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F. STÄDTEBAU
Die Not des üioBstadl-Problenis ist in den Vereinigten Staaten
gesteigerter als in Deutschland. Zwar sind die städtebaulichen Be
mühungen trotzdem in den Vereinigten Staaten sehr viel jünger als
hier. Aber dies liegt in der verschiedenen Geistesrichtung, die in
beiden Ländern geherrscht hat. Das Wesentliche ist die ver
schiedene Auffassung vom Staat, von der Öffentlichkeit und der
Gemeinschaft. Die „Demokratie“ der Vereinigten Staaten war stets
geneigt, den Staat so sehr wie möglich zu beschränken. Ein Be
amter war stets ein nötiges öbel. Die uneingeschränkteste Freiheit
des Individuums, und ganz besonders seines Eigentums, war Leit
satz. So ist es zu sehr viel stärkeren Migbräuchen des Eigentums,
insbesondere des Grundeigentums, gekommen als in Europa, be
sonders auch als in Deutschland, wo die behördliche Wahrung
öffentlicher Interessen eine alle Gewohnheit ist und wo also z. B.
Baupolizei-Verordnungen Entwicklungen verhindert haben, wie sic
jetzt in Amerika eingetreten sind.
Die Verkehrsnöte New Yorks oder Chicagos haben Dimen
sionen angenommen, von denen sich ein Einwohner Berlins nichts
träumen lägt. Es ist klar, dag das Entstehen von Turmhäusern in
engen, durch Plätze nicht unterbrochenen, Stragen eine schwere
Gefahr ist. Wenn nach Schlug der Arbeitszeit um die gleiche
Stunde mehrere Hochhäuser des gleichen Viertels ihre je 5000 bis
10 000 Menschen und mehr auf die Sfrage senden, so ist kein Ver
kehrsmittel imstande, diese Massen zu bewältigen*!.
Die unerträglichen Zustände, die die Ansammlung von Hoch
häusern und der sich plötzlich entwickelnde Autoverkehr zugleich
hervorgerufen haben, haben dann zur allgemeinen Aufnahme des
Städtebaugedankens in den Vereinigten Staaten geführt. Alle Grog
städte ohne Ausnahme sind jetzt bemüht, das Versäumte nachzu
holen. Das ist aus den angeführten Gründen viel schwerer als in
Europa.
*) In Heft IV 1925 von „Kunst und Künstler" (Aufsatz von Edmund
Schüler über die Hoctihäuser in den Vereinigten Staaten) ist das Hochhaus
problem von dieser und von anderen Seiten näher beleuchtet worden.