Waltraud Neuwirth
SCHÖNER ALS BERGKRISTALL
LUDWIG LOBMEYR
GLAS LEGENDE
464 Seiten, 40 Farbabbildungen
796 Schwarzweißabbildungen
ISBN 900282-52-8(1999)
Glas war für Ludwig Lobmeyr (1829 - 1917) „schöner als
Bergkristall“. Der bekannte Wiener Glasindustrielle wurde ge
gen Ende des 19. Jahrhunderts von seinem Freund Friedrich
Pecht zur Niederschrift seiner Autobiographie ermuntert. Er
berichtet darin vom Lebensweg seines Vaters Josef Lobmeyr,
der Eröffnung einer Glashandlung, seiner eigenen Kindheit
und Jugend und vor allem vom Geschick des weltberühmt ge
wordenen Unternehmens J. & L. Lobmeyr in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Schwierigkeiten mit den sla-
vonischen Glashütten werden ebenso einbezogen wie der
daraus entstandene langwierige Prozeß gegen seinen unga
rischen Partner Hondl. Reisen nehmen einen breiten Raum
ein, oft mit Ausstellungsbesuchen und -beteiligungen verbun
den. Ausführlich schildert Lobmeyr den engen Kontakt zu
dem 1864 gegründeten Österreichischen Museum für Kunst
und Industrie und seinem Direktor, Rudolf von Eitelberger, so
wie zu den wichtigsten Wiener Künstlern (Hansen, Schmidt,
Storck, Teirich u. v. a.). Bei den „Gesellschaftsabenden“ im
Hause Lobmeyr versammelten sich bedeutende Persönlich
keiten des Wiener Kulturlebens. Und auch auf private Um
stände geht Lobmeyr ein: auf seine Beziehungen zu Frauen
und Freunden sowie auf seine zahlreichen Kuraufenthalte.
Ebenso erwähnt er seine Bildersammlung und die Bekannt
schaft mit berühmten Malern jener Zeit, zu denen Alt und Pet-
tenkofen, Spitzweg und Munkäczy zählten.
Als ein früher Schwerpunkt ist die Zeit anzusehen, in der der
Vater, Josef Lobmeyr sen., das Unternehmen führte (von
1823 bis zu seinem Tode im Jahre 1855). Ludwig Lobmeyr
beschreibt diese Periode, die er aus Erzählungen und aus
eigenem Erleben kannte. In den Zeichnungen des Firmen
archivs wird ein bisher nie geschautes Panorama des Bieder
meierglases vor uns ausgebreitet.
Weitgereist und geschäftstüchtig, war schon Josef Lobmeyr
fraglos einer der besten Kenner der zeitgenössischen Glasin
dustrie und konnte seinem Publikum bald ein umfassendes
Angebot an Gläsern vorlegen. Bestellungen, die sich auf
Muster in Form von Gläsern oder Papierschnitten stützten,
gingen vorwiegend in die Zentren der böhmischen Glasindu
strie. Anfangs von deren Produktionspalette abhängig, ent
wickelte er wohl schon früh seine eigenen Vorstellungen, die
zu einem beachtlichen Programm führten, in das die erfolg
reichen Glasformen jedweder Herkunft unbekümmert einge
bunden wurden.
Die Autobiographie Ludwig Lobmeyrs wird im vorliegenden
Buch von Bildern begleitet, die den reichen Schätzen aus
dem Firmenmuseum und dem Archiv von J. & L. Lobmeyr in
Wien entstammen. Neben Glasobjekten und Werkzeichnun
gen sowie Papierschnitten sind auch zeitgenössische Photo
graphien wiedergegeben, durch die wir die einmalige Mög
lichkeit haben, ganze Trink- und Dessertservice sowie Glas-
Serien betrachten zu können. Die Autobiographie selbst wird
einbegleitet von einem Kommentar Friedrich Pechts, der We
sentliches zur Charakterisierung der Persönlichkeit Ludwig
Lobmeyrs beiträgt. Wenn auch die Fülle der Bilder, die den
zeitgenössischen Lobmeyr-Text illustrieren, sehr reichhaltig
erscheint, muß man doch im Auge behalten, daß es sich da
bei nur um einen schmalen Bereich aus dem Gesamtpro
gramm des „Lobmeyr-Glases“ handelt.