der sassanidisdien Residenz Ktesiphon im Jahre 637 erbeuteter, edel
stem-, gold- und silbergeschmückter Teppich gab die planartige Dar
stellung eines Gartens mit Teichen, Kanälen und Beeten. Wie schon
seine Namen „Frühling des Chosrau“ und „Winterteppich“ verraten,
war er bestimmt, bei winterlichen Festlichkeiten die Illusion des Früh
lings und des Gartens ins Haus zu bringen. Daher und gewiß auch
aus der dauernd lebendigen Paradiesesidee überwiegt die blühende
Pflanzenornamentik im Dekor der Perserteppidhe. Neben noch spä
teren, vielleicht kaukasischen, volksmäßigen Teppichen hat sich das
geschilderte Schema nur in einem Stück persischen Hochkunstcharakters
erhalten, das als eine technisch etwas sorglose, vielleicht provinzielle,
im ausgehenden 17. Jahrhundert hergestellte Kopie einer Arbeit des
16. anzusehen ist (Tafel 6).
Jagdteppiche
Die Medaillonkomposition, wenn auch nicht stark betont, findet sich
neben bildlichen Darstellungen auch bei den in Kashan in der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts entstandenen sog. Jagdteppichen.
Der vielleicht berühmteste Teppich der Welt, der sog. Wiener Jagd
teppich, ist völlig in Seide gearbeitet. Auf lachsrotem Teppichgrund
sind Jagdszenen dargestellt: höfisch gekleidete Reiter sind in Verfol
gung oder gefährlichem Abwehrkampf von Raub- und Hufwild begrif
fen. Trotz der Anordnung der Jagdszenen in Querreihen ergibt sich
durch geschickten Richtungswechsel ein lebhaftes Durcheinander (Ta
fel 7). Auch in Jagdschilderungen wie dieser mag man das Nachwirken
von Jenseitsvorstellungen vermuten. Die Tiergruppe des mild-oliv-
grün leuchtenden Mittelmedaillons ist z. T. in Silber- und Goldbro-
schierung ausgeführt. In unerreichter ornamentaler Gestaltung sind
die aus der chinesischen Kunst übernommenen heiligen Tiere Drache
und Phönix nach dem heimischen Vorbild primitiv-mythischer Tier
kämpfe gegeneinander in Streit gebracht. Unzweifelhaft paradiesisch
und in seiner Ruhe und Friedlichkeit im stärksten Kontrast zu den
Darstellungen im Hauptfeld, ist das Thema des Hauptstreifens der
Bordüre. Es zeigt ein festliches Mahl von bekrönten Genien, die auf
Wolkenbänken lagern und deren Flügel von Wolken durchwoben und
umspielt sind. Im spiralen Geranke nisten Glück bedeutende Vögel,
und die Ecken füllen strahlenlose Sonnen (im Gegensatz zum ver
wandten Pariser Stück) (Tafel 8—10).
Freude am Darstellen des Tieres ist dem Perser angeboren und
war auch nicht durch religiöse Bedenken behindert. Enttäuscht die
Wiedergabe des Menschen, selbst in der Buchmalerei, einigermaßen
das Auge des Abendländers, so kann die Schilderung der Tiere, vor
allem ihrer psychischen Verfassung bestimmten Lebenslagen gegen
über, nur Entzücken erwecken. Selbst im Umsetzen in die Schmuck
form ist, sogar durch das hemmende Medium des Textilen hindurch,
von diesem Erlebenswunder genug erhalten geblieben. Die Struktur
des Wiener Jagdteppichs in seiner für einen großen Teppich dichtesten
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