MAK

Volltext: Das Porzellanzimmer aus dem Brünner Palais Dubsky im Österreichischen Museum

37 
Bezüglich der Porzellanplättchen steht das Vor 
handensein eines über den nächsten Bedarf hinaus 
reichenden Vorrates außer Zweifel, was nament 
lich der Porzellanschmuck der erst um 1780 ent 
standenen Wanduhr beweist. 
Der Umstand, daß das Zimmer nicht nur im 
Laufe der Zeit in den Besitz verschiedener 
Familien überging, sondern auch seinen Standort 
wechselte, wobei einschneidende Veränderungen 
unvermeidlich waren, läßt der Vermutung freien 
Spielraum, chronologische und konstruktive Un 
gereimtheiten mit diesen Tatsachen in Verbindung 
zu bringen. Entscheidende Aufklärungen können 
jedoch nur archivalische Funde geben, wie sie 
vielleicht der Zukunft Vorbehalten sind. 
Wenn wir aber sowohl beim Porzellan wie 
bei den geschnitzten und vergoldeten Bestandteilen 
des Zimmers mehr oder minder auffällige stilisti 
sche Verschiedenheiten feststellen konnten, so 
stören sie doch keineswegs den Gesamteindruck, 
sondern wir haben vielmehr ein künstlerisch geschlossenes Ganzes von aus 
gesuchter Pracht vor uns, das unser Entzücken um so mehr hervorzurufen 
geeignet ist, als die Erhaltung aller Einzelheiten eine auffallende Frische, ja 
man könnte fast sagen Unberührtheit, aufweist. Nicht mehr der schwere, 
massige Prunk der Barockzeit, sondern bereits die leichtere, phantasievolle 
Beweglichkeit der Übergangsformen zum Rokoko beherrschen die Gesamt 
heit der Erscheinung. Rahmenwerk an Stelle architektonischer Pilaster 
formen und eine hellere, freudigere Farbengebung, 
bedingt durch das weiße Porzellan, ein Ton von 
Anmut an Stelle der Würde, ein Anflug von Be 
quemlichkeit, namentlich bei den Sitzmöbeln, an 
Stelle der Steifheit rufen fast schon ein Empfinden 
von Behaglichkeit hervor. Es ist die auf deutschen 
Boden übertragene künstlerische Ausdrucksweise, 
die man in Frankreich als Stil der Regence be 
zeichnet. Noch siegt die Symmetrie über das Un 
symmetrische, aber die starke Hinneigung zur 
Chinoiserie, die in den Porzellanen zum Ausdruck 
kommt, verbunden mit dem naturalistischen 
Blumenschmuck, der hier auftritt, beweisen bereits 
jenes Zurückweichen vor dem architektonischen 
Zwange, dem das vollendete Rokoko rückhalts 
losen Ausdruck verleiht und dem erst die fol 
gende Periode mit Nachdruck Einhalt gebietet. 
m 
Abb. 46. Porzellanplättchen mit ver 
goldeter Umrahmung, aus der Holz 
verkleidung des Porzellanzimmers 
I* 
fl 
SS 
Abb. 45. Porzellanplättchen mit ver 
goldeter Umrahmung, aus der Holz 
verkleidung des Porzellanzimmers
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.