gebaut, durch ihre Heiligkeit oder, später, durch die Dämonen
furcht Andersgläubiger geschützt, sind besser davongekommen.
Jedoch wenn sie sogar noch in ihrem vollen Skulpturenschmuck
erhalten sind, so sind auch sie nur ein Schatten dessen, was sie
einst gewesen waren, weil die bunte Bemalung ihrer Bildwerke
und die zusätzlichen Fresken auf den glatten Wandflächen, das
Holz- und Metallwerk (vor allem vergoldete Dächer und Spitzen)
verschwunden sind. Kleinkunst aber hat, mit Ausnahme von Topf
scherben, seifen mehr als ein paar Jahrhunderte dem indischen
Klima Widerstand leisten können. Was wir noch haben, ist höch
stens ein paar Jahrhunderte alt, das wenige, was aus alter Zeit er
halten ist, ist in Trockenländern, wie Afghanistan, Ostturkestan
oder Ägypten, gefunden worden oder noch gelegentlich bei Aus
grabungen ans Tageslicht gekommen. Vieles müssen wir so aus
indirekten Quellen, Abbildungen auf Reliefs, literarischen Nach
richten usw. rekonstruieren.
Die Baukunst:
Weltliche und religiöse Baukunst gehen in ihren Typen weit aus
einander, gebrauchen aber im wesentlichen dieselben Bauglieder
und dieselbe Ornamentierung. Der Wohnbau war entweder hoch
und luftig, mit stufenweise ansteigenden Dachterrassen, um Höfe
oder inmitten von Gärten und Teichen für die feuchf-heiljen Mo
nate angelegt, oder unter Grund, in Höhlen, um Schachtbrunnen
und Zisternen gebaut, als Zuflucht während der trockenen Hitze.
Die Kultbauten aber waren an erster Stelle symbolischen Charak
ters, der buddhistische Reliquienschrein (caitya, stupa, dagoba),
ein zum Weltmodell umgebildetes Hünengrab, der Hindutempel
(mandir, koil, gudi) ein ebenfalls als Wellmodell gedachter Bild
schrein. Der erstere bestand aus einer auf eine oder mehrere
Plattformen gestellten massiven Steinhalbkugel (anda = „Him
melsgewölbe"), deren Inneres die Reliquien barg und welche von
einem Steinzaun oder Häuschen (harmika — „Weltberg") um
schlossenen mehrfachen Sonnenschirm (chhaitravali = Himmel)
gekrönt war. Diesen Stupa umschloß ein Steinzaun (vedika, aus
Pfeilern = fhaba, Decksiein = ushnisha und Verbindungsgliedern
= suci bestehend) mit Toren (torana) und Löwensäulen (stambha)
in den vier Himmelsrichtungen. Später wurde der Stupa auf einen
pyramidenförmigen oder furmartigen Unterbau gestellt und lief in
eine obeliskarfige Chhatfravali aus. Der Hindutempel aber wuchs
aus einer einfachen Zella zu einem auf eine hohe Terrasse (medhi)
gestellten, von einem Umwandlungsgang (pradakshinapatha) um
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schlossenen Heiligtum (garbhagriha), dessen Unterbau (pitha)
einem Opferalfar glich, dessen turmarfiger Überbau (sikhara) aber
den Weltberg Meru symbolisieren sollte. Freilich hatten die Bud
dhisten daneben Klöster (vihara) und Versammlungshallen für die
Mönche (caityashala), und der Hindufempel fügte dem eigent
lichen Heiligtum verschiedene Kulthallen (vimana, mandapa, ard-
hamandapa usw.) sowie kleinere Kapellen und Klöster (mafh) an.
Die Gemeinde aber versammelte sich in den diese umschließen
den Höfen; erst in der mohammedanischen Zeit kamen auch
Hallen für die gewöhnlichen Gläubigen auf. Die mohammedani
schen Moscheen (masjid) schließlich waren offene oder gedeckte
Gebethallen; außerdem führten die Mohammedaner das geräu
mige Kuppelmausoleum (gumbad, maqbara) ein.
Die früheste Baukunst der „Indus”-Kultur ist recht einfach, schlichte
(aber einst wohl bemalte) Wände, öberkragbögen und Gewölbe,
Holzsäulen und Gebälk. Die früharische Zeit baute in Holz und
Lehm mit auf Bögen ruhenden Rippengewölben und Rundfenstern;
freilich kennen wir diese Archifekfur nur aus ihren Nachahmungen
als Felsentempel und -klöster oder von Stupa-Reliefs. Seit etwa
dem 6. Jahrhundert v. Chr. wurden diese Bauten auf Steinplatt
formen gesetzt; in der letzten Hälfte des 1. vorchristlichen Jahr
tausends verdrängten Stein- und Ziegelbau mit Steinpfeilern,
-gebälk und -plaftendecken die Holzarchifekfur; jedoch blieben
Höhlenfempel bis ins 8. bis 11. Jahrhundert und Privatbauten in
Holzkonstruktion bis in die Gegenwart üblich. Erst in islamischer
Zeit kamen echte Bögen, Gewölbe und Kuppeln auf und führten
zu einer völlig veränderten Planung.
Alle diese Bauten aber waren reich mit Skulpturen und Malereien
geschmückt. Die Stupa-Zäune und -Wände bedeckten Reliefs mit
Szenen aus dem märchenhaften Vorleben (Jataka) und dem mythi-
sierten Leben des Buddha (Kat. 107—110), die Toranas, Figuren
niederer Schutzgottheiten oder vedischer Götter, Später kamen
Kapellen mit Statuen der indischen und himmlischen Buddhas, der
Bodhisattvas (Anwärter auf die Buddhaschaff, Erlöser) der Ma
donna Tarra und schließlich schreckliche Schulz- und Zaubergott-
heifen dazu. Den Fuß der Tempel zierten Friese von Dämonen
(Kirttimukha), Tieren und Szenen aus dem Menschenleben. Die
Wände wurden mit Figuren verschiedener Gottheiten bedeckt
(Kat. 225), die der großen Götter in aus der Wand vorspringenden
Kapellen, die der Schützer der Himmelsgegenden (Dikpala) auf
Konsolen dazwischen, alle umgeben von Heerscharen verführeri
scher himmlischer Nymphen (Apsaras, Surasundari). Im Inneren
bedeckfen wiederum Kapellennischen die Wände und Nymphen