.Von Niederdruckwerken über 10.000 PS wäre zu
nennen:
Pernegg 135.0 m 3 /sek. ... 17 m Gefälle
Größere Staumauern (Talsperren) kamen zur Aus
führung, beziehungsweise sind im Bau beim Strubklamm-,
Teigitsch-, Spullersee-, Stubach- und Vermuntwerk.
Welche Fortschritte speziell im Ausbau von Speicher
werken in den letzten Jahren zu verzeichnen sind, möge
daraus ersehen werden, daß mit Kriegsende der nutz
bare Inhalt der Speicher von Wasserkraftwerken ins
gesamt 25 Millionen m 3 betrug, während seit dieser Zeit
Werke mit Speichern von zusammen 100 Millionen m 3
errichtet, beziehungsweise in Bau genommen wurden,
von denen Werke mit 72 Millionen m 3 nutzbarem Inhalt
schon im Betriebe stehen.
Die Wehre der Werke sind meist beweglich einge
richtet; bei größeren Stauhöhen sind Schützenwehre
verwendet (Partenstein, Pernegg), bei kleineren Stau
höhen vielfach die selbsttätigen Dachwehre (Bärenwerk,
Gratwein, Opponitz).
Bei den Hochdruckwerken war die Ausführung einer
Reihe außerordentlich langer und schwieriger Stollen
bauten erforderlich; hier seien genannt:
Opponitz*) .... Stollenl. 10 km, Stollendchm. 2.7 m
Gaming 8 „ „ 1.7 „
Partenstein 5.5 „ „ 3.0 .,
Teigitsch „ 5.4 „ „ 2.6 „
Achensee „ 4.5 „ „ 2.8 „
Ebenfalls erwähnenswert sind die gewaltigen eiser
nen Druckrohre, die bei einzelnen Werken zur Anwen
dung kamen, von denen beispielsweise die Partensteiner
rohre einen Durchmesser von 2.4 m, die von Opponitz
einen Durchmesser von 2.2 m aufweisen.
Ganz außerordentliche Anforderungen stellte der
Ausbau unserer Wasserkräfte an den heimischen Tur
binenbau, insbesondere was die Größe der Einheiten,
die ausgenützten Gefälle und die Umlaufgeschwindigkeit
der Maschinen anlangt. Während bis 1918 Einheiten von
2500 PS (Sillwerke, Andelsbuch) schon zu den größten
zählten und das größte in großen Anlagen ausgenützte
Gefälle etwa bei 200 m lag (Steeg 190 m), weisen die
neuen Werke Partenstein und Teigitsch Francis-Spiral
turbinen und das Achenseewerk Freistrahlturbinen von
je 15.000 PS auf; das Spullerseewerk hat derzeit 3,
künftig 6 Freistrahlturbinen von je 8000 PS bei 800 m
Gefälle. Einen grundsätzlichen Fortschritt im Turbinen
wesen bedeutet die Erfindung des Österreichers
Kaplan, dem es gelang, Turbinen großer Schnell-
läufigkeit für niedrige Gefälle zu konstruieren. Die
Kaplanturbine ist speziell im Auslände in gewaltigen
Dimensionen zur Ausführung gelangt; in Österreich sind
die größten Kaplanturbinen die von Gratwein mit
3700 PS.
Der Ausbau unserer Wasserkräfte ist nicht nach
einem Generalplan, sondern dem Bedarf der einzelnen
Länder entsprechend erfolgt. Es ist also auch keine
Verbundwirtschaft, das heißt kein Zusammenarbeiten
der einzelnen hydraulischen und kalorischen Werke von
Anfang an inauguriert gewesen. Die Verbundwirtschaft
hat sich aber — dem Bedürfnisse entsprechend — von
selbst eingestellt und sie greift immer weiter aus. So
stehen schon jetzt die größeren Elektrizitätswerke in
*) Der Opponitzer Stollen hat also beiläufig die Länge des
Arlbergtunnels!
