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Nr. 6.
Neubauten und Concurrenzen in Oesterreich und Ungarn.
zu sollen, indem wir wegen weiterer Details und der Versuche mit
anderen Arten von Gewölben auf den in jeder Beziehung ausge
zeichneten und reich illustrirten Bericht selbst verweisen.
Von den 17 Probegewölben für im Hochbau gebräuchliche
Deckenconstructionen kleinerer Spannweite hatten je sieben Gewölbe
Stützweiten von 135 und 2'70 m entsprechend der halben und ganzen
Fensterachsendistanz, beide Gattungen zwischen Eisenträgern gewölbt,
die restlichen drei Objecte hatten 4 05 m Stützweite und starre
Widerlager.
Nebst der Erprobung von gewöhnlichen Ziegelgewölben in der
zweifachen Ausführungsart — nämlich mit Längs- und mit Ring
scharen — erschien auch die Prüfung der verschiedenen Patent-
Flachgewölbe wünschenswerth, weil derartige Gewölbe durch die
Möglichkeit, ebene Decken zu schaffen, für die Praxis von besonderer
Wichtigkeit sind. Ferner wurde beschlossen, die Stampfbeton- und
Monier-Gewölbe mit bombirten Wellblechen in Vergleich zu ziehen,
da derartige Constructionen für besonders stark beanspruchte Decken
häufig Anwendung finden. Endlich wurde im Sommer 1893 ein nach
dem System Melan in Brünn ausgeführtes Betongewölbe mit einge
legten Eisenträgern in diese Versuche mit einbezogen.
Aus ökonomischen Gründen erhielt jedes Gewölbe zwei eigene
Träger, und wurde durch entsprechende Schliessenverbindungen dafür
gesorgt, dass sich die Träger während der Bauausführung nicht ver
drehen konnten. Die Gewölbe hatten durchaus eine Länge von 2 m,
die Träger waren 2'60 in lang und wurden durch drei Rundschliessen
zusammengehalten.
Bei der Wahl der Trägertypen und der Schliessenstärken wurde
eine anzuhoffende Bruchlast von 4000 bis 5000 kg per Quadratmeter
der belasteten Fläche zu Grunde gelegt; unter der Einwirkung dieser
Bruchlast und des Eigengewichts der Construction sollten die Träger
und Schliessen auf 1000 bis 1200 kg per cm 1 beansprucht werden.
Demgemäss entfielen für die Gewölbe mit 135 m Stützweite I-Träger
Nr. 28 ci und Rundschliessen von 30 nun Durchmesser, während die
2'70 in weit gespannten Gewölbe I-Träger Nr. 35 und Rundschliessen
von 35 mm Durchmesser erhielten. Die Rundschliessen hatten an
beiden Enden Gewinde mit Mutter und Gegenmutter.
Die Gewölbe mit 135 in Spannweite konnten, der geringen
Breite wegen, nur voll belastet werden : die beiden anderen Gattungen
mit 2'70 in Stützweite zwischen Eisenträgern und die zwischen starren
Widerlagern 4 05 m weit gespannten Gewölbe wurden jedoch nur
einseitig belastet.
Bei den zwei ersten Versuchsobjecten — Ziegelgewölbe mit
Längs- und mit Ringscharen — wurde die Belastung nach Aufbrin
gung von 7000 kg/iri 3, unterbrochen, weil sich hiebei noch keine
schädlichen Veränderungen an den Gewölben zeigten, während eine
wesentliche Erhöhung der Last in erster Linie doch nur zu einer
Deformation der Träger und Schliessen geführt hätte.
Bei allen weiteren Gewölben derselben Spannweite wurde die
Belastung bis auf circa 8000 kg/m 1 erhöht; unter der Einwirkung der
selben sind auch zwei Flachgewölbe (System Glückselig und Schneider)
eingestürzt, während die beiden anderen Flachgewölbe, sowie das
Betongewölbe diese Last noch mit genügender Sicherheit trugen.
Vergleicht man diese Gewölbe mit 1'35 m Stützweite unter
sich, so lassen sich folgende Schlüsse ziehen :
a) Die beiden in Weisskalkmörtel ausgeführten Ziegelgewölbe
mit - Yio Stich, haben unter einer Last von circa 7000 kg/ni 3 noch so
geringe Deformationen gezeigt, dass die Bruchlast um Vieles höher
liegen muss, weshalb derartige Gewölbe — solide Ausführung und
gutes Material vorausgesetzt — auch bei grösseren Stützweiten für
alle im Gebiete des Hochbaues vorkommenden Belastungen die vollste
Sicherheit bieten, solange nur auf eine gleichmässige Lastvertheilung
gerechnet werden kann.
