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Paul Neagu, Ramp-Hyphen (Rampen-Bindestrich), 5.-10. Dezember 1976 
Paul Neagu, Hyphen (The Subject Generator) (Bindestrich [Der Subjektgenerator]), 
1975. Sammlung des Künstlers 
Ich persönlich verstehe Stelarcs Arbeit als visionären Unter 
suchungskorpus über den Körper am Körper, auch wenn die 
Visualisierung dieser Forschungsarbeit für manchen schwer 
zu ertragen sein mag, und Assoziationen zur vertrauten 
Erklärungsform des Masochismus heraufbeschworen wer 
den, um das Unbekannte oder Unvorstellbare zu beschreiben, 
Darüberhinaus läßt Stelarcs Arbeit eine Aneignung oder 
Verbreitung durch diejenigen, die Freude am oder Faszination 
für den Masochismus empfinden, durchaus zu, wobei die 
Absicht des Künstlers jedoch nur ein Teil des Interpretations 
prozesses ist. 
Stelarcs Aufhängungen waren In erster Linie Studien der Haut 
als einer komplexen, modellierbaren Membran, die imstande 
ist, »The Body« in den computerisierten Umgebungen der 
Zukunft zu stützen und zu halten. Der Künstler stellte noch 
weitere Untersuchungen an, so zum Beispiel die Verstärkung 
von Geräuschen seines Körpers während einer Aufhängung, 
um ein »Biofeedback« zu erzeugen (die innere Struktur des 
Körpers zu externalisieren), und die Entwicklung eines pro- 
thetischen »dritten Arms«, eines computergesteuerten Robo 
ters, der durch Biosensoren kontrolliert wurde. Stelarc begriff 
diese Experimente als Prototypen für eine invasivere Techno 
logie, mit deren Hilfe elektronische Geräte in »The Body« 
gepflanzt werden könnten. In dieser Hinsicht stellte er sich 
den bionischen Künstler der Zukunft als Architekten innerer 
Körperräume und Evolutionsführer vor. 
Going Tornado 
1954, im Alter von sechzehn Jahren, entwickelte Paul Neagu 
in Zeichnungen, Assemblagen, Skulpturen, Literatur und 
schließlich Performances eine kosmologische Theorie der 
Ästhetik. Er teilte das um eine Trinität von Formen, Symbolen, 
Attributen und Verhaltensweisen organisierte System der 
menschlichen Evolution in drei Zyklen ein, von denen jeder 
über besondere Kennzeichen verfügte, die sich von der ele 
mentaren Natur bis hin zu Ebenen höheren Bewußtseins 
erstreckten. Anfangs erschienen diese Konzepte in Form einer 
210 Paul Neagu, »Gradually Going Ahead«, in: Artscribe, 16,1979, 
S. 50. 
menschenähnlichen Figur, »Anthropocosmos«, die sich 
während einer Aktion in den Künstler selbst verwandelte, um 
sich schließlich in Hyphen (Bindestrich) aufzulösen - die 
Verbindungsform zwischen zwei Prinzipien oder Zuständen, 
die dynamische Kommissur, aus der Verbundenheit und 
Beziehung entsteht. 
In der Installation und Performance Ramp-Hyphen (Rampen- 
Bindestrich) (1976) faßte Neagu die drei Zyklen zusammen. 
Umgeben von Zeichnungen und einem riesigen Hyphen, den 
er in der Mitte der Serpentine Gallery in London aufgebaut 
hatte, inszenierte er gemeinsam mit seiner Mitarbeiterin Perry 
Robinson eine Aktion. Mit verbundenen Augen lehnte sie an 
einer Wand der Galerie und bezeichnete die Stelle, von der sie 
»spürte«, daß dort Neagu mit den Füßen aufgekommen 
war, nachdem er Anlauf genommen hatte und so hoch wie 
möglich gegen die Wand (Rampe) gesprungen war. Bei jedem 
Sprung spürte Robinson die Vibration seines Aufpralls, er 
tastete die Stelle auf der Wand und markierte sie »blind«, 
Neagu seinerseits markierte jeden seiner Sprünge auf der 
Innenseite des /-/ypöen-Gebildes. Als Neagu zu erschöpft war, 
um weiterzuspringen, übernahm Robinson die Performance 
und machte damit das Springen und Markieren zu einem 
gegenseitigen Akt. Ramp-Hyphen war Neagus letzte Per 
formance: 
Ich war zu der Überzeugung gelangt, daß das Wesen der 
wahren Performance nicht in eine »theatralische« Struktur 
eingezwängt werden kann, in der das Publikum und die 
Performer getrennten Kategorien angehören und sich 
hilflos nach einer gemeinsamen Verständigungsebene seh 
nen. Um tiefgehende Kommunikation herzustellen, mußte 
man den Performer - mich - und seine Gesten von innen 
spüren, und ich entdeckte, daß die Idee eines statischen, 
starrenden Zuschauers nur zu einer eingleisigen Kom 
munikation führen kann, die für meine großen Ambitionen 
entschieden zu seicht war. Ich beschloß, solche Impulse für 
mich zu behalten und der Öffentlichkeit nur einen formali 
sierten Bericht zu präsentieren.^'“
	        
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