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Volltext: Das österreichische Bauwesen

dem Umstand seinen Grund, daß die vielfach auf 
einen weit größeren Absatz eingerichtete österrei 
chische Industrie bei den infolge der Nichtausnützung 
der Anlagen überhohen Regien und den gesteigerten 
Produktionskosten nicht mehr imstande war, die 
ausländische Konkurrenz abzuwehren, eine Kon 
kurrenz, die, gestützt durch vielfach niederere Pro 
duktionskosten und ein durch hohe Zölle gesichertes 
Absatzgebiet im Inneren, in der Lage ist, die Preise 
der heimischen Industrie zu unterbieten. 
Es war deshalb nicht zu verwundern, daß bei 
Erstellung des neuen österreichischen Zolltarifes 
sich lebhafte Bestrebungen auch nach einer Erhöhung 
des Zollschutzes für die Baumaterialienindustrie 
geltend machten. Die alten Zölle, die auf der Grund 
lage eines großen Wirtschaftsgebietes erstellt 
waren, hatten teils dadurch, daß sie nicht in ihrer 
vollen Goldhöhe cingehoben wurden, teils wegen 
der völligen Verschiebung der wirtschaftlichen Ver 
hältnisse ihre Wirkung fast ganz eingebüßt und 
überdies war besonders beim Zement mit Rücksicht 
auf den in der ersten Zeit nach Kriegsende bestan 
denen Kohlenmangel der Zoll noch außerordentlich 
ermäßigt worden. Den Bestrebungen der Bau 
materialienindustrie, anläßlich der Erstellung des 
neuen Zolltarifes einen Zollschutz zu erlangen, der 
ihr den gegenwärtig ohnehin bescheidenen Inlands 
markt gesichert hätte, standen jedoch andererseits 
Bedenken hinsichtlich der Preisbildung gegenüber, 
die anläßlich der Beratung des neuen Tarifes im 
Nationalrat ihren lebhaften Ausdruck fanden und zur 
Eolge hatten, daß die angestrebten Zollerhöhungen 
nur zum Teile und nicht in genügendem Maße zu 
erreichen waren. 
Die nachstehenden Ziffern geben ein Bild über 
die Entwicklung der Einfuhr von Baumaterialien in 
der Zeit nach Inkrafttreten des neuen Zolltarifes. 
1925 1926 1927 
auf 1000 Ein- auf 1000 Ein- auf 1009 Ein- 
Wg. wohner ent- Wg. wohner ent- Wg. wohner ent 
fallen q fallen q fallen q 
Benennung 
Pflastersteine . 
Schotter . . . 
Gips, gebrannt 
Portland- 
zement . . . 
Kalk, gebrannt 
Mauerziegel . 
Dachfalzziegel 
Feuerfeste 
Ziegel . . . 
Klinker u. Bo 
denbelag 
platten . . . 
Wandfliesen . 
831 13-85 
5375 90 — 
68 11 
878 14-6 
1794 299 
7120 119’— 
303 5 1 
1209 20-15 
379 6-3 
70 M6 
233 3-9 
4356 72-6 
70 1-3 
1674 27-9 
1772 29-5 
3770 678 
325 5-4 
1100 18-3 
525 8-75 
73 1-2 
408 6-8 
4381 73-— 
68 M 
2278 37-6 
2171 36-2 
2040 34-— 
265 4-4 
1108 18-4 
488 8-1 
79 1-3 
Der Zusammenhalt der Ziffern von 1925 und 
1924 läßt erkennen, welche bedeutende Wirkung 
die verhältnismäßig kleinen Zollerhöhungen, die bei 
einigen Artikeln eingetreten waren, in der Handels 
bilanz ausübten. Der Gesamtwert der Einfuhr der 
hier angeführten Artikel betrug 1924 rund 10-4 Mil 
lionen Schilling, 1925 rund 5-9 Millionen Schilling. 
