet man mitten im Forste Löcher,
die unter die Oberfläche führen, deren Wölbungen von Wässern gebildet worden sind.
Ein solch klaffender Eingang befindet sich auch in der Nähe von Ternvvo. Man sieht nicht
auf den Boden des Trichters. Eine besondere Eigenschaft des Ternovaner (und des süd
östlich davon in Kram gelegenen Birnbaumer) Waldes sind die Eishöhlen. Es sind dies
Dolmen, Schachte, enge Abgründe, ans deren Grund, dort wo die Bora den Winterschnee
hinabfegt, sich unterirdische Gletscher von ziemlicher Mächtigkeit ansammeln. Während
oben die Flocken bald zu grobkörnigem Firn werden, erscheinen die tieferen Schichten
zusammengepreßt und nach unten hin starrt und glänzt Eis, zu dessen Bildung gewiß außer
der Wucht des Druckes die Einwirkung der wärmeren Luftströme zerklüfteter Tiefen beitrügt.
Wenden wir uns nunmehr zum Hügelland. Der schönste, an Reben, edlen Frucht
bäumen und allerlei Wachsthum reichste Theil des Görzer Hügelgebietes ist jener, welcher
im Norden von den Vorstufen des Berges Korada, im Osten vom Jsonzo und im Westen
vom Flüßchen Judriv, welches dort zugleich die Staatsgrenze gegen Italien bildet,
begrenzt wird.
Man nennt dieses Hügelland deutsch „In den Ecken", italienisch Oo^Iio, slovenisch
Lsrclo, welch letzteres Wort ein sanft ansteigendes mäßiges Gebirge bezeichnet. Wer von
Görz nach dem hochgelegenen Quisca oder auch nur über St. Florian und Cerovo nach
Cormons geht oder von Cormons aus den Monte Quarin besteigt, lernt dieses freundliche
Gebiet in den meisten seiner schönsten Unterscheidungsmerkmale kennen. Hier rieselt zwischen
mit Gras bewachsenen oder durchbrochenen Nagelfluh-Hängen ein kleiner Bach, dort
ziehen sich Weichsel-, Feigen- und Ölbäume den Hang hinan, während die gegenüber
liegende mehr der Sonne ausgesetzte Seite von einer Staffel von Rebendächern über der
anderen bedeckt ist. Denn der Cogliv ist das wahre Weinland der gefürsteten Grafschaft.
Der auffallendste und verbreitetste Rebensaft, welcher diesen Hügeln entquillt, ist Weißwein