MAK

Volltext: Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873

226 
DIE FRAUENARBEIT. 
Gräfin Zichy-Metternich ausgeführt, zu nennen find. Die erftgenannten Arbei 
ten beftanden in der kunft- und gefchmackvollen Aufbefferung alter, fchwerer 
Seidengewebe, die durch gute Stickerei und Umnähung zu reizenden Möbelftoffen 
adjuftirt waren; der Ofenfchirm war im japanefifchen Style mit Schwung und Vir- 
tuofität ausgeführt, und in der leichten graziöfen Zeichnung geftaltet, die mit 
wenigen kühnen Zügen eine ganze kleine Wundermähr erzählt. Daneben waren 
die prachtvollen Goldftickereien der Kunftftickereifchule des Herrn Uf len heim er 
zu Innsbruck, ein Shawl von Baronin Paula Bülow gezeichnet und geflickt, einige 
Tifchteppiche in tadellofer Ausführung, eine Mappe von Clementine Kohnberger 
eine anmuthige Arbeit, ein blühendes Idyll in fchimmernder Seide, einige Kiffen 
in verfchiedenfter Decoration, Fächer, Kleider, Schirme, Bänder, vieles darunter 
ganz ausgezeichnet gut, manches nicht eben beffer als die Mehrzahl folcher Ar 
beiten, weniges, das nicht dem Plätzchen zum Schmucke gereicht hätte, an dem 
wir es zur Schau geftellt fanden. 
Neben dem fchimmmernden Gepränge der Buntftickereien, der Arbeiten in 
Gold und Seide, glänzte an anderer Stelle ein anderes Gewebe in feinen, weifsen 
Fäden, eine der köftlichften, vornehmften Frauenarbeiten, von der wir bisher in 
jedem Lande einzelne Proben gefehen. Es waren das die Spitzen, die fich hier in 
der oefterreichifchen Ausftellung in befonders grofser Zal vertreten fanden. Auf 
Kiffen, auf Bordüren, auf P'ächern, auf Schirmen, als durchfichtige Kanten, auf 
Kinderkleidern, auf Mützen und Jäckchen, in den mannigfachften Arten der Technik, 
in point-lace, in venezianer Guipure, in point de Rome, als irifche Spitze, als 
dicht gefügte Klöppelfpitze, in den zarten points d’aiguille und als weltberühmte 
brüffeler Spitze erfchien das feine Gewebe, und lag bald in weichen Falten über 
dem feidenen oder fammtenen Untergründe, oder hing wie aus Duft gewebt, in 
hunderten von Blüthchen und Arabesken als zarter, durchsichtiger Schleier hinter 
den Glasfcheiben der Schränke. Die Spitzen gehörten zu dem Vorzüglichsten, 
das die Ausstellung gebracht hatte, und namentlich in den venezianer Guipuren 
fanden fich einzelne Objecte von ganz vortrefflicher Zeichnung und tadellofer 
Ausführung. Zu dem Besten, das hier zu nennen ift, zählte die Arbeit der Schwe 
llern Cargnielli, ferner die von Opuich-Fontana, und die des Wiener P'rauen- 
Erwerb-Vereines, welche letztere die schwungvollfte und anmuthigfte Zeichnung 
aufwies. 
Eine Arbeit welche in gleicher Menge wie die Spitzen vorhanden war, die 
aber durch ihre Erfcheinung nicht daffelbe glänzende Zeugnifs für die in- 
duftrielle Thätigkeit der Frauen abgab, waren die kleinen Frivolitäten, die 
Sternchen aus feiner, weifser Baumwolle gefügt, die hier ebenso wie die glän 
zende, vornehme Spitze auf Kiffen, Decken, Vorhängen als Bordüren erfchienen, 
fich an die Taschentücher als Ränder fügten, auf Krügelchen, Manfchetten, Schir 
men, auf Toilettegardinen, auf Nadelpolftern, auf Häubchen, Bändern, allüberall 
einfanden, wo fich ein folches, wenig charakteriftifches Zierwerk befeftigen läfst. 
Gedankenlos gefchaffen, ohne befonderes Merkmal, ein Spielzeug zwifchen den 
Fingern, vergänglich wie wenig andere Arbeiten, zeichneten fich die unzähligen 
Frivolitätengebilde durch nichts als durch den mehr oder weniger feinen Faden 
vor einander aus, und empfahlen fich durch wenig mehr als durch die tadellofe
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.