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Volltext: Allgemeine Bewaffnung und Artilleriewesen (Gruppe XVI, Section 2), officieller Ausstellungs-Bericht

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Guflav Semrad und Johann Sterbenz. 
weil man bis jetzt weder über das zu adoptirende Syftem einig ift, noch die Mittel 
zur fofortigen Befchaffung hat, und zudem das während des Krieges entftandene 
Material doch möglichft ausnützen möchte. 
Spanien und Italien hatten ebenfalls broncene Feldgefchütze 
exhibirt. 
I\un könnten wir zwar von Spanien fchon aus Urfache feiner geographi- 
fchen Lage ganz abfehen; der Vollftändigkeit halber wollen wir jedoch daran 
erinnern, dafs diefes Land zuerft eine ziemliche Anzahl (circa 250 Stück 8-Centi- 
meter-Rohre) Stahlgefchütze von Krupp bezog, dann aber in Folge der wegen 
der inneren Wirren knappen Geldmittel genöthigt war, das ftählerne Rohr° in 
Bronce zu copiren, um nur überhaupt hinlänglich Gefchütze zu haben. 
In neuefter Zeit läfst übrigens Spanien wieder eine refpedtable Bergartillerie 
mit 8-Centimeter-Stahlrohren, welche den vom Major P1 a c e n c i a, Vorftand der 
Giefserei in Sevilla, fehr praktifch modificirten franzöfifchen Schraubenverfchlufs 
befitzen, herftellen. Diefer Verfchlufs eignet fich für die fchwachen Ladungen 
ganz gut und geftattet kürzere Rohre. 
In Italien foll, wie man vernimmt, die Abficht beftehen, wenigftens die 
Refervebatterien, das ift jene gröfseren Kalibers mit Rohren aus Gufsftahl aus- 
zurüften. 
Ein zweitesMoment derFeldgefchütz-Frage, welches durch die Ausftellung 
lebhaft illuftrirt wurde, war die Lademethode der H i nte rl adung. 
Wir befchränken uns hier auf die Conftatirung jenes Territoriums, auf 
welchem das genannte Princip bereits zum herrfchenden geworden ift, fowi’e auf 
die Hervorhebung des Umftandes, dafs die Hinterladung eigentlich erft i n F o 1 g e 
der letzten Kriegserfahrungen in allgemeine Aufnahme kam, weil 
man fich gegen die Ueberzeugung nicht länger verfchliefsen konnte, dafs bei 
Vorderladern jene Präcifion wie bei Hinterladern niemals zu erreichen ift, dafs 
aber bei der jetzigen Kampfweife auf die Schufspräcifion der gröfste Werth gelegt 
werden müffe, dafs daher in Folge der Wichtigkeit diefer Bedingung die Compli- 
cationen, fchwierigere Confervirung u. f. w. in Kauf zu nehmen feien. 
Mit Ausnahme von England, wo man allerdings mit dem Armftrong- 
Verfchluffe nicht gerade die aufmunterndften Erfahrungen gemacht hatte, von 
Schweden, welches bis jetzt noch an feinem vor neun Jahren eingeführten 
LaHitte-Syftem fefthält, von deffen hochgebildeter Artillerie übrigens zu erwarten 
lieht, dafs auf fie die Ausftellung und die Forderungen der Zeit nicht ohne Ein 
druck bleiben werden, mit Ausnahme von Norwegen, deffen Stahlrohre aus 
naheliegenden Gründen eine den fchwedifchen Gefchtitzen conforme innere Ein 
richtung befitzen, endlich mit Ausnahme von Holland haben alle Staaten für 
die Feldgefchütze die Hinterladung angenommen. 
Unter den angewendeten Verfchlufsfyftemen find am meiden verbreitet 
der Krupp’fche Rund- und der B r o ad w el 1’fche Flachkeil, beide mit 
Broadwell’fchem Dichtungsringe. 
Bezeichnend ift es, dafs auch die Franzofen, welche doch zu allermeift in 
der Lage waren, jene Gründe zu würdigen, welche gegen die Anwendung der 
Hinterladung bei Feldgefchützen fprechen könnten, bei ihrem neuen Materiale 
diefelbe ebenfalls eingeführt haben. 
Die Mi tr ailleufen werden in den nächften Kriegen abermals eine Rolle 
fpielen, ob eine ausfchlagebendere als im Feldzuge 1870/71, wagen wir nicht zu 
behaupten. Evident ift es, dafs deren Erfolg von dem gröfseren oder geringeren 
Gefchick bei ihrer Verwendung abhängen wird, was die Vertrautheit der Führer 
mit diefer Waffe und eine gefchulte Bedienung vorausfetzt. Bisher haben in diefer 
Richtung, fo viel uns bekannt, nur Rufsland und Frankreich vorgeforgt. 
Das Beftreben, derartige Gefchütze fo weit zu erleichtern, um fie ohne 
Befpannung in die vorderfte Feuerlinie bringen zu können, wo fie bei gehöriger 
Deckung gewifs Ausgiebiges leiften könnten, ift durch das fchwedifche Modell
	        
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