den einzelnen Bundesländern untereinander in Ver
bindung; darüber hinaus sind die großen Kraftwerke von
Oberösterreich und Salzburg mit den Werken von
Niederösterreich und Wien durch Hochspannungs
leitungen verbunden und auch der Anschluß der steiri
schen Großkraftwerke an die der Donauländer ist nahezu
hergestellt. Erwähnt seien ferner der Anschluß des
Achenseewerkes an das Bayernwerk und die Ver
bindungen, die zwischen einzelnen Werken Tirols, Vor
arlbergs und Salzburgs mit Deutschland bestehen, doch
können diese Leitungen nicht als der Verbundwirtschaft
im eigentlichen Sinne angehörend bezeichnet werden, da
es sich in diesen Fällen nicht um ein Zusammenarbeiten,
sondern um einseitigen Export seitens Österreichs
handelt.
Wenn auch der dringendste gegenwärtige Energie
bedarf unserer Bundesländer — mit Ausnahme des Be
darfes von Wien — im großen und ganzen als aus
Wasserkraftwerken gedeckt zu betrachten ist, so ist
doch keineswegs zu erwarten, daß in unserem Wasser
kraftausbau, der in den letzten Jahren so schöne Fort
schritte gezeigt hat, ein Stillstand eintreten werde. Denn
die immer mannigfaltiger werdende Verwendung des
elektrischen Stromes bringt es mit sich, daß der Bedarf
an Strom im Haushalt, im Gewerbe, in der Industrie
und in der Landwirtschaft von Jahr zu Jahr sich steigert
und daß daher zu seiner Deckung immer wieder Kraft
werke vergrößert und neu errichtet werden müssen.
Es sei hier nur daran erinnert, daß Österreich noch nicht
die Hälfte jener Kopfquote (erzeugte KWh pro Kopf der
Bevölkerung im Jahr) erreicht hat, die in gut mit Strom
versorgten Ländern, zum Beispiel in der Schweiz, gegen
wärtig schon zu verzeichnen ist. Die Stadt Wien, die
allein ungefähr ein Viertel der gesamten elektrischen
Energie des Staatsgebietes benötigt, und deren Strom
bedarf durchschnittlich um 10% im Jahre steigt, erzeugt
ihren Strom derzeit zu annähernd gleichen Teilen aus
Wasserkräften, aus heimischer Braunkohle und aus aus
ländischer Steinkohle. Der Ersatz der letztgenannten
Post durch Wasserkraftstrom bietet allein reiche Absatz
möglichkeiten für Wasserkraftwerke. Weiters werden
die Bahnen bei Fortsetzung der Elektrisierung bedeu
tende Mengen hydraulischer Energie benötigen.
Zur Deckung des zukünftigen Bedarfes stehen, wie
schon erwähnt, reichliche Rohwasserkräfte zur Ver
fügung; es sei hier speziell an die Gefällsstufen der
Enns im Gesäuse (600 Millionen KWh im Jahre) und an
der unteren Enns (Projekte der Oweag, 250 Millionen
KWh im Jahre), der Traun (Projekt Hinterschweiger,
533 Millionen KWh im Jahre), der Mur (360 Millionen
KWh im Jahre) und an die Kärntner Seenprojekte er
innert. Endlich sei hier der Donauwasserprojekte bei
Aschach und Wallsee, bei Grein beziehungsweise Persen
beug, in der Strecke Krems—Korneuburg und von
Korneuburg bis zur Landesgrenze gedacht; nach diesen
Projekten wären aus der Donau rund 3500 Millionen
KWh im Jahre zu gewinnen. Gerade im gegenwärtigen
Zeitpunkte stehen mehrere dieser Projekte im Mittel
punkt des Interesses und es ist die Hoffnung berechtigt,
daß das eine oder andere in absehbarer Zeit verwirk
licht werden wird. Die großen Wasserkräfte endlich, die
in den westlichen Bundesländern Tirol und Vorarlberg
noch zur Verfügung stehen, werden ihre Erzeugung wohl
zum größten Teile nach Deutschland ausführen und es
hat den Anschein, als ob die nächste Etappe unseres
Wasserkraftausbaues diesem Export dienen werde.
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