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Volltext: Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873

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ARCHITEKTONISCHE ZEICHNUNGEN UND MODELLE. 
für die andern illuftrirt. — Wohl reichte das von Paris eingefandte Material weit 
zurück und wäre, flreng genommen, nicht ausftellungsfähig gewefen; aber das 
ändert die Thatfache nicht, fondern hat fie nur bekräftigt. Frankreich hat da 
durch wieder gezeigt, dafs es eben in dem Einen Punkte höher fleht, als alle 
andern Staaten: in der Anerkennung der Kunflthätigkeit als Factor nationaler 
Wohlfahrt und Gröfse. 
Auch die franzöfifche Ausflellung war unter der eigenthümlichen Gruppen- 
eintheilung in zwei getrennte Partien zerfallen, von denen die eine, mit den 
prächtigen, von Paris her und aus neuern vorzüglichen Publicationen bekannten 
Aufnahmen und Reflaurationen mittelalterlicher Burgen und Kirchen von Viollet- 
le-Duc, Queftel, Danuelle, Lameire, Laisne u. a. in den Loggien des 
Kunfthofes untergebracht war, wo auch Labroulte’s Nationalbibliothek, Vau 
doy er’s im Bau begriffene Kathedrale von Marfeille und die ungemein grofs- 
artig gedachten Reflaurationen des römifthen Forums von Bau dry fich fan 
den, — während im Seitenhofe des Hauptgebäudes Paris feine flädtifchen Gebäude 
in Originalzeichnungen, Photographien, Stichen und Modellen vorgelegt hatte. 
Höchft intereffant waren die fechs preisgekrönten Entwürfe für das Hotel 
de Ville, unter denen derjenige von Ballu undDeperthes die alte, aus dem 
16. Jahrhundert flammende, trapezförmige cour d’honneur durch einen rechtwinkli 
gen Llof erfetzt und den erflen Preis davon getragen hatten. Ballu’s Name 
tritt uns auch bei den drei bedeutendflen Kirchen entgegen: S. Ambroife und 
S. Jofephc in romanifchem Styl, Ste. Trinite aber in überaus reicher, an diefer Stelle 
viel zu opulenter Renaiffance. Die Front ift eine Ueberfetzung der gothifchen 
Fagade von Notredame. 
Von Davioud, einem der bedeutendflen Repräfentante’n des neufranzöfi- 
fchen Stils, waren feine Theater, Chätelet und Lyrique, fowie das Orpheon ausge- 
ftellt; dann deffen fchöner Brunnen vor dem Theatre frangais in lebenswahrer 
Ausführung, derjenige aus dem Luxemburggarten im Modell und endlich der 
bekanntefle, S. Michel, in Zeichnungen und Photographien. — Detaillirte photo- 
graphifche Abbildungen des unglücklichen Palais de Juftice von Duc und des 
prächtigen zweigefchofsigen Säulenhofes im Tribunal de commerce von Bail ly 
find neben vielem Andern noch zu erwähnen. 
Unter den Belgiern (5 Ausfteller) brachte Carpentier in Beloeil drei beach- 
tenswerthe Kirchenprojecte. Als Backfleinbau ausgeführt, mit fpärlichen Glie 
derungen, machen fie in ihrer fchlichten Einfachheit einen aufserordentlich ruhi 
gen und wohlthuenden Eindruck. Die Brüffeler Börfe von Suys, von der ein 
anfpruchsvolles Modell in der Rotunde ftand, leidet dagegen nicht nur an fchlechten 
Verhältniffen, fchmucküberladenen barocken Einzelheiten, fondern auch an einem 
höchft unfehönen Rhythmus der Maffen. 
England (4 Ausfteller) brachte einige auf grofse malerifche Wirkung be 
rechnete Entwürfe, von denen derjenige für Eaton-Hall von Waterhoufe in 
feiner, an’s Venezianifche anklingender Gothik fehr bemerkenswerth ift, während 
eine ebenfo lebendige Gruppirung bei dem Entwürfe für den Juftizpalaft von 
Street mit dem innern Wefen eines folchen Baues nicht recht harmoniren will. 
In der Schweiz fanden wir die mit Spannung erwarteten Reflaurationen
	        
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