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Als aber der große Sultan Sulejman II. den Thron bestieg, war das Geschick
dieser Länder besiegelt. Belgrad fiel im Jahre 1521 und mit diesem Horte der Donau
ebene auch das Drinagebiet und ganz Ostbosnien; nur das Banat Jajce hielt sich noch.
Schon zu dieser Zeit knüpften einige kroatische und dalmatinische Geschlechter aus localem
Interesse und mit Einwilligung des Königs Ludwig Verbindungen mit dem Erzherzog
Ferdinand von Österreich an, und die Rolle der Habsburger beginnt mit einer Action,
welche im Interesse ihrer stark bedrohten innerösterreichischen Provinzen Steiermark,
Kärnten und Krain die Beschützung Bosniens bezweckte, indem sie schon damals das
Protektorat über Bosnien anstrebten. Der Unglückstag von Mohacs (1526) machte dem
westbosnischen Banate ein Ende; zwei Jahre später gab der letzte Kommandant Stefan
de Gorbonvk freiwillig die Festung Jajce auf, welche solange Zeit hindurch, mit so vielen
blutigen Opfern vertheidigt, die Grenzfestung des Westens gewesen war. Jetzt erst beginnt
die Geschichte des Paschaliks Bosnien. Die Hercegovina bildete schon seit dem Jahre
1483, von den Türken erobert, ein besonders verwaltetes Territorium.
Die türkische Eroberung, welcher Jahrhunderte vorgearbeitet hatten, war eine
gründliche, die das bosnische Volkswesen in seinem innersten Kern umgestaltete. Eine
ganz andere Weltanschauung trat an die Stelle der früheren. Der römische Imperator,
der byzantinische Kaiser und der König von Ungarn, deren moralische Obergewalt in den
Binnenländern nie recht Fuß gefaßt hatte, wurden durch die greifbare und unermeßliche
Größe und Hoheit des Sultans verdrängt. Von ihm hing Leben und Tod, Besitz und
Glück und Alles, was in der Welt theuer ist, ab.
Es ist bekannt, daß die alte türkische Staatsversassung die Vermischung einer
wunderbaren gesellschaftlichen Gleichheit mit dem Despotismus bildet. Alle Osmanen sind
gleich; einheitlich in der Religion, gleich vor dem Gesetz, einheitlich in ihren Gewohnheiten;
selbst der ärmste Mann konnte Großvezir werden. Nicht die Geburt entscheidet, sondern
das Glück, die Fähigkeiten und die Geschicklichkeit jedes Einzelnen; es gab damals nicht
einmal Familiennamen, durch welche sich die Tradition in den Geschlechtern vererben
konnte. Überall, wo der Türke als Eroberer auftrat, mußten die früheren Institutionen
weichen, die alten Rechte und Verbindlichkeiten verloren ihre» Werth; der einst gewaltige
Herr wurde ebenso Unterthan, wie sein früherer Knecht. Nur in Bosnien sehen wir den
alten Adel, der sich in seiner großen Mehrheit mit Leib und Seele dem Islam znwendet
und dem Sultan huldigt, seine politischen Privilegien in alter Kraft erhalten.
Während in Ungarn alles wehrhafte Element in die den Habsburgern und den
Siebenbürgern verbliebenen Gegenden flüchtete und die kroatischen Herren sich nach
Slavonien übersiedelten, fing für Bosnien und die Hercegovina ein neues Leben an. Nach
langen Streitigkeiten der Unterthanen mit ihren Königen und anderen Oberherren finden