Einstmals waren es die Städte Italiens, jetzt wird Paris
die Welthauptstadt der Kunst. Künstler aus allen
Ländern der Welt strömen hier zusammen, um diese
Luft zu atmen, in der man anscheinend nur schöpferisch,
und nichts als das, sein kann. In der Symphonie Frank
reich vereinigen sie alle die unruhigen Melodien ihres
verschiedenen Ursprungs zur Harmonie; sie glauben,
nur in der Berührung mit französischem Geschmack
könne sich ihr Künstlertum überhaupt entfalten. Hinfort
spricht man von der „Schule von Paris“. Vuillard,
Bonnard, Roger de la Fresnaye, Matisse, Braque,
Rouault, Dufy sind ihre Begründer, Künstler typisch
französischen Geistes, aristokratisch und volkstümlich
zugleich, auf ein gutes handwerkliches Können bedacht,
doch von durchdringendem, gewandtem Intellekt,
bestrebt, sich über ihre Leistungen und Ziele im klaren
zu bleiben, voll Ehrgeiz, eine immer modernere, der
persönlichen Eigenart immer stärker entsprechende
Form ihres künstlerischen Ausdrucks zu erarbeiten.
Aber zur „Schule von Paris“ zählen nicht nur sie.
Zu ihr rechnen ebenso ihre Gefährten in diesen künst
lerischen Wagnissen, in Kampf und Erfolg: die Spanier
Juan Gris und Picasso, die Italiener Modigliani, Chirico,
die russischen Juden Soutine und Chagall, der Deutsche
Max Ernst, der Balkanese Pascin, dazu noch mancher
Fremde von Genie, der seitdem aus eigener Wahl zu
einer repräsentativen Erscheinung der französischen
Kunst geworden ist.
Tragweite und Folgen dieser Bewegung „Lebende
Kunst“, die uns in solch üppiger Schöpferkraft vor
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