Von den beiden Ausführungsarten — mit Längs- und mit
Ringscharen — hat die letztere durchaus geringere Durchbiegungen
des Scheitels gezeigt, was darin seine Begründung finden mag, dass
sich bei Ringscharen, in der Richtung des Bogens gerechnet, weit
weniger Mörtelfugen als bei Ziegelgewölben mit Längsscharen ergeben.
b) Das Betongewölbe, 7'5 cm stark, nach dem Mischungsver
hältnisse von 1 Theü Kirchdörfer Portland-Cement auf 5 Theile Sand
ausgeführt, hat beiläufig die gleichen Durchbiegungen des Scheitels
gezeigt wie die Mittelwerthe der beiden Ziegelgewölbe. Es ist also
recht gut geeignet, ein 15 cm starkes Ziegelgewölbe unter allen Ver
hältnissen zu ersetzen.
Abgesehen von der um 7'5 cm geringeren Constructionshöhe
bieten derartige Betongewölbe auch noch den Vortheil des geringeren
Eigengewichtes, so dass sich die Anwendung solcher Gewölbe nament
lich dann rentiren und empfehlen wird, wenn im Bauorte keine guten,
billigen Ziegel erhältlich sind.
c) Die vier Flachgewölbe haben eine unerwartet hohe Trag
fähigkeit gezeigt, und bieten demnach, bei nicht zu grossen Träger
entfernungen und tadelloser Ausführung, für alle Zwecke des Hoch
baues eine vollkommen genügende Sicherheit. Doch darf man be
sonders bei solchen Gewölben in der Anwendung von Schliessen
nicht zu sparsam sein, um jede grössere seitliche Ausbiegung der
Träger hintanzuhalten.
Immerhin zeigen die Flachgewölbe unter sich bemerkenswerthe
Unterschiede, indem zwei derselben (die Systeme Schober und Honet)
sehr kleine Durchbiegungen ergaben, die sogar noch unter jenen der
Ziegelgewölbe verblieben; auch wurden diese durch eine Last von
8000 kg/m* noch wenig deformirt, während die beiden andern Systeme
(Schneider und Glückselig) unter dieser Last einstürzten und schon
vorher viel grössere Durchbiegungen aufwiesen.
Dies findet darin seine Erklärung, dass die Ziegel der beiden
letzteren Systeme complicirte Formen haben, daher eigens gepresst
werden müssen und als Handschlagziegel nicht ausführbar sind. Der
artige Formziegel vertragen keinen grösseren Sandzusatz und erweisen
sich als sehr spröde, wodurch schon bei relativ geringer Belastung
(3000 kg/m 2 ) Ziegelsprünge eintreten. Weiters hat die jedem Systeme
eigenthümliche Stirnform zur Folge, dass sich der Druck nur einer
Stelle überträgt, wodurch locale Ueberschreitungen der Druckfestigkeit
eintreten. Solchen complicirt geformten Ziegeln wird seitens der be
treffenden Firmen oft als Vortheil nachgerühmt, dass sich jede Ziegel
schar sogar ohne Mörtel, selbst tragend erhält; dies bildet aber eher
einen schwerwiegenden Nachtheil dieser Ziegel, weil die Maurer nicht
gezwungen sind, solid zu arbeiten.
Was den ökonomischen Standpunkt anbelangt, so sind Flach-
ziegelgewölbe naturgemäss stets etwas theurer, als Gewölbe aus ge
wöhnlichen Mauerziegeln : auch benöthigen sie zumeist eine höhere
Schuttschichte, besonders wenn durch grosse Stützweiten die Anwen
dung höherer Träger bedingt wird. Ihr grosser Vortheil, ohne weitere
Vorkehrung die Herstellung ebener Decken zu gestatten, wird aber
den Flachgewölben, trotz des höheren Einheitspreises, in vielen Fällen
einen Vorzug gegenüber den mit y i0 Stich auszuführenden Gewölben
sichern.
Das Gewölbe aus gewöhnlichen Mauerziegeln in Weisskalk
mörtel hat eine der erwarteten gerade noch entsprechende Bruchlast
von 4314 kg/m 2 ergeben und zeigte bis zu einer einseitigen Last von
2000 kg/m 2 noch sehr mässige Formänderungen. Solche Gewölbe
genügen also allen bei Hochbauten zumeist gestellten Anforderungen.
