Bücher-Bevuei
Blätter für Kunstgewex-be, unter Mitwirkung bewahrter Faclimnnner herausgegeben
und rcdigirt von Prof. Val. Teirich. Wien, Verlagwon R. v. Waldbeirn, 1871.
(B. K. 3251.)
Das soeben erschienene erste Heft der -Blarter für Kunstgewerbe- begrüssen wir
nicht blos als ein zeitgemässes, sondern auch an und für sich nützliches Unternehmen.
Mehrmals wurden schon Anläufe genommen, ein ähnliches Organ zu begründen, niemals
jedoch ist es zu einem Resultate gekommen. Erst in unseren Tagen, unter dem Einfluss:
gereifterer Zustande und unter der Leitung des als Künstler wie als Schriftsteller und Lehrer
gleich geachteten Architekten Prof. V. Teirich, ist es möglich gewesen, eine Zeitschrift
für Kunstgqwerbe zu gründem. _ _
ln eine Reiche, wie"0esterre_icli„ in einer Stadt, wieWien, thareiri selbstständiges
Organ für kupstgewerbliche Zwecke noth. Weder die sStuttgnrter Gewerbebnllea, noch
die wl'Art'pour' tousl genügte. Letztere ist zu ausschliesslich französisch, erstere zu wenig
mit unseren specilischen Interessen bekannt, um unsere Bedürfnisse zu befriedigen.
Prof. Teirich hat sich mit den hervorragendsten Künstlern und Schriftstellern Wiens
inyerbindung gesetzt; Kräfte ersten Ranges des Auslandes haben sich ihm angeschlossen.
Schon in der ersten Lieferung begegnen wir den Namen Storclt", Hansen, Ferstel, Ltibke,
u. s. m.; eine Reihe anderer führt der Prospectus an. 'Die Verlagshandlung hat es weder
an einer glänzenden Ausstattungmpch anl einem jniederjengreise fehlen lassen. Seiner
ausseren Erscheinung nach lehnt sicwhdieseusQrgan an_ die Fachschriften ersten Ranges an.
Und so ist zu lioden, dass auch, das tlieiligte Pulillcuin siclrTinden wird, um dasselbe
aufrechtzuhalten und seine Dauer "sichern; 'Naimentlich empfehlen wir des Werk den
GewevrbevereinemGewerbemannern und industriellen, Zeichnern und Schulen" auf das Beste.
Niemand wird eshunbefriedigt aus'der "Hand legen}
Die wßlattegfür Kunstgevilerbe- sind durch alle Buchhandlungen des ln- und Aus-'
landes (Preis per eft 60 kr". 6. W. : loSgr.) zu beziehen.
Hanke, W., Die Menschen des MichelangeliijimiVergleiche mit der AntikefVorti-ag, ge-
halten i_n_Rostock 1871. Mit 3 Tafeln. R k 1871. (B. K. 3230.)
Es ist überaus erfreulich, wenn Fach I eriauvs anderen Gebieten, von ihren Ge-
sichtspunkten Fragen der Kurgt und Kunstgeschichte in Erwagung ziehen; es werden hie-
durch neue Blickeauf die" Gegenstände gewonnen, wbfche "dem Kunsthistoriker selbst oft
unmöglich Vbleiben müssen. Dler VerlI, Professor der Anatomie, hat in diesem Vortrage
sehr klare, sehr richtige Bemerkungen über manche Erscheinungen in der Kunst des
grossen Flqrentiners an den"Tag gegeben, welche so manches, was man nls eine Selt-
sarnkeit an ihin hinzuriehriieh pflegt, aüsserst rationell aus der Sache erklärt. Sehr anziehend
ist in_ dieser Beziehung, was über das übertriebene Muskulöse und die vielen kleinen
Ecken am Umrisse der nackten Figuren Michelangeltfs gesagt wird. Der Verf. sieht die
Ursache darin, dass der des Secirens kundige Künstler den Körper ohne Haut und die
sonst uinhüllenden, ausgleichenden aussersten Fettlagen zu sehen, zu denken gewohnt war.
Michelangelds Kunst 'ist alsn eineFrucht des ernsten, strengen, des wissenschaftlichen
Studiums, und ihr gegenüber stellt der Verf. die Bildnerkunst der Hellenen, die ihre
Schulung an dem lebenden, in frischer Bewegung begriffenen, jugendlichen Körper nahm.
Dagegen aber wird gezeigt, wie Michelangelds Gestalten, Dank seinen tiefgehenden ana-
tomischen Studien, die Bewegungen desmeiischlichen. l.eibes weit richtiger, wissenschaft-
lich con-ecter wiedergeben, als es die besten Statuen der Alten vermögen, denn ihre Bildner
kannten nicht das Innere des Körpers, dessen aussere Hülle ihr "Meissel so unvergleichlich
nachzubilden verstand. Der geistvolle und dabei höchst anspruchslos und schlicht gehal-
tene Vortrag ist überaus geeignet. die vielberülirte Frage zu beleuchten, in wie weit im
Einzelnen man berechtigt ist, die Kunst des 15.- 16. Jahrh. ein Wiederaufleben der antiken
zu nennen.
Holldoy, Les tapisseries delh." filSSG. Histojre de In fabricston Lilloise du XIV" an
XVIIP siecle. Pariset Lille, 1871. 8. (B. K. 3208.)
Der Verf. beginnt mit der Schilderung der Luxusindustrie unter den burgundischcn
Fürsten und berichtet über. die im 14. Jahrh. bereits blühende Tapisserie-Fabrication in
Äffas. Tournai, Brüssel, Audenarde und Lille. Mit dem 15. Jahrh. kommt er auf die ersten
Haut-lisseurs in Lille zu sprechen, die für das genannte Herrschergeschlecht beschäftigt
wirren; auf die Ueberwachung des Handwerks durch den Magistrat, auf die Beschaffen-
heit der Stoffe, welche aus dieser Industrie helrvorgegangen sind. lm 16. Jahrh. wird
der Einüuss des Hauses Ocsterreich wichtig für die Vlfebereigeiverbe des Landes; es
entstehen prachtvolle Tnpisscrien mit dem kaiserlichen WVnppen und andere, die euro-
Pjllßche Berühmtheit erlangten. Slariii die Stntthalterin, und Carl V. gaben dem Gewerbe
W591": VOFÖOIIFHIHCCS". Fntci- Philipp ll. jedoch beginnt der Verfall bemerkbar zu wcrtlcn.