28
Töne in den Blumenbildern eines van Huysum, der
Humor Jan Steen’s, die Derbheit der Volksscenen
und Marktbilder, die Stimmung waldiger Landschaft —
Alles leisteten die englischen Mezzotinto-Graveure dieser
Zeit. Wenn sie in etwas kalt, leer und langweilig
erscheinen, so sind das die mythologischen und allegori
schen Bilder ihrer Zeitgenossen, eines Zoffany oder
einer Angelica Kaufmann, deren Bildern sie nicht
Leben und Interesse einzuflößen vermochten. Sie
konnten den Bildern nicht geben, was dieselben nicht
besaßen.
Die Schabkunst war in England so eng mit der
Malerei verknüpft, dass sie mit dem Sinken derselben
selber sinken musste, um in kurzer Zeit so gut wie
zu verschwinden. Mit dem Anfang des 19. Jahr
hunderts wurde die Gesellschaft prüde und geziert,
die Kunst aflectirt, gesucht, fast bis zum Unnatür
lichen. Der Geschmack wurde gänzlich ein anderer, und
dieser andere Geschmack brachte auch die Schabkunst
zu Fall. An die Stelle dieser freien, wirkungsvollen,
flotten Manier trat der mühsame Stahlstich, welcher
dem überfeinen und übervornehm thuenden Geschlechte
besser behagte. Fein und geziert waren nun die in
den Keepsakes veröffentlichten Schönheiten der englischen
Gesellschaft, aber sie hatten in ihrer Prüderie auch
an Natürlichkeit eingebüßt, wie andererseits die männ
lichen Portraits an Kraft und Charakteristik verloren.
Bevor aber dieser Umschwung eintrat, hatte die
englische Schabkunst noch so auf den Continent ein
gewirkt, dass sie dort fast die gleichen, vollkommenen
Arbeiten hervorrief, jedenfalls auf eine Höhe hob,
welche die deutsche Schabkunst bis dahin nicht gesehen
hatte. Insbesondere geschah dies in Wien, wo gegen