Der Stil.
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unterbrochenen Kette von Uebergangsfor-
men heute noch vor.
Die einzelnen Formen wurden von
den Völkern gemäss ihres Könnens, ihrer
Ausdrucks- und Anschauungsweise fortge
bildet und entwickelt bis sie dem Schön
heitsideal der Epoche entsprachen.
Jeder neue Stil ist allmälig aus
dem früheren dadurch entstanden,
dass neue Construction’en, neues
Materiale, neue menschliche Auf
gaben und Anschauungen sich mit
den früheren verbanden und dadurch
Neubildungen schufen.
Haben welterschütternde Ereignisse ein
Staatswesen durchtobt, so stand die Kunst
still, sind Völker durch ihre Kraft zu
Macht und Ansehen und endlich zum Frie
den gelangt, so hat die Kunst stets neue
Blüthen getrieben. Grosse sociale Umwäl
zungen haben immer neue Stile geboren.
Stets war also die Kunst und ihr soge
nannter Stil der ganz apodictische Aus
druck des Schönheitsideals einer bestimmten
Zeitperiode. Die Künstler aller Zeiten hatten
die scharf präcisirte Aufgabe, aus dem
ihnen Zugekommenen, Ueberlieferten Neu
formen zu bilden, welche dann die Kunst
formen ihrer Zeit darstellten.
Es ist wohl als erwiesen anzunehmen,
dass Kunst und Künstler stets ihre Epoche
repräsentirten.
Dass unsere so stark bewegte zweite
Hälfte des Jahrhunderts auch den Ausdruck,
die Form für eine ihr ureigene Kunstan
schauung suchte, ist selbstverständlich. Aber