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That hat sich eine ästhetische Scheidung zwischen der
kirchlichen und der weltlichen Kunst vollzogen oder
ist auf dem Wege sich zu vollziehen.
Das ist erst in unseren Tagen so gekommen.
Wenn man den Werken, welche die Kirche und ihre
Diener schmücken sollen, ein besonderes Erforderniss
zusprechen will, so kann es nur das einer edlen, ruhi
gen Einfachheit sein oder das einer würdevollen Pracht.
Jedes unedel Bunte, bäuerisch Geschmacklose, plump
Geformte und gleissend Strahlende sollte von der
Kirche ausgeschlossen sein. Und grade diesen Charakter
hatten seit dem siebzehnten Jahrhundert alle Arbeiten
angenommen, welche für den Schmuck und den Dienst
der Kirche bestimmt waren: die Kelche mit ihrem
verzopften Ornament, die Monstranzen mit ihren
Flammen und Strahlen, die Priestergewänder mit ihren
naturalistischen bunten Blumen auf barock verziertem
Gold- und Silbergrund, die Altäre mit ihrem schweren
Säulenbau, ihren steinernen Wolken und derben Engeln.
Dagegen regte sich nun in der katholischen Geist
lichkeit selber eine Opposition, noch ehe die Reform
bestrebungen in der übrigen Kunstindustrie begannen.
Diese Opposition fühlte das Unwürdige und Profane
des Bestehenden und richtete im Eiaklang mit den
archäologischen Forschungen der letzten Jahrzehnte
ihre Blicke zurück auf das Mittelalter, wo sie aller
dings angemessene Formen, gesunde und rationelle
Gedanken, eine würdige Verzierung und eine edle
und reiche Technik vortand. So weit sie sich hieran
hielt und innerhalb der Grenzen des Künstlerischen