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ARCHITEKTONISCHE ZEICHNUNGEN UND MODELLE.
für die andern illuftrirt. — Wohl reichte das von Paris eingefandte Material weit
zurück und wäre, flreng genommen, nicht ausftellungsfähig gewefen; aber das
ändert die Thatfache nicht, fondern hat fie nur bekräftigt. Frankreich hat da
durch wieder gezeigt, dafs es eben in dem Einen Punkte höher fleht, als alle
andern Staaten: in der Anerkennung der Kunflthätigkeit als Factor nationaler
Wohlfahrt und Gröfse.
Auch die franzöfifche Ausflellung war unter der eigenthümlichen Gruppen-
eintheilung in zwei getrennte Partien zerfallen, von denen die eine, mit den
prächtigen, von Paris her und aus neuern vorzüglichen Publicationen bekannten
Aufnahmen und Reflaurationen mittelalterlicher Burgen und Kirchen von Viollet-
le-Duc, Queftel, Danuelle, Lameire, Laisne u. a. in den Loggien des
Kunfthofes untergebracht war, wo auch Labroulte’s Nationalbibliothek, Vau
doy er’s im Bau begriffene Kathedrale von Marfeille und die ungemein grofs-
artig gedachten Reflaurationen des römifthen Forums von Bau dry fich fan
den, — während im Seitenhofe des Hauptgebäudes Paris feine flädtifchen Gebäude
in Originalzeichnungen, Photographien, Stichen und Modellen vorgelegt hatte.
Höchft intereffant waren die fechs preisgekrönten Entwürfe für das Hotel
de Ville, unter denen derjenige von Ballu undDeperthes die alte, aus dem
16. Jahrhundert flammende, trapezförmige cour d’honneur durch einen rechtwinkli
gen Llof erfetzt und den erflen Preis davon getragen hatten. Ballu’s Name
tritt uns auch bei den drei bedeutendflen Kirchen entgegen: S. Ambroife und
S. Jofephc in romanifchem Styl, Ste. Trinite aber in überaus reicher, an diefer Stelle
viel zu opulenter Renaiffance. Die Front ift eine Ueberfetzung der gothifchen
Fagade von Notredame.
Von Davioud, einem der bedeutendflen Repräfentante’n des neufranzöfi-
fchen Stils, waren feine Theater, Chätelet und Lyrique, fowie das Orpheon ausge-
ftellt; dann deffen fchöner Brunnen vor dem Theatre frangais in lebenswahrer
Ausführung, derjenige aus dem Luxemburggarten im Modell und endlich der
bekanntefle, S. Michel, in Zeichnungen und Photographien. — Detaillirte photo-
graphifche Abbildungen des unglücklichen Palais de Juftice von Duc und des
prächtigen zweigefchofsigen Säulenhofes im Tribunal de commerce von Bail ly
find neben vielem Andern noch zu erwähnen.
Unter den Belgiern (5 Ausfteller) brachte Carpentier in Beloeil drei beach-
tenswerthe Kirchenprojecte. Als Backfleinbau ausgeführt, mit fpärlichen Glie
derungen, machen fie in ihrer fchlichten Einfachheit einen aufserordentlich ruhi
gen und wohlthuenden Eindruck. Die Brüffeler Börfe von Suys, von der ein
anfpruchsvolles Modell in der Rotunde ftand, leidet dagegen nicht nur an fchlechten
Verhältniffen, fchmucküberladenen barocken Einzelheiten, fondern auch an einem
höchft unfehönen Rhythmus der Maffen.
England (4 Ausfteller) brachte einige auf grofse malerifche Wirkung be
rechnete Entwürfe, von denen derjenige für Eaton-Hall von Waterhoufe in
feiner, an’s Venezianifche anklingender Gothik fehr bemerkenswerth ift, während
eine ebenfo lebendige Gruppirung bei dem Entwürfe für den Juftizpalaft von
Street mit dem innern Wefen eines folchen Baues nicht recht harmoniren will.
In der Schweiz fanden wir die mit Spannung erwarteten Reflaurationen