Bei diesem Anlasse wurde erwogen, ob nicht auch schwächere
Ziegelgewölbe, etwa 10 cm stark, entsprechen würden. Nachdem aber
derlei Mauerziegel gegenwärtig nicht erzeugt werden, ist ein Gewölbe
aus Hönel sehen Ziegeln mit einem für Flachgewölbe relativ grossen
Stich, das ist von 1 / 20 der Stützweite, ausgeführt worden, welches
aber den gehegten Erwartungen nicht entsprach, indem schon unter
einer einseitigen Last von 2400 kg/m 2 der Einsturz erfolgte, nachdem
sich vorher sehr grosse Scheiteldurchbiegungen ergaben. Es liegt so
mit kein Anlass vor, von der in der Praxis eingebürgerten Art der
Ausführung von Ziegelgewölben — nämlich 15 cm (einen halben
Ziegel) stark' und y i0 Stich — abzugehen.
Das 8*5 cm starke Stampfbetongewölbe, 1 : 4 gemischt, hat
der gestellten Bedingung vollständig entsprochen, indem es erst bei
3000 hg/m 2 grössere Sprünge erhielt und unter einer einseitigen
Last von 5504 kg/m 2 einstürzte. Die Scheitelbewegungen waren durch
wegs viel geringer als beim Ziegelgewölbe und blieben auch kleiner
als bei den bombirten Wellblechen.
Die zwei Moniergewölbe ergaben im Mittel ebenso grosse
Durchbiegungen des Scheitels wie das Gewölbe aus Stampfbeton;
unter sich zeigen diese beiden Versuchsobjecte bezüglich der Durch
biegungen keinen nennenswerthen Unterschied.
Die Bruchlast betrug für den reinen Monierbogen (mit Schutt
und Bretterfussboden) 5940, für das Moniergewölbe mit Betonfuss-
boden jedoch 6444 kg per m 2 t so dass die letztere Bruchlast nur um
8% die erstere überragt. Dem entgegen ist jedoch das Verhältniss
des Betonaufwandes bei diesen beiden Gewölbearten wie 1 : 185, so
dass in ökonomischer Beziehung die zweite Ausführungsart gar keine
Vortheile bietet, indem die Ausbetonirung nicht als Verstärkung des
Bogens, sondern nur als ein dem Mauerschutte fast gleichwerthiges
Mittel zur Lastvertheilung zu betrachten ist.
Mit dem Stampfbetongewölbe verglichen, haben diese beiden
Monierbögen nur eine wenig höhere Tragkraft ergeben, wobei die
Differenz für die Hochbau-Praxis beinahe belanglos zu nennen ist.
Aus diesen Versuchsresultaten kann man also folgern, dass ein massig
stärkeres Stampfbetongewölbe recht gut geeignet ist, ein Monier
gewölbe zu ersetzen.
Von den beiden bombirten Wellblechen (Type 90X50X1 wm )
wurde das eine direct, ohne weitere Vorkehrung, zwischen die
Iräger verlegt, während das andere vorher an seinen Enden mit an-
genieteten Winkeleisen zu dem Zwecke armirt wurde, um
o
locale Deformationen der Blechränder zu verhüten.
Das nicht armirte Wellblech ist bei einer einseitigen Last von
4751 kg, das armirte jedoch bei einer ebensolchen Belastung von
5370 kg per m 2 gebrochen, so dass sich die Bruchlasten wie 1 : 113
verhalten. Führt man die Berechnung als Bogenträger mit Kämpfer
gelenken angenähert durch, so ergibt sich für das erste eine rech-
nungsmässige Beanspruchung von 3250 kg. für das zweite von 3670 kg
per cm 2 ; da aber dieser letztere Werth der Bruchfestigkeit des weichen
Schmiedeeisens vollkommen entspricht, so kann man mit Recht folgern,
dass erst durch die Armirung der Enden mit Winkeleisen verlässliche
Gelenke geschaffen werden: thatsächlich sind bei dem armirten Well
bleche gar keine Deformationen der Enden constatirt worden, während
bei dem nicht armirten Bleche sowohl die oberen als die unteren
Theile der Wellen durchgehends verbogen waren, was natürlich die
Bruchfestigkeit des Bogens ungünstig beeinflusste. Die verticalen
Durchbiegungen des Scheitels waren bei beiden Wellblechbögen be
deutend grösser als bei dem Stampfbetongewölbe und den zwei
Monier-Constructionen.
In ökonomischer Beziehung ist zu bemerken, dass diese letzt
genannten Deckengewölbe wohl theurer sin-d, als ebenso tragfähige
bombirte Wellbleche, doch bedürfen die letzteren noch besonderer
Vorkehrungen zur Ausführung eines Deckenverputzes, welche den
Einheitspreis einigermassen erhöhen.
Das Stampfbetongewölbe ist bei einer einseitigen Last von
3685 kg, das Moniergewölbe bei einer ebensolchen Last von 4360 kg
per m 2 eingestürzt, so dass diese beiden Gewölbearten den an sie
gestellten Anforderungen entsprochen haben und in ihrer Bruchlast