Natürlich stellt sich das Bild nicht bei allen 
Artikeln gleich dar. Bei manchen Materialien 
(Schotter, Pflastersteine, Gips) konnte 
wegen der überwiegenden Exportinteressen die Ein 
führung eines Zolles, beziehungsweise eine Erhöhung 
des bestehenden Zolles nicht beantragt werden, da 
die zu befürchtenden Gegenmaßnahmen der Nach 
barstaaten unserer Industrie einen größeren Schaden 
zugefügt hätten, als der Vorteil gewesen wäre, der 
durch einen Schutz des Inlandsmarktes zu erhoffen 
war. Wenn, wie aus den vorstehenden Ziffern ent 
nommen werden kann, die Einfuhrziffern für Pflaster 
steine und Schotter von 1923 auf 1924 eine bedeu 
tende Steigerung aufweisen, so ist dies auf große 
Auslandsbezüge der Gemeinde Wien zurückzu 
führen, die aber in den letzten Jahren wenigstens 
bei den Pflastersteinen wesentlich nachgelassen 
haben. Bei Gips hielt sich die Einfuhr stets in 
bescheidenen Grenzen. 
Die bis zum Jahre 1925 bestandene Zollfreiheit 
für gebrannten Kalk hatte zur Folge, daß die 
frachtlich zu Wien sehr günstig gelegenen tschecho- 
slovakischen und ungarischen Kalkwerke einen 
großen Teil des Inlandsbedarfes deckten und so der 
heimischen, über ganz Österreich verbreiteten Kalk 
industrie den Absatz strittig machten. Es wurde 
deshalb in dem neuen Zolltarif ein Zoll für gebrannten 
Kalk angestrebt, der schließlich mit 40 Goldheller 
pro Meterzentner festgesetzt wurde. Im Handels 
vertrag mit der Tschechoslovakei mußte dieser 
Satz noch auf 20 Heller ermäßigt werden. Er ist in 
dieser Höhe leider nicht imstande zu verhindern, 
daß nach wie vor Kalk in großen Mengen aus dem 
Auslande eingeführt wird, während unsere Industrie 
ihren Betrieb einzuschränken sich gezwungen sieht. 
Die österreichische Zement Industrie ist im 
stande, jährlich zirka 75.000 Waggons, das ist weit 
mehr als der Inlandsbedarf, zu erzeugen. Da die 
Qualität des österreichischen Zementes einwandfrei 
ist, wäre es unnötig, Zement aus dem Auslande ein 
zuführen. Trotzdem sind, wie aus der vorstehenden 
Statistik entnommen werden kann, im Laufe der 
letzten Jahre vor Inkrafttreten des neuen Zolltarifes 
bedeutende Mengen von Zement zur Einfuhr gelangt. 
Es ist dies zum Teil darauf zurückzuführen, daß der 
Zementindustrie in den Zeiten des Kohlenmangels 
und der Kohlenbewirtschaftung nicht die nötigen 
Mengen an Brennstoffen zugewiesen werden konn 
ten und die Erzeugung auf ein Minimum ein 
geschränkt werden mußte. Deshalb war in den 
ersten Jahren nach dem Kriege der Bezug von 
ausländischem Zement vielfach zu einer Notwendig 
keit geworden. Um ihn zu erleichtern, hatte man 
den bisher autonom 1.80 K und vertragsmäßig 1 K 
betragenden Zoll auf 40 h herabgesetzt, eine Maß 
nahme, die ihre Berechtigung in dem Moment ver 
loren hatte, als durch Behebung des Kohlenmangels 
die heimische Industrie in der Lage war, genügend 
Zement zu erzeugen. Die Regierung beantragte des 
halb bei Erstellung des neuen Zolltarifes die Wieder 
herstellung des alten Vertragszolles von 1 GK, ein 
Zoll, der schließlich mit einer Reduktion auf 0.80 
Gesetz wurde. Dieser Zoll ermöglichte der öster 
reichischen Industrie bei der damaligen Situation in 
der Zementerzeugung der Nachbarstaaten einen 
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