IV. DEUTSCHLAND, OESTERREICH UND UNGARN.
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fich der Künftler in einer männlichen Portraitbüfle, fo charaktervoll und mächtig
fchlicht wie ein alter Römerkopf. Endlich fah man von ihm noch die kleine
Bronzefigur eines Trinkers. Es ift ein flehender bacchifcher Jüngling, das Haar
von Epheu durchflochten, Trauben in der Linken, während er mit der Rechten
die Schale zum Munde führt und fchlürft. Der entfchiedenere Realismus, welchen
das Bronzewerk durch die Eigenfchaften des Materials felbfl beanfprucht, ift hier
ebenfo glücklich getroffen, wie die zarte Anmuth bei der Marmorfigur. Der Zug
des Sinnlichen, der Dürft, das Verlangen, das Behagen prägen fleh in der Körper
haltung wie im Ausdruck mit ungemeiner Lebendigkeit aus.
Während in der modernen Sculptur bald conventionelle Leerheit und aka-
demifche Kälte, bald zügellofer Naturalismus und Hinübergreifen in das Maleri-
fche das Feld behaupteten, flehen diefe Arbeiten mitten inne, von jeder moder
nen Krankhaftigkeit unberührt. Von Hildebrand’s Geflalten möchte man fagen,
was ein Zeitgenoffe vor denen von Carflens ausrief: »Jeder ift fo unbekümmert
um lieh, fo ganz eins mit fleh, dafs man fühlt, dies find wahre Menfchen.«