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die die Vereinigten Staaten in Vietnam betrieben. Fox benutzte 
zur Einäscherung der Pflanzen einen Fiammenwerfer dessei- 
ben Typs, wie er in Vietnam eingesetzt wurde. Sein Gemahnen 
an ein Land unter Napalmbombenbeschuß und an verbrannte 
Vietnamesenkörper war ein symbolischer Akt, der den onto 
logischen Wert von Leben und Land der vietnamesischen 
Bevölkerung in Form des Wertes von chinesischem Jasmin 
darstellte. Darüber hinaus aber war es ein konkreter Akt der 
Zerstörung, der metonymisch mit der Zerstörung durch den 
Krieg zusammenfiel. 
Kunstaktionen boten ein alternatives Paradigma für die künst 
lerische Praxis, indem sie den Menschen als Materialisierung 
des Zwischenraums präsentierten, als den Berührungspunkt 
von Kunst und Leben. Die Hervorhebung des Wortes Be 
rührung bedeutet nicht, daß Kunst und Leben verschmel 
zen, sondern will die kommissurenhafte Verbundenheit der 
beiden Bereiche hervorheben. Als der Begriff «Performance- 
Kunst« Mitte der siebziger Jahre immer häufiger in der 
üppigen Aktionsiiteratur auftauchte, wurde er von vielen 
Künstlern zunächst mit der Begründung abgelehnt, er sei 
mit Unterhaltung und tradionellem Theater konnotiert und 
verbunden. Diese anfängliche Ablehnung kam vor allem 
aus Europa.^^ 
Erst mit dem Aufkommen ausführlicher, textueller Erzäh 
lungen in der Performance wurde die einst weitgehend non 
verbale Physikalität der Körperaktion mit jener Theatralik 
und Schauspielkunst in Zusammenhang gebracht, die der 
Begriff »performance art« impliziert. Vito Acconci ist eine zen 
trale Figur in dieser etymologischen Geschichte. Er war nicht 
Vito Acconci, Seed Bed (Samenbett), 15. - 29. Januar 1972, Sonnabend Gallery, 
New York. Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers und der Barbara Gladstone 
Gallery, New York 
nur ein Wegbereiter der textgestützten Aktion (nicht zuletzt 
aufgrund seiner dichterischen Praxis), sondern hörte 1973, 
nur fünf Jahre nach seinen ersten Aktionen, bereits wieder auf, 
Performances zu machen. Acconci gab nach eigener 
Aussage die Performance auf, als ihm bewußt wurde, daß die 
Rezeption des Künstlers als theatralisches Schauspiel mit sei 
nen eigenen visuellen und intellektuellen Zielen als Künstler 
nicht in Einklang zu bringen war.^® 
In Acconcis berüchtigter Aktion Seed Bed (1972) in der New 
Yorker Galerie Sonnabend beispielsweise soll der Künstler, 
verborgen unter einer niedrigen, in die Galerie eingebauten 
Holzrampe, zweimal wöchentlich sechs Stunden am Tag 
masturbiert haben. Tatsache ist, daß der Künstler verbal auf 
die Galeriebesucher reagierte und sie als Katalysatoren 
benutzte, vermutlich um seine eigene sinnliche Erfahrung - 
wie auch die ihre-zu stimulieren. In den mentalen Bildern, die 
seine Erzählung erzeugte, beschwor Acconci die Vereinigung 
seiner Identität mit der der Besucher und vermengte so ästhe 
tische Produktion mit Metaphern der menschlichen Repro 
duktion, die allerdings durch einen narzißtischen Mangel an 
Verbundenheit erschwert würde. Diese (simulierte?) auto-ero 
tische Aktion bot keine Möglichkeit zu einem gegenseitigen 
Informationsaustausch, der Grundvoraussetzung für sinn 
hafte Beziehungen und Reproduktion menschlichen Lebens. 
27 Stuart Brisley und Leslie Haslam behaupteten, der Begriff hätte 
völlig inadäquate und unpassende Konnotationen zum Theater, 
und nicht zur bildenden Kunst. Siehe Brisley und Haslam, «Anti- 
Performance Art«, in: Arte Inglese Oggi 1960-1970, Mailand 
1976. Siehe auch Hugh Adams, »Editorial: Against a Definitive 
Statement on British Performance Art«, in einer Sonderausgabe 
über »Performance-Kunst«, Studio International, 192, 982, 
Juli-August 1976, S. 3. Zur Etymologie von »performance art« 
siehe Bruce Barber, »Indexing: Conditionalism and Its Heretical 
Equivalents«, in: A. A. Bronson und Peggy Gale (Hrsg.), 
Performance ByArtists, Toronto 1979, S. 183-204. 
28 Podiumsdiskussion im Rahmen des Symposiums Performance 
Art in the 1960s, 1970s, and 1980s, Baltimore 1989.
	        
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